Hepatitis-B-Viren auf Leberzellen. Foto: Mauritius

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist alarmiert: Rund 325 Millionen Menschen sind weltweit mit chronischer Hepatitis B oder Hepatitis C infiziert. Erfreulicherweise ist mittlerweile bei Hepatitis C eine Heilung möglich.

Stuttgart - Die Hepatitis-Viren B (HBV) und C (HCV) gehören zu einer nicht sonderlich sympatischen Familie, deren Vertreter sich in Aufbau, Vorkommen, Verhalten und Übertragungswegen unterscheiden. Die Hepatitis-Viren B, C und D sind potentielle Leberkiller. Unser Immunsystem kann die Viren nur bekämpfen, indem es infizierte Leberzellen zerstört. Die Folge ist eine Leberentzündung, im Fachjargon als Hepatitis bezeichnet. Schätzungsweise 700 000 bis 800 000 Menschen leiden in Deutschland an einer Infektion mit Hepatitis B oder C. Experten vermuten aber eine hohe Dunkelziffer. Viele Betroffene sind völlig ahnungslos. Europa ist nach der WHO-Region Östliches Mittelmeer (von Afghanistan bis Jemen) die am zweitstärksten betroffene Region.

Das Hepatitis C-Virus galt lange als bedrohlichster Vertreter. Es wird vor allem durch Blut und Blutprodukte übertragen. Bei fünf Prozent der neu infizierten Menschen treten zwei bis 26 Wochen nach der Ansteckung Symptome wie Gelbsucht, Übelkeit, Bauch- und Gliederschmerzen auf. Bei den restlichen 95 Prozent der Betroffenen schleicht sich die Infektion völlig unbemerkt ins Leben ein. Die Leberwerte sind häufig nur gering erhöht, zeitweise können sie sogar normal sein. Eine gezielte Blutuntersuchung kann aber Klarheit bringen. Bei etwa 50 bis 80 Prozent der mit HCV-infizierten Menschen dauert die Infektion länger als sechs Monate und gilt damit als chronisch. Bleibt sie unbehandelt, kann Bindegewebe das Lebergewebe ersetzen, es entwickelt sich eine Leberfibrose bis hin zu einer Leberzirrhose und möglicherweise auch Leberkrebs.

Lange Zeit war die Therapie der Hepatitis C mit heftigen Nebenwirkungen bei mäßigen Erfolgschancen und langer Therapiedauer verbunden. Das Blatt hat sich dank neuer Medikamente nun gewendet. „Seit ein paar Jahren ist die Infektion weitestgehend nebenwirkungsfrei heilbar. Bei Patienten ohne Leberzirrhose ist das bei fast 100 Prozent der Patienten möglich, bei vorhandener Leberzirrhose immer noch bei etwa 90 Prozent“, sagt Christoph Berg, Leiter der Hepatologie am Universitätsklinikum Tübingen. Geheilt bedeutet, dass das Hepatitis-C-Virus komplett aus dem Körper eliminiert ist.

Sensationelle Therapiefortschritte

Die acht- bis zwölfwöchige Therapie erfolgt mit einer Kombination aus zwei bis drei Wirkstoffen, die in den Leberzellen die für die Virusvermehrung notwendigen Enzyme blockieren. Berg ist begeistert: „Die Therapiefortschritte sind sensationell.“ Ein Impfstoff gegen HCV ist indes noch nicht in Sicht. „Hepatitis C ist sehr vielgestaltig. Derzeit ist noch keine allen Viren gemeinsame Struktur bekannt, gegen die sich ein Impfstoff richten könnte“, so Berg.

Einige Aspekte dürfen Betroffene bei aller Euphorie aber nicht vergessen: Patienten mit Leberzirrhose müssen nach erfolgreicher Therapie trotzdem regelmäßig ihre Leber untersuchen lassen, da sich aus der Zirrhose auch nach Heilung der Hepatitis C noch ein Leberkrebs entwickeln kann. Zudem kann man sich theoretisch immer wieder mit dem Hepatitis C Virus anstecken – auch nach spontaner oder erfolgreicher medikamentöser Heilung.

Hepatitis B ist nun also das schwarze Schaf der Virusfamilie. Es ist sehr ansteckend, auch sexuell übertragbar und die häufigste chronische Viruserkrankung weltweit. Heilbar wird die Infektion möglicherweise nie sein, weil das genetische Material des Virus in jenes der Zelle eingebaut wird. Im Gegensatz zu HCV gibt es aber seit Jahren einen sehr gut wirksamen Impfstoff. Trotzdem gibt es noch viele ungeimpfte Menschen. Infizieren sie sich, vergehen etwa ein bis sechs Monate zwischen Infektion und Ausbruch. Die dann auftretenden Symptome ähneln jenen einer Grippe. Bei einem Drittel der Infizierten kommt es zu einer Gelbsucht.

