Im Prozess um eine anonyme Samenspende hat die Tochter Recht bekommen: Sie darf den Namen des Vaters erfahren. Foto: dpa

In einem wegweisenden Urteil hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden, dass eine Samenbank der anonym gezeugten Sarah P. den Namen des Vaters nennen muss.

Hamm - Eine Samenbank muss einem anonym gezeugten Kind den Namen des leiblichen Vaters nennen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm am Mittwoch in einem wegweisenden Urteil entschieden. Geklagt hatte eine 21 Jahre alte Frau, deren Mutter sich auf diese Weise befruchten lassen hatte. Die Richter im westfälischen Hamm werteten das im Grundgesetz festgelegte Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit höher als das Recht eines Spenders auf Anonymität (Az: I-14 U 7/12). Eine Revision ließ das OLG nicht zu. Der Beklagte kann aber mit juristischen Kniffen beim Bundesgerichtshof (BGH) noch zu einem Revisionsgrund kommen.

Der beklagte Fortpflanzungsmediziner Thomas Katzorke beruft sich weiter darauf, dass die Daten zu dem Fall nicht mehr vorlägen. Die Unterlagen hätten damals nur zehn Jahr aufbewahrt werden müssen, sagte Katzorke der Nachrichtenagentur dpa in einer ersten Reaktion auf die Gerichtsentscheidung. Katzorke, der bei der Verkündung der Entscheidung nicht anwesend war, bezeichnete das Urteil als „rein theoretisch“.

Die Richter des Oberverwaltungsgerichts nahmen dem Mediziner die Argumentation nicht ab. Bei einer Befragung hatte er sich in Widersprüche verstrickt und zugegeben, dass nicht alle Daten vernichtet wurden.

Die Klägerin Sarah P. wollte sich nicht selbst zu ihrem juristischen Erfolg äußern. Der Anwalt der jungen Frau kündigte aber eine Stellungnahme an. Seit rund vier Jahren weiß die 21-Jährige, dass ihr Vater nicht ihr Erzeuger ist. Sie kämpft gemeinsam mit dem Verein Spenderkinder auf juristischem Weg für das Recht, den biologischen Vater kennenzulernen.

Bereits 1989 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es zu den Persönlichkeitsrechten eines Menschen gehört, seine genetische Herkunft zu kennen. Erst das Jahr 2007 brachte mit dem Gewebegesetz eine Neuerung: Unterlagen zur Samenspende, die als Gewebeübertragung gilt, müssen jetzt 30 Jahre aufbewahrt werden.

Zur Zahl der Betroffenen in Deutschland gibt es nur Schätzungen. Das Essener Novum-Zentrum für Reproduktionsmedizin, das der jetzt beklagte Mediziner Katzorke leitet, geht von rund 100 000 Kindern anonymer Samenspender aus.