Finanzroboter übernehmen die Geldanlage und versprechen eine höhere Rendite als die etablierten Vermögensverwalter. Foto: Mauritius

Die Vermögensverwalter der Milliardsfamilie Quandt gehen neue Wege und bieten ihre Dienste auch „Nicht-Millionären“ an

Frankfurt - Die anhaltende Niedrigzinsphase beschert nicht nur Kleinsparern zunehmend Probleme, sondern sorgt auch dafür, dass sich der Markt der Geldanlage spürbar verändert. Immer mehr „alternative Anbieter“ liefern sich mit den etablierten Kreditinstituten einen Konkurrenzkampf. Sie seien schneller, flexibler und oft auch effektiver, heißt es in der Branche. Nicht zuletzt deshalb hat der Vorstandschef der Commerzbank, Martin Zielke, gefordert, dass seine Bank schneller und effizienter werden soll.

Bei der Kreditvergabe sind es Plattformen, die über das Internet Darlehen von privaten Geldgebern vermitteln. Aber auch bei der Geldanlage machen immer mehr private Alternativen von sich reden. Dabei kommt eine der neueren Entwicklungen wieder einmal aus den USA: Robo-Advisor nennen die Amerikaner solche Internet-Plattformen, denen man sein Geld anvertrauen kann und die eine höhere Rendite versprechen als dies die „etablierten“ Geldhäuser in diesem Zinsumfeld bieten können. Bis zu 9,5 Prozent Wertsteigerung haben diese „Robos“ nach einer Studie im vergangenen Jahr erzielt – auf dem Sparbuch gab es nicht einmal ein halbes Prozent.

Quand-Familie gilt als Vorreiter

Ausgerechnet die Vermögensverwalter der Quandt-Familie gehören zu denen, die zumindest einen ähnlich ungewöhnlichen Weg eingeschlagen haben. Die Erben der beiden Brüder Herbert und Harald Quandt hatten von Anfang an eher ein „Luxusproblem“. Stefan Quandt und Susanne Klatten, die Nachfahren von Herbert Quandt, sind die Großaktionäre von BMW und einiger anderer Unternehmen. Die fünf Töchter von Herberts Halbbruders Harald Quandt setzen auf das Können eines sogenannten Family Offices, früher Feri, heute HQ Trust. Während die Leistungen des erfahrenen Investmentteams bis vor gut einem Jahr hauptsächlich der Familie und wohlhabenden Anlegern zugutekamen, hat HQ Trust nun sein Spektrum erweitert.

Vor gut einem Jahr hat sich HQ Trust mit dem Berliner Wagniskapitalfonds Project A, zwei ehemaligen Bankern und ein paar jungen IT-Spezialisten, zusammengetan und Liqid gegründet: einen digitalen Vermögensverwalter der neuen Generation. Liqid sei nicht wirklich ein Robo-Advisor nach amerikanischem Vorbild, sagt Reinhard Panse von HQ Trust, der für die Investmentstrategie zuständig ist. Grundlage für die Modelle, mit denen das junge Unternehmen arbeitet, seien die Anlagestrategien von HQ Trust – und die haben sich über Jahrzehnte bewährt. Sie werden jetzt mit den neuesten technischen Entwicklungen verknüpft.

Während bei einigen Konkurrenten die Maschinen Entscheidungen weitgehend anhand von Algorithmen treffen, setzt man bei Liqid auf die enge Verbindung zwischen Mensch und Maschine. Als eine der ersten Familien schufen die Quandt-Schwestern professionelle Strukturen für Investments in Aktien, Anleihen und Immobilien. Bereits in den Achtzigerjahren steckten sie ihr Vermögen in Private-Equity-Beteiligungen und Hedgefonds, damals revolutionäre Neuerungen, riskant, aber hochrentabel. Davon können heute auch Anleger mit kleinerem Vermögen profitieren. Der Kunde gibt sein Risikoprofil an und ein Investmentkomitee – bei Liqid die Profis von HQ Trust – entscheidet dann über die jeweils passende Anlagestrategie. Gut 300 Kunden hat Liqid bereits seit September gewinnen können, die im Durchschnitt 300 000 Euro beim Verwalter angelegt haben. „Wenn der Name Harald Quandt dahinter steht, ist das Risiko für mich begrenzt“, sagt ein Kunde.

Digitalisierung macht vor keinem Bereich Halt

Die Kombination von Geldanlage- und Digitalkompetenz ist für viele Wohlhabende verlockend. Bereits 2020 werden 450 Milliarden Dollar von Finanzrobotern verwaltet, prognostizieren Experten. Das wird zu Lasten der Privatbanken und Vermögensverwalter der Großbanken gehen, die sich an die neue Entwicklung anpassen müssen. Die Digitalisierung macht eben vor keinem Bereich Halt. Die Online-Angreifer treffen auf einen geschwächten Gegner. Die seit der Finanzkrise verstärkte Regulierung hat den Privatbanken schwer zugesetzt; einen Teil des Marktes haben sie schon aufgegeben. Neukunden mit weniger als eine Million Euro nehmen Berenberg, die Bethmann Bank, BHF, das Wealth Management der Commerzbank und HSBC Deutschland kaum noch an.

In eben diese Lücke stoßen die Roboter. Zumal ihnen die Technik hilft, die umfangreichen Informationspflichten leichter zu erfüllen. Was bei der Konkurrenz per Anruf mit anschließendem Gesprächsprotokoll abgewickelt wird, läuft bei ihnen per Mail. Aktuell verwalten die bisher 13 aktiven Robo-Advisor nach Branchenschätzungen rund 660 Millionen Euro in Deutschland. Weiteres Wachstum könnten auch die digitalen Angebote bringen, die sowohl die Deutsche Bank als auch die Commerzbank in diesem Jahr starten wollen.