Gerhard Schröder freut sich auf seine neue Aufgabe bei Hannover 96. Foto: dpa

Der Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder stellt sich als Aufsichtsratschef von Hannover 96 vor – und gibt einen Kalauer nach dem anderen zum Besten.

Hannover - Die alten Tricks klappen immer noch. Als die Fotografen zum Gruppenbild bitten, wird der Bauch unauffällig eingezogen. Und wenn kritische Nachfragen anstehen, wird milde gelächelt und nur bedingt geantwortet. Gerhard Schröder weiß, wie das Spiel mit den Medien funktioniert. Der 72-Jährige ist nicht der fitteste, bestimmt aber der prominenteste Neuzugang, den der deutsche Fußball in diesem Winter zu bieten hat.

Als Aufsichtsratsvorsitzender verstärkt der Kanzler a. D. den Zweitligisten Hannover 96. „Ich schaue mir hier die Zahlen an und sehe keine größeren Probleme auf mich zukommen“, sagt Schröder bei seinem ersten öffentlichen Auftritt für einen Verein, dessen Fan er ist. Richtig schimpfen wird er wohl nur in einem Fall: Wenn der direkte Wiederaufstieg misslingen sollte.

In lockerem Plauderton spricht Schröder über Fußball, den russischen Präsidenten („Putin bleibt mein Freund“), den neuen amerikanischen Staatschef („Das mit Trump ist schwierig“) und viele andere Dinge. Der Niedersachse ist seit einer gefühlten Ewigkeit 96-Anhänger, spielt mit Vereinsboss Martin Kind Tennis und verfolgt das Treiben im Stadion gerne mit Freunden von einer eigenen Loge aus.

Künftig will er es irgendwie schaffen, die Emotionen und die Zahlen klar zu trennen. „Es gibt keinen Widerspruch zwischen Kontrolle und perspektivischer Arbeit“, findet Schröder. Er bringt sich gerne ein – und zwar ohne Vergütung.

Ein Platz im Mittelfeld wäre schon gut

Die Frage, welche Rolle der Verein auf lange Sicht einnehmen könnte, beantwortet der frühere Kanzler mit einer gehobenen Erwartungshaltung. „Ich wäre sehr zufrieden, wenn sich Hannover im Mittelfeld der ersten Liga festsetzt“, sagt Schröder. Die Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb würde er auch dankend zur Kenntnis nehmen. An solchen Sätzen lässt sich ablesen, wie munter und locker am Montagmorgen über die Geschicke eines Vereins gesprochen wird, der nur in der zweiten Bundesliga spielt. Der große Andrang rund um den Schröder-Termin, der von strengen Sicherheitskontrollen begleitet ist, lässt eher eine bevorstehende Teilnahme an der Champions League vermuten.

Tüchtig an der Schraube drehen

Dem Vorhaben, aus einem prominenten Fan einen prominenten Mitstreiter zu machen, liegt ein klares Kalkül zugrunde. 96-Boss Kind hofft, dass das schrödersche Netzwerk auch ein paar Brosamen für seinen Verein abwirft. Dazu kommt ein enorm hohes Maß an medialer Aufmerksamkeit, das jede noch so banale Aussage des ehemaligen Bundeskanzlers beschert. Schröder war mal Mittelstürmer in der Bezirksliga – sein Spitzname „Acker“ ist in politischen und sportlichen Kreisen ein fester Begriff.

Martin Kind hat den Mut gehabt, Schröder zu fragen

An dieser Schraube wird jetzt auch Hannover 96 tüchtig drehen. „Ich hatte den Mut, ihn zu fragen. Dass Herr Schröder unseren Aufsichtsrat anführt, hat eine ganz besondere Wirkung“, glaubt Kind, der Gesellschafter, Mäzen, Vorstandsvorsitzender und Präsident in Personalunion ist.

Seine Firmengeflechte sind nur schwer nachvollziehbar und verdienen einen kritischen Blick. Für den soll Schröder künftig verantwortlich sein – und wird sich dabei selbst auch unangenehme Fragen stellen müssen. Da war doch mal diese Geschichte von Schalke 04 und dessen Sponsor Gazprom. Den Deal zwischen dem Verein und dem russischen Energieunternehmen soll Schröder einst eingefädelt haben. „Das ist eine Legende“, sagt der neue 96-Held. Laut lacht er dabei – und bezweifelt augenzwinkernd, dass sich Gazprom für Hannover 96 interessieren könnte.