Chris Cuthbertson veranschaulicht: Auch in den 1960ern beschwerte man sich über die Musik, die Kleidung und die Ausgehgewohnheiten der Jugend. Foto: Alexandra Belopolsky

Laut, unberechenbar, respektlos – so heißt es heute und hieße es damals über die Jugend. Bei der Veranstaltung im Bürgerhaus Rot ging es darum, die Kluft zwischen den Generationen zu schließen.

Stuttgart-Zuffenhausen - Dass ältere Menschen die Lebensweise der Jüngeren kritisieren, ist so alt wie die Menschheit selbst. Der Sozialarbeiter Chris Cuthbertson von der Mobilen Jugendarbeit Stuttgart-Rot zeigt ein Zitat seiner Mutter: „Ich weiß noch, als mal die Beatles im Fernsehen kamen, da sagte man uns, die würden alle früh sterben, weil die alle Drogen nehmen.“ Ein Zitat, das Heiterkeit bei den Zuhörern auslöst. Etwa 20 Menschen mittleren Alters sind am Montag ins Bürgerhaus nach Rot gekommen, um sich von Cuthbertson, seinen beiden Kollegen Anne Kunz und Marco Dreßen sowie dem Präventionsbeamten der Polizei Zuffenhausen, Werner Mast, über Jugendliche aufklären zu lassen. Und um Vorurteile gegenüber der jüngeren Generation abzubauen.

Bei der Veranstaltung aus der Reihe „Roter Ohrensessel“, die unter dem Titel „Wie tickt die Jugend von heute?“ läuft, setzen die Organisatoren auf Gruppenarbeit. Vier Tische, an jedem eine andere Diskussion, etwa über Vorurteile und Körpersprache, die ewigen Beschwerdethemen, oder gewaltfreie Kommunikation gehören dazu. Zudem steht der Präventionsbeamte Mast für Fragen jedweder Art zur Verfügung.

„Ich wollte, es wäre kein Alter zwischen zehn und dreiundzwanzig“

Marco Dreßen geht es um Vorurteile. Laut, unberechenbar, respektlos – das ist nur ein Teil der Wörter, die die Gruppe in den Raum wirft. „In meiner Jugend hatten wir Ehrfurcht, wenn wir von Erwachsenen angesprochen wurden“, sagt eine bebrillte Frau mit kurzen, rot gefärbten Haaren und einem weißen Schal. „Heute ist manchmal überhaupt kein Respekt da.“ Kein neues Sentiment – bereits in jahrtausendealten Tontafeln sollen sich Zeitgenossen darüber beschwert haben, dass die Jugend das Alter nicht mehr achtet. Und auch der Dichter William Shakespeare lässt in seinem Werk „Ein Wintermärchen“ einen Schäfer sagen: „Ich wollte, es wäre kein Alter zwischen zehn und dreiundzwanzig.“

Als ehemaliger Türsteher weiß Dreßen, wie man schnell man ein Urteil über andere fällt. „Meine Methode war, mit den Menschen einfach kurz zu reden“, sagt er. „Da steht manchmal so ein Typ, Figur wie ein Schrank, völlig zutätowiert – und dann sind das meistens die liebsten Leute.“ Cuthbertson versucht, mit der Gruppe festzustellen, was für die Jugend als typisch gilt. Das Ergebnis: konsumorientiert, handysüchtig und zu viel Fast Food. „Die sehen alle gleich aus“, sagt eine blonde Frau in einer Daunenweste, einem beigefarbenen Schal und Jeans. Cuthbertson zeigt ein weiteres Zitat seiner Mutter: „Damals trugen die Eltern keine Jeans, es war die Kleidung der Jugend.“

Gefühle, Bedürfnisse und Bitten klar formulieren

Von dem Präventionsbeamten des Polizeireviers Zuffenhausen will die Gruppe mehr über Drogen an Schulen wissen. Diese hätten laut Mast stark zugenommen, allen voran Cannabis. Diese Droge sei quasi auf jedem Schulhof zu finden. Die allgemeinen Zahlen zur Jugendkriminalität in Zuffenhausen sähen allerdings positiv aus: Der Anteil der unter 21-jährigen Täter ist 2015 im Vergleich zu 2014 um gut drei Prozent gesunken.

Anne Kunz will eine Lösung zum Umgang mit der Angst anbieten, die viele Erwachsene gegenüber Gruppen von Jugendlichen haben: Gewaltfreie Kommunikation. Man solle Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse und Bitten klar formulieren. So könne man zum Beispiel Jugendlichen, die Müll hinterlassen, friedlich ansprechen. Ein Satz wie „Ich sehe, wie ihr hier Müll hinterlasst, und es macht mich sauer, weil ich Sauberkeit brauche“, wäre vielleicht angebracht. doch fällt das einem nicht so leicht. „Es ist viel kürzer und einfacher zu sagen – Räumt euren Scheiß auf“, sagt die rothaarige Frau.