In Rudolstadt ist eine Freundin der ermordeten Michèle Kiesewetter wegen Verleumdung verurteilt worden. Foto: dpa

Am Amtsgericht Rudolstadt ist eine enge Freundin der von der NSU ermordeten Polizeibeamtin Michèle Kiesewetter wegen Verleumdung ihres Vorgesetzten zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Anwalt der Frau kündigte Berufung an.

Rudolstadt - Eine Thüringer Polizistin ist am Montag wegen Verleumdung zu einer Geldstrafe von 3000 Euro verurteilt worden. Sie habe ihren Chef zu Unrecht bezichtigt, Minderjährige sexuell zu belästigen, sagte der Richter des Amtsgerichts Rudolstadt in seiner Urteilsbegründung. Das Motiv seien „Spannungen“ im Dienstverhältnis gewesen. Der Anwalt der verurteilten Polizistin kündigte Berufung gegen das Urteil an.

Die Beamtin war eine der engsten Vertrauten von Michèle Kiesewetter, die 2007 von den rechtsextremen Terroristen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ ermordet wurde. Das Urteil betrifft allerdings nur einen Teilaspekt eines größeren Ermittlungsverfahrens, in dem es in erster Linie um versuchten Totschlag geht.

Anonymer Anruf vom Handy der Angeklagten

Im September 2012 war der Chef der Polizistin mit seinem Auto verunglückt. Auf der Fahrt von Saalfeld nach Rudolstadt sei plötzlich sein „linkes Vorderrad weggeflogen“, sagte er als Zeuge aus. Es habe sich herausgestellt, dass die Radmuttern aller vier Räder gelockert worden waren. Am Abend habe er seiner Frau von dem Vorfall erzählt. Die habe sich daraufhin an den anonymen Anruf wenige Wochen vorher erinnert.

Am Apparat sei eine Frau gewesen, die gesagt habe, „dass mein Mann morgens beim Joggen kleine Mädchen anfasst“. Sie habe das als Drohung der mutmaßlichen Mutter aufgefasst, sagte die Ehefrau, die ebenfalls als Zeugin geladen war. Sie habe ihrem Mann zunächst nichts von dem Anruf gesagt, weil sie den Vorwurf nicht glaubte und ihn nicht damit belasten wollte.

Die Kripo habe daraufhin bei der Telefonfirma ermittelt, welche Anrufe zur fraglichen Zeit auf dem Privatanschluss ihres Kollegen eingegangen waren, sagte ein Ermittler vor Gericht. Dabei stellte sich heraus, dass es nur ein einziger war und dass die Handynummer des Anrufers auf den Namen der Angeklagten angemeldet war.

Die Beamtin war eine Freundin der 2007 in Heilbronn ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter. Kiesewetter war das zehnte Mordopfer des rechtsextremen „Nationalsozialistischen Untergrunds“. Für diese Tat muss sich derzeit Beate Zschäpe mit vier mitangeklagten mutmaßlichen Helfern beim NSU-Prozess in München verantworten. Die verurteilte Polizistin war damals die Lebensgefährtin von Kiesewetters Onkel, der ebenfalls Polizist ist. Kiesewetter soll die Beamtin häufig besucht haben und schrieb ihre Abschlussarbeit auf deren Computer.