Füllte mit kristallklaren und leuchtenden Saitenklänge die Sparda-Welt: Ralph Towner bei der Verleihung der German Jazz Trophy Foto: Jörg Becker

Die Mama spielte Klavier, der ­Papa Trompete. Als braver Sohn lernte der kleine Ralph beide Instrumente. Doch als der Kompositionsstudent in einem Geschäft eine Gitarre an der Wand hängen sah, gefiel sie ihm so gut, dass er sie kaufte. Ralph Towner hatte sein Instrument gefunden, nun erhielt der Gitarrist in Stuttgart die German Jazz Trophy für sein Lebenswerk.

Stuttgart - Die Mama spielte Klavier, der Papa Trompete. Als braver Sohn lernte der kleine Ralph beide Instrumente. Doch als der Kompositionsstudent in einem Geschäft eine Gitarre an der Wand hängen sah, gefiel sie ihm so gut, dass er sie gleich kaufte (und ein halbes Jahr lang abbezahlen musste). Ein Entschluss, den er nicht bereute. Denn Ralph Towner hatte sein Instrument gefunden. Mit der akustischen Gitarre sollte er bald zu einem weltweit gefeierten Musiker werden.

Bei seiner Laudatio für Ralph Towner in der Sparda-Zentrale am Hauptbahnhof erzählt Kunststaatssekretär Jürgen Walter diese Anekdote. Er verrät, dass er selbst Towner 1974 im Mozartsaal erstmals erlebte, dass er ihn und seine Band Oregon später als Musikagent immer wieder nach Stuttgart und ins Ludwigsburger Scala geholt hat, dass er wegen ihm zwei Semester in Eugene, Oregon, verbrachte und ihn mit dem heute 75-jährigen Saitenkünstler eine jahrzehntelange Freundschaft verbindet. Man erfährt auch, dass Apollo-Astronauten eine Musikkassette mit zwei Towner-Kompositionen auf ihre weite Reise mitnahmen und dass sogar zwei Mondkrater nach Towner benannt worden sind. Der lächelt bei der Lobrede immer wieder höflich; seit seinem Gitarrenstudium bei Professor Karl Scheit in Wien spricht Towner einigermaßen Deutsch.

Nachdem der Preis unter dem Beifall des Publikums in Form einer farbenfrohen Hajek-Kleinplastik überreicht ist, setzt sich Ralph Towner in der Bühnenmitte auf einen Stuhl, stellt den linken Fuß auf ein Schemelchen, nimmt seine sechssaitige Gitarre in den Arm, stimmt nach und beginnt zu spielen. Kristallklare und leuchtende Saitenklänge füllen den Raum. Seine klassische Technik erlaubt ihm ein subtiles und komplexes Arpeggienspiel, mit dem er betörende Stimmungen schaffen kann. Towner, ein glänzender Improvisator, hat dank eines vor kurzem eingesetzten Herzschrittmachers zu alter Stärke und Frische zurückgefunden.

In seinem Spiel verbinden sich klassische, orientalische, spanische und zeitgenössische Einflüsse zu einer faszinierenden tonalen Ästhetik. Towner – von Jazzpianist Bill Evans geprägt – denkt die Gitarre vom Klavier her. Er spielte bei Joe Zawinuls und Wayne Shorters Fusion-Band Weather Report, gründete 1972 das stilbildende Quartett Oregon, fand in Manfred Eicher und dessen Münchener Label ECM seinen idealen Partner, mit dem er in den nächsten Jahrzehnten fast 20 Alben aufnahm, und bildete schließlich mit dem Wiener Wolfgang Muthspiel und dem armenischen Australier Slava Grigoryan das kammermusikalische Gitarrentrio MGT.

Mit diesen beiden gestaltet Towner den zweiten Teil des Preisträgerkonzerts. Wie das Spiel dieser drei Saitenkünstler sich miteinander verwebt, wie groovende Begleitung und der Wohlklang der Melodieführung in fliegendem Wechsel ineinandergreifen und mit welcher intuitiver Schnelligkeit die drei hochmusikalischen Männer aufeinander reagieren – das ist beeindruckend. „My Foolish Heart“, „Nardis“ und zahlreiche Originalkompositionen werden vom Publikum stürmisch gefeiert. Fast überflüssig zu sagen: Ralph Towner hat diesen Preis verdient.