Übertragung durch Körperflüssigkeiten

HBV wird ausschließlich von Mensch zu Mensch übertragen, in der Hauptsache durch Blut oder mit Blutspuren verunreinigte Körperflüssigkeiten wie Speichel und Vaginalsekret. Die Infektion heilt bei Erwachsenen in rund 90 Prozent der Fälle innerhalb von ungefähr zwölf Wochen von alleine aus. „Ausheilung“ bedeutet dabei, dass das Immunsystem die Infektion unter Kontrolle hat und man nicht ansteckend ist. Das genetische Material des Virus ist allerdings auch bei einer „ausgeheilten“ Hepatitis B-Infektion weiterhin in den Leberzellen vorhanden. Ist das Immunsystem zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund einer anderen Erkrankung stark geschwächt, kann HBV aber wieder aufleben.

In manchen Ländern erfolgt die Infektion oft bereits bei der Geburt durch Übertragung der mit Hepatitis B infizierten Mutter auf das Kind. In diesen Fällen verläuft die Hepatitis B fast immer chronisch. Besonders betroffen sind Kinderin armen Ländern mit schlechtem Gesundheitssystem und ohne Geld für Impfungen, geschweige denn für die nötigen Medikamente. Ihr Schicksal ist vorgezeichnet. Hepatitis B kann derzeit mit dem Gewebshormon Interferon alpha und verschiedenen Virushemmstoffen behandelt werden. Die Medikamente müssen aber oft dauerhaft eingenommen werden.

Hepatitis B als Türöffner

Das Hepatitis D-Virus (HDV) braucht eine Hepatitis B-Infektion als Türöffner. Eine kombinierte Hepatitis-B/Hepatitis-D-Infektion verläuft zumeist schwerer als eine reine Hepatitis-B-Infektion. Zwischen der Ansteckung und dem Auftreten von Symptomen vergehen ein bis sechs Monate. Die Symptome sind die gleichen wie bei einer alleinigen Hepatitis B oder Hepatitis C. Die Therapiemöglichkeiten sind bei Hepatitis D ziemlich eingeschränkt. Nur Interferon alpha ist wirksam und das auch nur bei etwa 25 Prozent der Betroffenen.

Unterm Strich gibt es viele gute Gründe, die für eine vorbeugende Impfung gegen Hepatitis B sprechen. „Da das höchste Risiko für die Menschen darin besteht, nichts von ihrer Lebererkrankung oder Infektion mit chronischer Hepatitis B oder C zu wissen, sind gelegentliche Kontrollen der Leberwerte eine sehr gute und kostengünstige Methode, um das Vorliegen einer chronischen Lebererkrankung zu erkennen und dann gegebenenfalls auch behandeln zu können“, rät der Tübinger Mediziner.

Zwei weniger gefährliche Formen der Hepatitis

Hepatitis A
Der Erreger kommt vor allem in der Türkei, Tunesien, Marokko, Süditalien sowie Ägypten, Süd- und Mittelamerika sowie Asien vor. Hepatitis-A-Viren werden mit dem Stuhl ausgeschieden und über engen Kontakt von Mensch zu Mensch, mangelnde Hygiene oder verunreinigtes Trinkwasser und Nahrung weitergegeben. Riskant sind etwa rohe Muscheln und Schalentiere. Etwa 15 bis 50 Tage nach der Infektion treten Beschwerden wie Magen-Darm-Probleme, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Ekel vor fetten Speisen, Übelkeit, Durchfall und Fieber sowie Druckschmerz in der Lebergegend auf. In 50 Prozent der Fälle kommt es zur Gelbsucht. Ein Klinikaufenthalt ist nur bei einem starken Anstieg der leberspezifischen Blutwerte nötig. Eine vorbeugende Impfung ist möglich. In der Regel heilt eine Hepatitis A ohne Dauerschäden aus. Das Risiko eines Leberversagens steigt aber mit zunehmendem Alter sowie bei einer Vorschädigung der Leber.

Hepatitis E Zwei Formen – Genotyp I und II genannt – kommen vor allem in Südostasien, China, Afrika sowie Mittelamerika vor. Eine weitere Form (Genotyp III) tritt auch in Deutschland auf. Die Übertragung erfolgt durch mit dem Virus verunreinigtes Trinkwasser oder verunreinigte Nahrungsmittel. In Deutschland ist etwa der Verzehr von Wildschwein, aber auch von Hausschwein problematisch, wenn das Fleisch nicht gut durch ist. Häufige Symptome sind Übelkeit und Erbrechen, Fieber, Gelbfärbung der Haut und der weißen Bindehaut der Augen, entfärbter Stuhl sowie dunkler Urin. Spezielle Medikamente gibt es nicht. Die Infektion heilt meist folgenlos aus. Nur selten kommt es zu Leberversagen oder auch einem chronischen Verlauf der Hepatitis E.