Hohe Strafen im dritten Mordprozess gegen Red-Legion-Mitglieder Foto: dpa

Mit interaktiver Chronik - Das Landgericht hat drei weitere Mitglieder der Straßenbande Red Legion verurteilt. Ein 23-Jähriger wurde wegen Mordes mit einer Jugendstrafe von achteinhalb Jahren belegt.

Stuttgart/Esslingen - Großes Polizeiaufgebot, strenge Sicherheitsmaßnahmen, akribische Personenkontrollen – wenn es am Landgericht gegen Mitglieder von Straßenbanden geht, herrscht Ausnahmezustand. Doch anders als beim ersten Urteil Anfang Oktober vorigen Jahres bleibt alles ruhig, obwohl eine Vielzahl von Red-Legion-Sympathisanten aufgetaucht ist. Keine Tumulte, keine Brüllerei, keine leidgeprüften Angehörigen der Angeklagten oder des Opfers, die Schwächeanfälle erleiden.

Die 3. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Joachim Holzhausen hat einen 23 Jahre alten Mann wegen Mordes zu acht Jahren und sechs Monaten Jugendgefängnis verurteilt. Seine Mitangeklagten, beide 22 Jahre alt, wurden wegen Körperverletzung mit Todesfolge und achtfacher gefährlicher Körperverletzung zu viereinhalb Jahren beziehungsweise zu vier Jahren und neun Monaten Jugendstrafe verurteilt.

Damit ist die strafrechtliche Aufarbeitung des tödlichen Überfalls von Red-Legion-Leuten auf Black-Jackets-Mannen in der Nacht auf den 22. Dezember 2012 so gut wie abgeschlossen. Ein Nachzügler, dessen Verfahren abgetrennt wurde, muss noch mit einem Urteil versorgt werden. Zudem wird sich der Bundesgerichtshof mit mindestens einer Revision zu befassen haben. Denn im ersten Prozess in selber Sache war ein 26-Jähriger als Einziger zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Am späten Abend des 21. Dezember 2012 hatten sich rund zehn Black-Jackets-Männer in Esslingen getroffen. Sie wollten ausgehen, nicht provozieren. So sieht es das Gericht. Die Schwarzjacken sind bei den Legionisten verhasst. Esslingen soll allein der Red Legion gehören. So das Selbstverständnis der verbotenen, multiethnischen Bande. Vor einer Shisha-Bar, in der die Schwarzjacken keinen Platz gefunden hatten, waren sie von einem Legions-Sympathisanten erkannt worden. Per Telefonkette wurde ein Rollkommando zusammengestellt. Als die Black Jackets in einer anderen Bar saßen, erreichte sie eine SMS: „Haut ab!“ Ein Mann hatte sie vor den Legionisten warnen wollen – zu spät. Eine andere SMS ging an den 26-Jährigen, der im ersten Prozess zu lebenslang verurteilt worden ist: „Raff dich, die haben doch nichts gemacht.“ Vergeblich.

Kurz vor Mitternacht versammelten sich mindestens 26 Legionisten vor der Bar nahe des Obertors. Man wollte das Überraschungsmoment auf seiner Seite haben.

Zudem war den Angreifern klar, dass sie eine Übermacht benötigen würden, denn: „Bei den Black Jackets handelt es sich um körperlich trainierte Schläger“, so Richter Holzhausen. Brutal und schnell sollte der Überfall vonstatten gehen. „Eine Absprache, jemanden umzubringen, hat aber nicht stattgefunden“, so der Richter weiter. Das habe der knappe Zeitrahmen gar nicht hergegeben.

Eine Delegation der Legionisten wurde in die Bar geschickt. Ein Legionist raunte dabei zwei jungen Frauen in der Shisha-Bar zu: „Sitzen bleiben, Fresse halten – egal was passiert.“ Die Black Jackets folgten ihren Widersachern vor die Bar. Der heute 23-Jährige, der am Mittwoch verurteilt wurde, setze gleich zwei Stiche gegen den Stuttgart-Präsidenten der Schwarzjacken, die ihn aber nur leicht verletzten. Eine wilde Prügelei begann, bei der auf beiden Seiten Messer eingesetzt wurden. Kaum zwei Minuten später lag ein 22 Jahre alter Mann aus den Reihen der Black Jackets mit zwei Stichverletzungen in seinem Blut. Die Legionisten bliesen zum Rückzug, der junge Mann starb.

Wer ihn letztlich getötet hat, war nicht aufzuklären. Erst hieß es, ein 22-Jähriger müsse der Messerstecher sein. Er hatte mit dem Opfer gekämpft, seine DNA wurde am Opfer sichergestellt. Ein Black Jacket entlastete ihn. Er habe bei dem Angreifer kein Messer gesehen. „Und ein Messer mit einer 15 Zentimeter langen Klinge hätte er sehen müssen“, so Richter Holzhausen.

Trotzdem wurden zwei der insgesamt 18 Angeklagten wegen Mordes verurteilt. Weil diese beiden Red-Legion-Männer gewusst hätten, dass Messer im Spiel seien. Das Gericht hat auf Mord aus niedrigen Beweggründen entschieden. Den Black Jackets sei das Recht abgesprochen worden, sich in Esslingen aufzuhalten.