Alex Mihajlovic betreibt den Kiosk in der Neckartalstraße. Foto: Hesse

Als Kioskmann ist Alex Mihajlovic eine Art Mädchen für alles, der die Menschen mit Lesestoff, Süßigkeiten, Tabak und Alkohol grundversorgt, ihre Pakete bewahrt und ihre Geschichten anhört.

Münster - Der Typ mit den dicken Kopfhörern um den Hals schiebt eine Paketabholkarte über die Theke. Alex Mihajlovic verschwindet damit in den Tiefen seines Ladens. Seit zehn Jahren betreibt er den Kiosk, zunächst mit seinem Vater, seit ein paar Jahren allein. Er liegt direkt an der Halsschlagader von Münster, gleich neben der Haltestelle der U 14. Der junge Mann trippelt von einem aufs andere Bein. „Mann, das dauert!“ Als Mihajlovic zurückkehrt, zuckt er mit den Achseln: „Nichts gekommen.“ Der Kunde quengelt. Mihajlovic, eingerahmt von Lolli-Pyramiden, Sammelstickern, Trollingerflaschen, Eis- und Lottoreklame, lächelt milde aus seinem Schalterfenster und tippt mit dem Finger auf die Abholkarte: „Rufen Sie mal da an, fragen Sie, wo das Paket jetzt ist.“

Als Kioskmann ist er eine Art Mädchen für alles, das die Menschen mit Lesestoff, Süßigkeiten, Tabak und Alkohol grundversorgt, ihre Pakete bewahrt und ihre Geschichten anhört. Auf einen diskreten Fingerzeig hin reicht er Stammgast Guntram, der gerade heransteuert, nickend ein Fläschchen Berentzen Apfel heraus. Es gebe, erklärt Mihajlovic, nicht bloß die Eiligen, die morgens für die Fahrt zur Arbeit noch rasch Zeitung, Zigaretten und Jägermeister holten. Er erfreue sich einer treuen Stammkundschaft, mit deren Lebensläufen er zumeist in den Grundzügen vertraut sei. Alex Mihajlovic ist fast immer da – täglich von 5.30 Uhr an. Außer am Sonntag.

Günther Eisele kommt vorbei

Zu denen, die immer kommen, zählt auch die Prominenz, wie der frühere VfB-Abwehrspieler Günther Eisele, Jahrgang 1946. „Der holt morgens die Cannstatter Zeitung, die Bild und mittwochs die Sport-Bild. Der hat 52 Bundesligaspiele gemacht“, sagt Mihajlovic. Am reichhaltigen Zeitschriftenbuffett vor dem Kiosk – Glücksrevue, Freizeitrevue, Freizeitwoche, Freizeitspaß und Aktuelle – bediene sich überwiegend die Damenwelt, berichtet der Geschäftsmann. Die Männer griffen, wenn überhaupt, bloß bei Sport, Rätsel und Sudoku zu.

Der junge Mann hat inzwischen sein Telefonat erledigt und schreitet entschlossen zum Kioskfenster. „Das Paket muss da sein. Schauen Sie mal unter dem Namen meiner Freundin!“ Alex Mihajlovic entschwindet in seine Katakombe und kehrt mit einem kleinen Paket wieder. „Da ist es“, sagt er und liest genüsslich den Namen des Adressaten vor. „Darf ich Ihnen aber nicht geben, steht nämlich ein anderer Name drauf als in Ihrem Ausweis.“ Das Tiraden-Gewitter, das nun folgt, lässt Mihajlovic ungerührt vorüberziehen. Der junge Mann stapft endlich davon und sagt zum Abschied leise „Fick dich!“ Kiosk-Alex zuckt die Achseln: „Solche gibt’s halt auch.“