Im vergangenen Mai zeigen Göppingens OB Till (Mitte) und Teile des Gemeinderats bei einer Aktion gegen den Wegzug des SWR-Tigerentenclubs noch traute Einhelligkeit. Inzwischen hat sich der Ton an der Führungsspitze der Stadt deutlich verschärft Foto: Ines Rudel

Im Göppinger Gemeinderat verschärft sich der Ton zwischen OB Guido Till und einzelnen Stadträten, aber auch innerhalb des Gremiums. Wer über die Stränge schlägt, soll künftig zur Ordnung gerufen werden.

Göppingen - Die gute Nachricht vorweg: Die Staatsanwaltschaft Ulm hat ihr Ermittlungsverfahren gegen den Göppinger Oberbürgermeister Guido Till (CDU) eingestellt und damit eine Anzeige der Gemeinderatsfraktion von Linken und Piraten (LiPi) zurückgewiesen. Es gebe keinen ausreichenden Anfangsverdacht, dass der OB dem Piratenstadtrat Michael Freche Geheimnisverrat unterstellt habe.

Doch es gibt auch eine schlechte Nachricht: Offenbar versucht der OB, es LiPi mit gleicher Münze heimzuzahlen. So war Freche bei der jüngsten Sitzung des Ältestenrats vom OB ein Schreiben ausgehändigt worden, in dem ihm offenbar rechtliche Schritte angedroht werden, sollte er noch einmal Interna aus dem Aufsichtsrat der stadteigenen Energieversorgungsgesellschaft EVF ausplaudern. Er habe seinen Rechtsanwalt mit einem Antwortschreiben betraut, sagte Freche auf Nachfrage. Die vom OB geforderte Unterschrift will er offenbar nicht leisten. „Ich bin mir keiner Schuld bewusst“, sagte Freche.

Der OB sieht das anders und verweist auf die Tagesordnung zu einer öffentlichen Fraktionssitzung von LiPi. Darin war Freche mit einem Bericht aus dem EVF-Aufsichtsrat angekündigt, einem vertraulich tagenden Gremium. Es ging nur um Atmosphärisches, erklärte LiPi-Fraktionschef Christian Stähle hinterher. Anderes zu beweisen, dürfte dem OB schwer fallen. Schließlich befanden sich nur Parteigänger von Linken und Piraten bei der Fraktionssitzung im Raum.

Derweil soll auch gegenüber Stähle die Gangart verschärft werden. Angeblich möchte Till den Gemeinderat darum bitten, ein Ordnungsgeldverfahren gegen den Linken einzuleiten. Dies könnte „vielleicht als ein Signal an ihn wirken, zukünftig in angemessener Form mit den übrigen Mitgliedern des Gemeinderats und dem Oberbürgermeister umzugehen“, heißt es in einer Stellungnahme des OB. Darin nennt er Stähle allerdings nicht direkt, sondern erwähnt nur allgemein „ein Gemeinderatsmitglied“, das sich „nicht an die üblichen Gepflogenheiten, informellen Verhaltensregeln und traditionellen Umgangsformen“ halte.

Mittlerweile sind viele Stadträte derart genervt von Stähle, dass sie Till den Wunsch erfüllen dürften. So forderte der SPD-Fraktionschef Armin Roos den OB nach einem Scharmützel mit Stähle dazu auf, endlich seine Ordnungsmittel auszuschöpfen, um einen sachlichen Diskurs zu ermöglichen. Allerdings müssten dann auch andere zittern. So zeigte der Freie-Wähler-Stadtrat Emil Frick jüngst Stähle gut sichtbar seinen ausgestreckten Mittelfinger. „Was ich getan habe, habe ich getan“, sagte Frick auf Anfrage. Der Sprecher der Stadt, Olaf Hinrichsen, wollte sich zu der Frage, welches Ordnungsmittel Frick zu erwarten habe, übrigens nicht äußern. „Ich weiß nicht, ob der OB das gesehen hat.“

Hintergrund Strafen für Stadträte

Ausschluss: Bei ungebührlichem Verhalten kann ein Stadtrat von bis zu sechs Sitzungen ausgeschlossen werden. Die Entscheidung liegt im Ermessen des jeweiligen Gemeinderats.

Ordnungsgeld: Bei Pflichtverletzungen kommt nach der Gemeindeordnung auch die Verhängung eines Ordnungsgeldes durch den Gemeinderat zwischen 50 und 1000 Euro in Betracht. (kew)