Der Reiz der Spielautomaten kann die Benutzer abhängig machen. Ein schärferes Gesetz will die Glücksspielsucht eindämmen. Foto: dpa

Von Juli an gilt ein verschärftes Landesglücksspielgesetz. Fast alle Spielhallen in der Innenstadt von Ludwigsburg verstoßen gegen die neuen Regeln. Die Verwaltung prüft jetzt Härtefallanträge.

Ludwigsburg - Einige der 17 Spielhallen in der Ludwigsburger Innenstadt könnten schließen müssen. Denn sie verstoßen vom 1. Juli an gegen das Landesglücksspielgesetz. Zu diesem Stichtag greift eine Änderung des Gesetzes, neue Konzessionen werden dann fällig. Zwischen zwei Hallen sowie zu Kindergärten und Schulen müsse es künftig einen Abstand von mindestens 500 Metern geben, erklärt der städtische Pressesprecher Clemens Flach. Vor allem im Gebiet um den Bahnhof und das Marstall ballen sich in Ludwigsburg Glücksspielhäuser mit dunklen Scheiben, klingelnden und leuchtenden Automaten und klangvollen Namen wie Casino Royal, Merkur Spielothek oder Magic Play Casino. „Lediglich eine Spielhalle am Rand von Ludwigsburg verstößt nicht gegen das geänderte Gesetz“, sagt der Sprecher.

Das Ziel des verschärften Gesetzes ist unter anderem, die Glücksspielsucht einzudämmen und insbesondere Kinder und Jugendliche zu schützen. Doch trotz der Änderung ist es unwahrscheinlich, dass nun mehrere Ludwigsburger Casinos vom einen auf den anderen Tag dicht machen müssen. Einerseits empfehlen die Regierungspräsidien Übergangsfristen von bis zu vier Jahren. Anderseits gibt es in dem komplizierten Gesetzeswerk Schlupflöcher. So können Spielhallen Härtefallanträge stellen – beispielsweise, wenn Investitionen noch nicht abgeschrieben werden konnten.

Millioneneinnahmen aus Vergnügungssteuer

Die Ludwigsburger Casinos machen von den Härtefallregeln regen Gebrauch. „In 17 Fällen untersuchen wir entsprechende Anträge“, sagt Flach. „Wir müssen bau- und steuerrechtliche Faktoren beachten, die Einzelfälle betrachten und eventuell weitere Unterlagen anfordern.“ Erst dann gebe die Stadt ihre Entscheidung bekannt – übrigens für alle Spielhallen gleichzeitig.

Einen Härtefallantrag hat auch das Fair Play Casino gestellt. Die Zentrale ist in Ulm, der Glücksspielbetreiber hat aber auch Standorte in Aalen, Stuttgart – und eben Ludwigsburg mit zwölf Mitarbeitern. Der Geschäftsführer Risto Degen ist erwartungsgemäß kein Freund des verschärften Gesetzes und weist auf Lücken aus seiner Sicht hin: „Jede Stadt kann das anders machen“, sagt er. „Wer soll überhaupt zumachen, wenn mehrere Standorte konkurrieren“, fragt er. „Manche Kommunen entscheiden sogar per Los, wer bleiben darf.“ Degen orakelt: „Den Städten und Gemeinden ist mit dem Gesetz nicht gedient, viele werden Schadenersatz zahlen müssen.“

Rund 2,6 Millionen Euro nahm allein Ludwigsburg im vorigen Jahr durch die städtische Vergnügungssteuer ein. „Das ist in den vergangenen Jahren leicht gestiegen“, sagt Clemens Flach.

Sucht treibt Familien in den Ruin

Dass es „so nicht weitergehen“ könne mit neuen Hallen, sei jedem klar, sagt Degen. „Der Bestand wird sich von alleine reduzieren“, meint er, wenn neue Spielhallen nach den gesetzlichen Regelungen nicht mehr aufmachen dürften. „Die Konzessionen sind nicht übertragbar.“ Es gebe auch im Ludwigsburger Fair Play Casino Kontrollen, Alkoholverbote und geschultes Personal. „Dieses Spiel wollen sie kaputt machen. Im Internet gibt es hingegen Wildwuchs, der gar nicht kontrolliert wird.“

Dass der „Dunkelraum Internet“ ein Riesenproblem sei, sagt auch Dorothea Aschke, die Leiterin der Suchthilfe der Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz, einer von zwei Suchtberatungsstellen im Kreis – die zweite gehört zur Diakonie in Bietigheim. Auch wenn es im Netz Probleme gebe: „Viele Spielsüchtige haben früh an Automaten mit dem Spielen begonnen.“

Die verschärften Regeln begrüßt sie. Dorothea Aschke sieht oft das Ergebnis dessen, was mit wenigen Euro an Spielautomaten begonnen hat: Psychische wie wirtschaftliche Probleme, Depressionen, Privatinsolvenzen. Nach Alkohol, Opiaten und Cannabis gebe es die meisten Süchtigen in Ludwigsburg beim Glücksspiel. „Natürlich wird nicht jeder abhängig“, sagt sie. „Aber Glücksspielsucht kann Familien in den Ruin treiben.“