Die Zeit der Überbelegung von Flüchtlingsunterkünften ist vorerst vorbei. Foto: dpa

Die Landräte und Oberbürgermeister sehen sich bei den Finanzverhandlungen vom Land hingehalten. Sie fordern eine schriftliche Garantie. Wohin mit leer stehenden Unterkünften?

Stuttgart - Die Stadt- und Landkreise sehen ihren massiven Einsatz für die vorläufige Unterbringung von Zehntausenden Flüchtlingen vom Land nur unzureichend honoriert. „Wir sind mit der Lage überhaupt nicht zufrieden“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, Eberhard Trumpp, unserer Zeitung. Zwar habe das Land die Millionenausgaben der Kommunen in 2015 und 2016 mit einer Pauschalzahlung vorerst abgegolten. Doch das grün-schwarze Versprechen, ihnen später die tatsächlich angefallenen Ausgaben zu erstatten, sei auch nach gut einjähriger Verhandlung noch nicht eingelöst. „Das Geld muss endlich fließen“, so Trumpp. Die Kommunen verlangten von Innenminister Thomas Strobl (CDU) nun eine schriftliche Garantie.

Strobl hat dieses Versprechen den Landräten gegenüber zwar erst jüngst auf deren Treffen in Donaueschingen mündlich erneuert. Doch vor weiteren Schritten will er zunächst an diesem Dienstag dem Ministerrat Bericht erstatten. Dabei wird auch zur Sprache kommen, dass die vom Land zugesagte punktgenaue Abrechnung nach seiner Ansicht wohl eine Gesetzesänderung erfordert. Das Flüchtlingsaufnahmegesetz sieht nämlich Pauschalen vor. Doch die Zahlung von rund 13 700 Euro pro Flüchtling für 18 Monate hat offenbar nur in wenigen Stadt- und Landkreisen ausgereicht. „Allein für 2015 fehlen uns 7,5 Millionen Euro“, klagt etwa der Esslinger Landrat Heinz Eininger. Mittlerweile habe er dadurch im Kreishaushalt ein „echtes Liquiditätsproblem“, so der CDU-Mann gegenüber unserer Zeitung. Die Kosten drücken vor allem jene Kreise, die wegen der gut laufenden Konjunktur nur über wenige leer stehende Unterkünfte verfügten. Im Rahmen der „vorläufigen Unterbringung“ haben sie auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise für viel Geld Container gekauft, Hallen gemietet, Sozialarbeiter eingestellt und Sicherheitskräfte engagiert.

Stadt- und Landkreise, die zahlreiche eigene Unterkünfte belegen konnten, kamen mit der Pauschale hingegen besser weg. Diese werden im Fall einer „Spitzabrechnung“, wie die punktgenaue Methode im Verwaltungsdeutsch heißt, unter Umständen Geld ans Land zurückzahlen müssen. Im Zollernalbkreis zum Beispiel blieben die Pauschalen laut dem Landrat Günther-Martin Pauli über den Kosten. Dennoch herrsche unter seinen Kollegen Einigkeit, dass es gerecht zugehen solle, sagt der CDU-Mann: „Die kommunale Familie muss solidarisch gegenüber dem Land auftreten, auch wenn in Einzelfällen wie bei uns mit Rückforderungen zu rechnen ist.“

Manche müssen Geld zurückzahlen

Mehr als eine Handvoll werden das ohnehin nicht sein, heißt es beim Landkreistag. Das Land werde bei der Abrechnungsreform am Ende drauflegen. Wie viel? Das ist wohl noch nicht ausverhandelt. „Es geht um einen hohen dreistelligen Millionenbetrag für 2015“, heißt es bei den kommunalen Spitzenverbänden. Für 2016 hätten die Kommunen für die vorläufige Unterbringung sogar einen Erstattungsanspruch von rund 1,5 Milliarden Euro, sagte kürzlich der Grünen-Abgeordnete Daniel Lede Abal im Landtag. Der Streitwert ist also erheblich. Strobl hat den Landräten und Oberbürgermeistern zugesichert, sich in Regierung und Landtag für eine Gesetzesänderung einzusetzen. Ferner wollte er mit der Finanzministerin Edith Sitzmann über den Kostenrahmen reden.

Wie kommt man vorzeitig aus Verträgen?

Die Stadt- und Landkreise stehen aber noch vor einem weiteren Problem: Da in den letzten Monaten die Zahl der Flüchtlinge drastisch zurückgegangen ist, sind viele der Unterkünfte nur noch schwach belegt. Die Kosten für Mieten und Personal hingegen fallen weiterhin an. So verfügt der Landkreis Esslingen laut Eininger derzeit noch über 6000 Plätze, will diese aber bis 2020 auf 1400 dauerhafte und 1400 Plätze in Bereitschaft abbauen. „Wir haben Fixkosten, die nicht erstattet werden“, sagt Gerhard Mauch vom Städtetag. Deshalb versuchen derzeit viele Landräte, ihre Verträge vorzeitig aufzulösen. Dies würde allerdings Schadenersatzzahlungen nach sich ziehen. Die Frage sei, ab wann es sich trotzdem lohnt, diesen Weg zu gehen, heißt es. Dazu erarbeiten die Kreise nun ein Rechenmodell.

Ein Teil des nicht mehr benötigten Personals könnte nach Vorstellung der Kommunen als sogenannte Integrationsmanager arbeiten. Tausend solcher Stellen haben Land und Kommunen jüngst im Rahmen des Integrationspakts verabredet, bei dem das Land den Gemeinden für die nächsten beiden Jahre 320 Millionen Euro zugesichert hat. Davon profitieren allerdings nur solche Flüchtlinge, die ein Bleiberecht haben und dauerhaft in Gemeinden wohnen dürfen. Integrationsmanager sollen diese beraten und begleiten.