In der Kniebisstraße in Böblingen wurde gebohrt. Foto: factum/Granville

Nach den Erdhebungen an rund 200 Häusern in Böblingen will die Allianz beginnen, die Betroffenen auszuzahlen. Die Gesamtsumme bleibt aber strittig.

Böblingen - Die Mitteilung beginnt sonnig: „Wir haben eine gute Nachricht für die Betroffenen im Hebungsgebiet Nord“, schreibt die Allianz. Die Nachricht ist, dass der Versicherungskonzern beginnen will, die Schäden zu erfassen, die Erdhebungen an rund 200 Häusern in Böblingen verursacht haben. Die frohe Wortwahl teilen die Betroffenen diesmal. „Für das Gebiet Nord ist das ein großer Fortschritt“, sagt Thomas Treutler von der Interessengemeinschaft Erdhebungen. „Wir freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Allianz.“ Ungeachtet dessen deutet sich neuer Zwist zumindest an: um Geld.

Der Verursacher der Schäden war, dies ist inzwischen unstrittig, die Firma Gungl, die 17 fehlerhafte Erdwärmebohrungen niedergebracht hat. Zunächst sollen die Betroffenen im nördlichen Teil des Hebungsgebietes ihre Ansprüche geltend machen. Dort ist die Erde zur Ruhe gekommen. Im Süden hebt sie sich noch immer. Dort sind noch vier Bohrlöcher undicht. Eine Spezialfirma musste eigens ein Verfahren und Werkzeug entwickeln, um Aussicht auf Erfolg zu haben. Die Probleme hat Gungl zumindest fahrlässig verursacht. Entgegen den Vorschriften hatte das Unternehmen einen Zement benutzt, von dem gewiss war, dass er sich in der Erde zersetzt.

Gungls Arbeit als Ursache der Erdhebungen

Die Allianz hat 120 Hauseigentümer angeschrieben, die bekannt sind. Weitere Betroffene können sich melden. Sie sollen bis zum 15. September ihre Schäden geltend machen. Dies sei bislang nur vereinzelt geschehen. Was seine Gründe hat. Erst Anfang Mai hatte die Allianz endgültig anerkannt, dass sie die Kosten für die Hausreparaturen übernehmen muss. Zuvor hatte der Konzern zwei Gutachten eingeholt.

Der erste Gutachter bescheinigte zweifelsfrei, dass Gungls Arbeit die Ursache der Erdhebungen sei. Das Ergebnis des zweiten Gutachtens ist nach wie vor strittig. Dessen Urheber hat festgestellt, dass alle 17 Bohrungen zu lediglich zwei Schadensfällen zusammenzufassen seien, eben Nord und Süd. In diesem Punkt „sind wir definitiv nicht einig“, sagt Treutler, denn die Deckungssumme der Versicherung beträgt sechs Millionen Euro pro Schadensfall.

Rein rechnerisch 50.000 Euro pro Kopf

Ob die Summe für die Reparaturen im Nord-Gebiet ausreicht, ist vorerst unklar. Umgerechnet auf jene 120 Angeschriebenen stünden rein rechnerisch 50 000 Euro pro Kopf zur Verfügung. Sollte die Gesamtsumme jene sechs Millionen Euro übersteigen, will die Allianz das Geld prozentual auf die Betroffenen verteilen. So ist es üblich. Sollte nur einer von ihnen Einspruch erheben, ist das gesamte Verfahren hinfällig. Aus der Sicht des Versicherers müssten dann Gerichte entscheiden.

Die Interessengemeinschaft hofft vorerst, dass die Allianz weitere Schadensfälle anerkennt. Über mögliche Klagen mag Treutler nicht sprechen. Im Zweifelsfall gebe es „noch andere Richtungen, in die man schauen kann“. Gemeint sind weitere Gesellschaften, bei denen Gungl über die Jahre versichert war. Außerdem, meint Treutler, „gibt es auch noch Behörden, die das Ganze genehmigt haben“.