Das Tauziehen um einen Weiterbau des Gewa-Towers findet offenbar bald ein Ende. Foto: Patricia Sigerist

Der favorisierte Bieter für den Gewa-Tower erhält bis 30. November exklusive Prüfungsrechte vor Vertragsschluss in Fellbach.

Fellbach - Das Tauziehen um einen Weiterbau des Gewa-Towers findet offenbar bald ein Ende. Die Suche nach einem Investor zur Übernahme des seit mehr als einem Jahr unterbrochenen Projekts eines 107 Meter hohen Wohnhochhauses mit angrenzendem Hotel in Fellbach scheint entschieden. Der gemeinsame Vertreter der Anleihegläubiger, der Rechtsanwalt Gustav Meyer zu Schwabedissen von der Kanzlei MZS Rechtsanwälte in Düsseldorf, hat den Geldanlegern mitgeteilt, welches der beiden schriftlichen Angebote zur Übernahme des teilweise erst im Rohbau fertiggestellten Gebäudes er bevorzugt. Das Angebot beläuft sich auf einen Schnäppchen-Kaufpreis von 13,5 Millionen Euro. Der „Bieter Nr. 1“ – Namen werden immer noch nicht genannt – erhält vor dem Vertragsschluss bis zum 30. November exklusive Prüfungsrechte.

Die Geldanleger müssen einen erheblichen Verlust einstecken

Die Geldanleger, die den Bau des Towers mit einer Projektanleihe über 35 Millionen Euro hauptsächlich finanziert haben und sich auf jährliche Zinsen in Höhe von 6,5 Prozent gefreut haben, müssen nun einen herben Verlust einstecken. Einschließlich von 500 000 Euro aus einem Vergleich des neuen Investors mit dem bisherigen Generalunternehmer, der Firma Baresel, ergibt sich eine Summe von 14 Millionen Euro, mit denen die Anleihegläubiger befriedigt werden sollen. Dieser Vergleich kommt allerdings nur zustande, wenn dieser Bieter, nicht sein Konkurrent, zum Zuge kommt. Die Firma Baresel hat sich nur deswegen auf den Vergleich eingelassen, weil sie mit diesem Bieter bei der weiteren Fertigstellung des Turms zusammenarbeiten will. Dass der Tower bisher ohne gravierende Mängel erstellt worden ist und keine Schäden im vergangenen Winter erlitten hat, hat ein Bauzustandsgutachten im Auftrag des vorläufigen Insolvenzverwalters Ilkin Bananyarli ergeben.

Sofern ein Vertrag gemäß dieses Investoren-Angebots geschlossen wird, erhalten die Anleihegläubiger eine Quote von 40 Prozent ihres Anlagebetrags zurück. Davon sind die Kosten des Verfahrens, also hauptsächlich die Entlohnung und Ausgaben des Insolvenzverwalters in Höhe von unter einer halben Million Euro abzuziehen.

Weitere Risiken sind mit dieser Lösung beseitigt

Mit dieser Lösung einschließlich des Vergleichs sind aber weitere Risiken beseitigt. Die Baufirma Baresel hatte sich eine Sicherungshypothek über 3,6 Millionen Euro im Grundbuch zu Lasten des Tower-Grundstücks eintragen lassen, um ihre nicht mehr bezahlte Rechnung an die insolvente Finanzierungsgesellschaft Gewa 5 to 1 GmbH und Co.KG der Investoren Michael und Mark Warbanoff abzusichern. Der favorisierte Bieter würde laut diesem Vergleichsangebot die Sicherungshypothek übernehmen. Für die 500 000 Euro würde der Insolvenzverwalter auf alle Anfechtungsansprüche gegen Baresel verzichten. Langwierige Rechtsstreitigkeiten würden somit vermieden.

Da dieses Vergleichsangebot mit der Firma Baresel beim zweiten Investorenangebot nicht greift, sieht Gustav Meyer zu Schwabedissen dieses trotz eines höheren Kaufpreises in Höhe von inzwischen 16 Millionen Euro wegen seiner Unsicherheiten als nachteilig an. „Von den 16 Millionen Euro ist also ein unbekannter Betrag, schlimmstenfalls aber 3,6 Millionen Euro, abzuziehen. Damit fließen den Anleihegläubigern 12,4 Millionen Euro sicher zu, sodass sich eine Quote von 35 Prozent plus x ergibt“, schreibt der gemeinsame Vertreter der Anleihegläubiger. „x“ ist dabei der Betrag, den die Anleihegläubiger noch erhalten können, wenn Baresels Rechnungen und Zahlungen der Gewa an die Firma erfolgreich angefochten werden können. Das können laut einem Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters „theoretisch“, wie Meyer zu Schwabendissen schreibt, bis zu 9,5 Millionen Euro sein. „Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, bitte ich um Verständnis, dass ich zu der Wahrscheinlichkeit, mit der die Summe x realisiert werden kann, nicht öffentlich Stellung nehme“, schreibt der Rechtsanwalt.

Der vorläufige Insolvenzverwalter benötigt die Zustimmung

Offenkundig erscheint dem gemeinsamen Vertreter der Anleihegläubiger aber die sicher kalkulierbare Variante vorteilhafter: „Nach Prüfung der Rechtslage und Beratung mit dem vorläufigen Insolvenzberater bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es für die Anleihegläubiger zu einem besseren Ergebnis führt, wenn das Angebot des Bieters Nr. 1 weiterverfolgt wird.“ Sollte der vorläufige Insolvenzverwalter einen Vertrag zu den angebotenen Bedingungen abschließen, „werde ich auch zu der Veräußerung meine Zustimmung erteilen“, kündigt der Vertreter der Anleihegläubiger an. Diese Zustimmung benötigt der vorläufige Insolvenzverwalter, damit der Vertragsschluss wirksam wird. Von einer erneuten Versammlung, bei der alle Anleihegläubiger gehört würden, ist nicht die Rede.

Gustav Meyer zu Schwabendissen betont, dass er keine günstigere Verwertungsmöglichkeit sieht und auch nicht weiter sucht: „Im Sinne einer Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der Anleihegläubiger war ein längeres Zuwarten und Verlängern der Angebotsfristen nicht mehr vertretbar.“ Dann hätte das Bauwerk gegen den nächsten Winter geschützt, hätten also alle noch fehlenden Fenster eingebaut werden müssen. Dafür ist kein Geld vorhanden. Auch eine Kreditfinanzierung steht noch nicht. „Die so genannte Winterhartmachung führt zu Kosten, die letztlich vom Anleihegläubiger zu begleichen wären“, schreibt der Rechtsanwalt.