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Funkverkehr zwischen dem Kapitän der „Costa Concordia“ und der Hafenaufsicht.

Berlin - Die italienische Presse hat den Funkverkehr zwischen dem Kapitän der „Costa Concordia“, Francesco Schettino, und der Hafenaufsicht veröffentlicht. Das Gespräch wurde demnach kurz nach dem Zusammenstoß des Schiffes mit den Felsen nahe der italienischen Insel Giglio aufgezeichnet.

Freitag, 21:49 Ortszeit

Hafenaufsicht (HA): „Concordia, ist alles ok?“
Francesco Schettino (FS): „Positiv. Wir haben nur eine kleine technische Störung.“ (Anmerkung der Zeitung „La Repubblica“: Wenig später, nachdem ein Passagier mit der Polizei gesprochen hat, kontaktiert die Hafenaufsicht wieder das Schiff.)

FS: „Wir haben bloß ein technisches Problem. Sobald wir es gelöst haben, werden wir Sie kontaktieren.“

HS: „Wie viele Menschen sind an Bord?“
FS: „Zwei-, dreihundert.“ (Anmerkung der Zeitung: Es ist wahrscheinlich, dass das Schiff zu diesem Zeitpunkt, 40 Minuten nach dem Evakuierungsbefehl, noch voll besetzt war). „Ich gehe zurück zur Brücke, um nachzuschauen.“

Samstag, 00:42 Ortszeit

HA: „Wie viele Menschen müssen (das Schiff) verlassen?“
FS: „Ich habe den Eigentümer des Schiffes kontaktiert. Er sagt, dass etwa 40 Menschen vermisst werden.“

HA: „Wie kann es sein, dass es nur so wenige Menschen sind? Sind Sie an Bord?“
FS: „Nein, ich bin nicht an Bord, weil das Schiff untergeht, wir haben es verlassen.“

HA: „Was meinen Sie, Sie haben das Schiff verlassen?“
FS: „Nein, nicht verlassen - ich bin hier und koordiniere die Rettungsaktion.“

HA: „Was koordinieren Sie da? Weigern Sie sich? Gehen Sie zurück an Bord und koordinieren Sie die Rettungsaktion von dort.“
FS: „Nein, nein, ich weigere mich nicht.“

Samstag, 01:46 Ortszeit (Anmerkung der Zeitung: Beim dritten Telefonat ist die Stimmung gereizt.)

HA: „Spreche ich mit dem Kapitän?“
FS: „Ja, ich bin der Kapitän. Ja, hier ist Schettino.“

HA: „Also, Sie kehren jetzt zurück an Bord, gehen die Stufen hoch. Gehen Sie zurück zum Bug und koordinieren sie die Aktion. Lassen Sie mich wissen, wie viele Menschen an Bord sind.“
FS: (schweigt)

HA: „Kapitän, das Schiff neigt sich zur Seite. Sie müssen zurückkehren und mir sagen, wie viele Menschen an Bord sind - wie viele Passagiere, Frauen und Kinder - und dann von dort die Rettungsaktion koordinieren.“

HA: „Kapitän, bitte.“

HA: „Höflichkeit beiseite, gehen Sie jetzt an Bord. Versichern Sie mir, dass Sie an Bord gehen. Kapitän, das ist ein Befehl, ich befehle das jetzt. Sie haben die Evakuierung des Schiffes angeordnet, begeben Sie sich jetzt zum Bug und koordinieren Sie die Aktion von dort. Es gibt schon Tote.“
FS: „Wie viele?“
HA: „Das sollten Sie mir sagen!“

FS: „Kommandeur, aber verstehen Sie, dass es hier dunkel ist und man nichts erkennen kann?“
HA: „Was wollen Sie tun, nach Hause gehen? Kehren Sie zurück an Bord und sagen Sie mir, was getan werden kann, um wie viele Menschen es geht und was sie brauchen. Jetzt!“
FS: „Ok, ich gehe.“

Nachfolgend das Protokoll des Gesprächs in einer Übersetzung der Nachrichtenagentur AP: Kapitän Gregorio De Falco von der italienischen Küstenwache in Livorno fordert „Costa Concordia“-Kapitän Francesco Schettino wiederholt auf, wieder an Bord zu gehen. Schettino macht Ausflüchte. Das Gespräch war zuerst auf der Website der „Corriere della Sera“ zu hören, und die italienische Küstenwache hat am Dienstag der Nachrichtenagentur AP dessen Echtheit bestätigt.

