Borgward Isabella Cabrio aus den 1950er Jahren Foto: dpa

Die Wiederbelebung der Kultmarke Borgward wird von Stuttgart aus gesteuert. Experten sind allerdings skeptisch, ob das ehrgeizige Unterfangen gelingen kann.

Genf/Stuttgart - Außer einer alten Isabella und einigen Hostessen ist am Stand von Borgward auf dem Genfer Automobilsalon nicht viel zu sehen. Doch das Medieninteresse ist trotzdem groß. Schließlich geht es um die Auferstehung einer Kultmarke im großen Maßstab, die am Dienstag angekündigt wird.

„Der Relaunch von Borgward ist ein Kindheitstraum von mir, der nun Realität wird“, sagte der Enkel des Firmengründers Carl F. W. Borgward. Seit zehn Jahren plant er zusammen mit Karlheinz L. Knöss, einem erfahrenen Automanager, das Comeback der Wirtschaftswundermarke. Diese ist vor allem mit dem Modell Isabella verbunden, von dem bis 1961 über 200 000 Stück verkauft wurden.

"Schlicht die Wiege des Automobils"

Sitz des neuen Automobilherstellers, so verkündeten die beiden erstmals offiziell, soll Stuttgart sein. Mehrere Standorte habe man geprüft, sagte Knöss den Stuttgarter Nachrichten. Der 52-Jährige ist Vizeaufsichtsratschef der 2008 gegründeten Borgward AG. Am Ende sei die Wahl auf Stuttgart gefallen. „Hier gibt es hervorragende Fachkräfte wie Designer oder Ingenieure und alle namhaften Zulieferer.“

Nicht zuletzt sei Stuttgart aber auch schlicht die Wiege des Automobils. Wo genau der Firmensitz in Stuttgart sein wird, wollte Knöss noch nicht verraten. Doch bereits jetzt seien viele Mitarbeiter in der Region mit dem Projekt befasst. Offiziell will sich die Organisation bereits innerhalb der nächsten Monate in der Landeshauptstadt niederlassen.

Die Pläne sind ehrgeizig. Das Unternehmen soll in Deutschland angesiedelt sein, aber eine „globale Perspektive haben“. Bis zum Jahr 2020 will man 800 000 Fahrzeuge pro Jahr verkaufen. Fünf Jahre später gar das Doppelte. Zuerst liege der Schwerpunkt auf Deutschland, wo auch produziert werde. Danach will Borgward vor allem in den „aufstrebenden Automobilmärkten“ expandieren. Dazu zählen neben China langfristig auch kriselnde Regionen wie Lateinamerika oder Indien. Entsprechend sollen in diesen Ländern nach und nach Tochtergesellschaften entstehen.

Kompakter Geländewagen kommt im ersten Halbjahr 2016

Ein erstes Modell wollen Knöss und Borgward im Herbst auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt präsentieren. Es wird ein kompakter Geländewagen sein, der im ersten Halbjahr 2016 auf den Markt kommen soll. Wie das Auto aussehen soll, ist noch nicht bekannt. Die Marke soll als „Accessible Premium“, also eine Art erschwingliches Premium für jedermann positioniert werden. Verantwortlich für das Design ist der Norweger Einar Hareide, der bereits für GM und Saab, aber auch Mercedes gearbeitet hat.

Bei allem Stolz auf das glorreiche Erbe werde eine neue, eigenständige Formensprache anvisiert, heißt es. „Borgward war bekannt dafür, mit jedem Fahrzeug Innovationen einzuführen, und das ist auch für uns eine Leitlinie“, so Hareide.

Innovativ will Borgward auch beim Antrieb sein. Entwickelt werde ein hochmodernes E-Mobilitäts-System, das sich durch niedrigeren Energieverbrauch, sportliche Leistung und maximale Traktion auszeichne. Auch bei der Telematik will der Hersteller neue Wege gehen. Mit dem Konzept „Multiple Interaction“ werde der Borgward zum „persönlichen Assistenten und Begleiter“.

Man habe bereits zahlreiche Partner gewonnen

Um die hohen Investitionen zu stemmen, habe man bereits zahlreiche Partner gewonnen, so Knöss. Einer davon ist der chinesische Lkw-Hersteller Foton, der zusammen mit Daimler Nutzfahrzeuge der Marke Auman für den asiatischen Markt produziert und in den nächsten Jahren global wachsen will.

Wer die anderen Investoren sind, wollen die Borgward-Manager in den nächsten Monaten bekanntgeben. „Eine sinnvolle Integration aller Ressourcen, deutsche Fertigungstechnologie und maximale Vernetzung – das ist die Strategie, die das Gerüst für die Wiedergeburt von Borgward darstellt“, heißt es in der Pressemitteilung.

Die Erfolgsaussichten für das ehrgeizige Vorhaben beurteilen Autoexperten wie Stefan Bratzel vom Center of Automotive Research in Bergisch Gladbach jedoch skeptisch. „Die Chancen sind nicht wahnsinnig groß, dass dies ein Selbstläufer wird“, sagte Bratzel kürzlich unserer Zeitung. Er hält es für äußert schwierig, in diesen Zeiten ein Automobilunternehmen von internationalem Rang zu etablieren.

Es braucht viel Geld und Mühe

Der Markt sei sehr wettbewerbsintensiv, da brauche es viel Geld und Mühe. „Nur die Marke allein wird nicht reichen“, so Bratzel. Mit einem Wiederbelebungsversuch scheiterte jüngst etwa der Motorradhersteller Horex – ebenfalls ein großer Name der Wirtschaftswunderzeit. Die Marke hatte 1956 ihre Produktion eingestellt und wurde 2010 neu gegründet. 2014 meldete Horex Insolvenz an. Allerdings zeigt der Fall Mini auch, dass ein Comeback mit einem potenten Investor wie BMW und einer geschickten Strategie durchaus gelingen kann.

Die Idee einer Wiederbelebung der Marke Borgward hatte Eric Borgward, der Cousin von Christian Borgward, übrigens schon vor über 15 Jahren geäußert. Doch Eric musste die Pläne ad acta legen, nachdem sich Christian die Auto-Rechte an der Marke sicherte. Groll hegt Eric Borgward, Vertriebsmanager bei Daimler, deswegen nicht. „Aus heutiger Sicht drücke ich die Daumen, dass es mit dem Projekt klappt.“