Ein Blick in die Integrierte Verkehrsleitzentrale in Stuttgart, die es seit 2006 gibt. Nun soll ein größeres Konzept für die ganze Region Wirklichkeit werden Foto: dpa

Die vielen Staus auf den Straßen gelten als brennendstes Problem des Standorts Region Stuttgart. Seit Freitag gibt es die Aussicht auf Millionen aus Brüssel für neue Wege aus dem Dilemma.

Stuttgart - Wer auf der A 81 von Heilbronn her in Richtung Süden fährt und in die Landeshauptstadt will, fährt bei Zuffenhausen auf die B 10 und weiter nach Stuttgart hinein. Wenn sich nun aber vor der Friedrichswahl die Blechkolonne fünf Kilometer lang staut, haben die Straßenverkehrszentrale des Landes und die Stuttgarter Verkehrsleitzentrale die Möglichkeit, Verkehrsteilnehmer schon auf der Autobahn darauf hinzuweisen und weiter nach Feuerbach zu schicken, um über die B 295 zum Pragsattel zu gelangen. Die gleiche Möglichkeit gibt es seit ein paar Jahren auch stadtauswärts vor dem Pragsattel. So sieht Verkehrslenkung in der Gegenwart aus. Es gibt sie an einzelnen Stellen Stuttgarts und nur an ganz wenigen außerhalb. Die Staus sind immer noch da.

In ein paar Jahren wollen die Verantwortlichen weiter sein. Dann soll es eine regionale Verkehrsleitzentrale geben, deren Mitarbeiter nicht nur wissen, welche Straßen verstopft sind, sondern auch, welche S-Bahnen voll sind oder an welchen Bushaltestellen noch Fahrgäste stehen. Verkehrsunternehmen wie die Busfirmen oder die Stuttgarter Straßenbahnen AG sowie Verkehrsmittelträger wie der Verband Region Stuttgart (S-Bahn) oder die Landkreise und Kommunen (kleinere Bahnen, Busse) könnten auf die Daten zurückgreifen und einen weiteren Bus auf die Reise schicken oder auf öffentlichen Anzeige-Displays und vor allem im Internet alternative Wege vorschlagen.

„Vielleicht würde sich der Autofahrer dann überlegen, dass er erst eine halbe Stunde später losfährt, wenn der Stau weg ist“, nennt Walter Rogg, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart (WRS), ein weiteres Beispiel für die möglichen Effekte einer regionalen Mobilitätsplattform, die in den kommenden Jahren mit 9,4 Millionen Euro aufgebaut werden soll. 5,6 Millionen kommen aus Brüssel, der Rest von den genannten Partnern des Projekts.

Weitere 3,1 von fünf Millionen gibt die EU für ein Konzept sogenannter Mobilitätspunkte in der Region, die in Esslingen, Fellbach, Ludwigsburg, Schorndorf und Eislingen sein sollen. An den dortigen Bahnhöfen sollen nicht nur Busse Anschluss bieten, sondern auch P+R-Plätze, Car-Sharing-Autos und Leih-Fahrräder mit elektrischem Hilfsmotor (Pedelecs) Pendlern die Möglichkeit zum Umstieg eröffnen. Das Buchungssystem soll an allen Bahnhöfen gleich sein und für alle Verkehrsmittel offen – auf Basis der Stuttgart Service Card, die der Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) im Laufe dieses Jahres einführt und mit der man letztlich sogar den Eintritt in öffentliche Schwimmbäder bezahlen oder Bücher aus Bibliotheken ausleihen können soll. In Ludwigsburg, wo bereits ein Fahrrad-Abstellhaus steht, soll es sogar die Möglichkeit geben, seine im Internet bestellten Pakete abzuholen.

Die Freude über den Geldsegen aus Brüssel war am Freitag groß. Walter Rogg, dessen regionale Wirtschaftsförderung den Antrag vorbereitet hatte, ging es in erster Linie um den vorausgegangenen Strategieprozess, an dem sich 250 Vertreter von Landkreisen, Städten und Gemeinden, Firmen, wissenschaftlichen Einrichtungen und anderen Organisationen beteiligten. „Schlüssel des Erfolgs war, dass alle an einem Strang gezogen haben“, sagte Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU). Wichtig ist für Walter Rogg auch, dass das Land das gesamte Entwicklungskonzept ausgezeichnet habe und die weiteren acht sogenannten Leuchtturmprojekte, die leer ausgingen, als förderwürdig anerkannt habe. Dabei geht es etwa um ein Forschungs- und Entwicklungszentrum für Leichtbau in der Elektromobilität an der Uni Stuttgart oder um das Konzept eines innovativen Gewerbegebiets mit recycelfähigen Gebäuden und Mitfahrzentrale für alle Firmen. „Wir suchen nun andere Wege, um diese Projekte zu verwirklichen“, sagt Rogg.

Zuletzt fühlt sich der WRS-Geschäftsführer durch den Erfolg im Regio-Win-Wettbewerb des Landes um Geld von der EU gut im Kampf gegen den Stau: „Mit dieser Unterstützung können wir Lösungen für unsere Verkehrsprobleme entwickeln.“