Tabakwerbung in der Öffentlichkeit soll bald illegal werden. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Von 2020 an will die Bundesregierung Außenwerbung für Tabakprodukte verbieten. Vielen Gegnern des blauen Dunsts dürfte das entgegen kommen. Das Stadtsäckel allerdings könnte dadurch belastet werden.

Stuttgart - Der Mann aus dem Stuttgarter Norden ist sichtlich unzufrieden. Eine sogenannte Gelbe Karte mit einer Beschwerde hat er bei der Stadtverwaltung eingereicht. „Ich habe damit gegen die Zigarettenwerbung an SSB-Haltestellen protestiert“, sagt er. Doch die Antwort stellt ihn nicht zufrieden. Man habe darauf keinen Einfluss, heißt es aus dem Rathaus, denn die Verträge seien nicht mit der Stadt abgeschlossen, sondern mit deren Tochter, den Stuttgarter Straßenbahnen. Und darauf habe man schlicht „keine Einflussmöglichkeiten“.

Tatsächlich ist die Lage in Stuttgart kompliziert. Denn Außenwerbung ist nicht gleich Außenwerbung. Es gibt Plakate an Haltestellen, an Toilettenanlagen, an Säulen, an zehn hinterleuchteten Großwerbeanlagen und in sogenannten City-Light-Postern, einzeln stehenden, etwa mannshohen Werbevitrinen. Über deren Bestückung gibt es Verträge verschiedener städtischer Stellen mit unterschiedlichen Geschäftspartnern. Den Überblick darüber zu bewahren fällt offenkundig auch der Verwaltung selbst nicht ganz leicht, denn die Angaben gehen auseinander.

So heißt es aus dem Rathaus, man habe einen Vertrag mit der Werbefirma Ströer über die Vermarktung von 200 City-Light-Postern abgeschlossen. Eine Ströer-Sprecherin gibt dagegen an, es handle sich um 300. Einen eigenen Vertrag abgeschlossen hat auch die Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) – und zwar mit JCDecaux über 26 vollautomatisierte Toilettenanlagen. Sie werden von dem Stadtmöblierer betrieben und zum Teil über Werbung refinanziert.

370 Werbeanlagen an SSB-Haltestellen

JCDecaux ist darüber hinaus auch Vertragspartner der SSB und damit zuständig für rund 370 Werbeanlagen an Bus- und Stadtbahnhaltestellen. „Wir betreiben 429 Fahrgastunterstände mit und ohne integrierte Werbung im Stadtgebiet. Unsere Mitarbeiter sorgen tagtäglich für die Sauberkeit und bei Bedarf für die Instandsetzung auf eigene Kosten“, sagt Unternehmenssprecherin Frauke Bank.

Sie betont, Beschwerden über Tabakwerbung lägen nicht vor. Ihr Anteil an den Werbeplakaten betrage in Stuttgart recht konstant etwa 15 Prozent. Sprecherinnen der Stadt sowie der SSB berichten ebenfalls, trotz des starken Drucks auf die Tabakindustrie gebe es nur sehr selten Beschwerden über entsprechende Plakate. Allerdings sorgt die Stadt auch vor: In ihren Verträgen ist Werbung für Tabak und Alkohol im Umkreis von 100 Metern um Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen untersagt. Ein komplettes Verbot sei aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage nicht durchsetzbar.

Das allerdings könnte sich spätestens 2020 ändern. Denn das Bundeskabinett hat für diesen Zeitpunkt ein Werbeverbot für Tabakerzeugnisse beschlossen. Zwar gibt es in der Berliner Regierungskoalition noch Diskussionen darüber, aber nach jetzigem Stand müssen Plakate mit Zigarettenreklame dann komplett aus dem Stadtbild verschwinden. Das dürfte vielen Bürgern, die so ihre Probleme mit dem Rauchen und der Werbung dafür haben, gefallen. Die Werbewirtschaft läuft allerdings Sturm dagegen und vertritt die Meinung, dass Werbung für ein legales Produkt möglich sein muss.

Wohl sinkende Werbeerlöse

Möglicherweise gibt es aber auch bei der Stadt nicht nur einhellige Zustimmung. Denn bei manchen Verträgen ist sie an den Werbeerlösen beteiligt. JCDecaux-Sprecherin Frauke Bank sagt deshalb: „Wenn die Werbeerlöse sinken, bringt das automatisch direkt sinkende Einnahmen für die kommunalen Haushalte.“ Bei der Stadt will man sich offiziell noch nicht festlegen, wie sich die Gesetzesänderung auswirken könnte. Allerdings ist auch zu hören, es könnte sich um erhebliche Einbußen handeln. Genaue Summen nennt keiner der Beteiligten.

Immerhin: Künftig wird es wohl keine Beschwerden gegen Tabakwerbung mehr geben müssen. Und damit auch keine Gelben Karten an die Stadtverwaltung.