De Falco: „Hier ist De Falco aus Livorno. Spreche ich mit dem Kommandanten?“
Schettino: „Ja. Guten Abend, Kommandant De Falco.“

De Falco: „Bitte sagen Sie mir Ihren Namen.“
Schettino: „Ich bin Kommandant Schettino, Kommandant.“

De Falco: „Schettino? Hören Sie, Schettino. Es sitzen Menschen an Bord fest. Begeben Sie sich nun mit Ihrem Boot unter den Bug auf der Steuerbordseite. Dort ist eine Strickleiter. Steigen Sie auf die Leiter und gehen an Bord. Gehen Sie an Bord und sagen Sie mir dann, wie viele Leute da sind. Ist das klar? Ich zeichne dieses Gespräch auf, Kommandant Schettino.“
Schettino: „Kommandant, lassen Sie mich Ihnen etwas sagen ...“

De Falco: „Sprechen Sie lauter! Halten Sie die Hand vor das Mikro und sprechen Sie lauter, ist das klar?“
Schettino: „Das Schiff hat sich gerade zur Seite gesenkt ...“

De Falco: „Verstanden, hören Sie: Leute sind gerade dabei, die Lotsenleiter am Bug hinabzusteigen. Steigen Sie auf die Strickleiter, gehen Sie auf das Schiff und sagen Sie mir, wie viele Menschen noch an Bord sind. Und was sie brauchen. Ist das klar? Sie müssen mir sagen, ob da Kinder, Frauen oder hilfsbedürftige Menschen sind. Und nennen Sie mir die genaue Anzahl aus jeder dieser Gruppen. Ist das klar? Hören Sie, Schettino, dass Sie sich vom Meer in Sicherheit gebracht haben, ich werde .... Aber ich werde Ihnen Scherereien machen, darauf können Sie sich verlassen. Dafür werden Sie zahlen. Gehen Sie an Bord, (Schimpfwort)!“
Schettino: „Kommandant, bitte...“

De Falco: „Nein, wirklich nicht. Sie stehen jetzt auf und gehen an Bord. Ich habe gehört, dass an Bord noch immer...“
Schettino: „Ich bin hier mit den Rettungsbooten, ich bin hier, ich gehe nirgendwohin, ich bin hier...“

De Falco: „Was machen Sie, Kommandant?“
Schettino: „Ich bin hier, um die Rettung zu koordinieren.“

De Falco: „Was koordinieren Sie da? Gehen Sie an Bord! Koordinieren Sie die Rettung vom Schiff aus. Weigern Sie sich?“
Schettino: „Nein, ich weigere mich nicht.“

De Falco: „Sie weigern sich, an Bord zu gehen? Können Sie mir sagen, warum Sie nicht gehen?“
Schettino: „Ich gehe nicht, weil das andere Rettungsboot stoppt.“

De Falco: „Gehen Sie an Bord, das ist ein Befehl. Keine weiteren Ausreden mehr. Sie haben den Alarm "Schiff verlassen" ausgelöst. Jetzt habe ich hier das Kommando. Sie gehen an Bord! Ist das klar? Haben Sie mich verstanden? Gehen Sie und rufen Sie mich vom Schiff aus an. Meine Hilfe aus der Luft ist da.“
Schettino: „Wo sind Ihre Rettungskräfte?“

De Falco: „Meine Rettung aus der Luft ist am Bug. Gehen Sie. Es gibt schon Leichen, Schettino.“
Schettino: „Wie viele?“

De Falco: „Das weiß ich nicht. Ich habe von einer gehört. Sie sind derjenige, der mir sagen muss, wie viele da sind. Herr im Himmel.“
Schettino: „Aber ist Ihnen klar, dass es dunkel ist und wir hier nichts sehen können?“

De Falco: „Na und? Wollen Sie nach Hause gehen, Schettino? Es ist dunkel und Sie wollen nach Hause gehen? Gehen Sie zum Schiffsbug und nehmen Sie die Lotsenleiter und sagen Sie, was man machen kann, wie viele Menschen da sind und was sie brauchen. Sofort!“
Schettino: „...Ich bin hier mit meinem Stellvertreter.“

De Falco: „Dann gehen Sie eben beide hinauf...Sie und Ihr Stellvertreter gehen sofort an Bord. Ist das klar?“
Schettino. „ Kommandant, ich will an Bord gehen, aber es ist einfach so, dass das andere Boot hier...es gibt andere Rettungskräfte. Es hat angehalten und wartet...“

De Falco: „Seit einer Stunde erzählen Sie mir dieselbe Geschichte. Gehen Sie an Bord. Gehen Sie an Bord! Und sagen Sie mir sofort, wie viele Menschen dort sind.“

Schettino: „Okay, Kommander.“

De Falco: „Gehen Sie, sofort!“