Der ehemalige NBA-Spieler Arvydas Sabonis (links) leitet inzwischen eine der rund 60 Basketballschulen in Litauen. Foto: AFP

Die MHP Riesen Ludwigsburg müssen im Achtefinale Champions-League gegen das litauische Topteam BC Neptunas Klaipeda antreten. Der Basketball hat in Litauen viel Historisches geschafft, wie auch der Blick auf Neptunas verdeutlicht.

Ludwigsburg - Litauen befindet sich im Aufwind. Zumindest touristisch betrachtet. Das Fremdenverkehrsamt braucht sich um Gäste keine großen Sorgen zu machen, nachdem sich die Hauptstadt Vilnus in den vergangenen Jahren hübsch herausgeputzt hat. Auch im Sport ist das kleine Land mit seinen rund drei Millionen Einwohnern längst kein Geheimtipp mehr, zumindest nicht im Basketball. Da zählen die Balten seit Jahren zur Weltspitze, ganz im Gegensatz zu Deutschland. Das lässt auf den ersten Blick nichts Gutes erahnen für die MHP Riesen Ludwigsburg, die an diesem Mittwoch (20 Uhr) im Achtelfinale der Champions League auf den litauischen Vertreter BC Neptunas Klaipeda treffen. Der hatte sich übrigens als einer der besten Gruppenzweiten direkt für die Runde der letzten 16 qualifiziert, während die MHP Riesen mit zwei Siegen gegen Rishon aus Israel erst in der Qualifikationrunde erfolgreich waren.

Die beste Defensive kommt nach Ludwigsburg

Dennoch braucht der Bundesligist sich nicht zu verstecken, wenn man bedenkt, dass aus seiner Vorrundengruppe gleich noch drei weitere Clubs (AEK Athen, Besiktas Istanbul und Sassari) das Achtelfinale erreicht haben und Partizan Belgrad nur wegen eines Korbes gescheitert ist.

Der Riesen-Trainer John Patrick sagt im Vorfeld: „Wir können uns auf eine sehr disziplinierte und starke Mannschaft einstellen. Neptunas hat bisher mit die beste Defensive im Wettbewerb.“ Die Litauer können dabei auf einen großes Reservoir an Talenten zurückgreifen. Das liegt auch daran, dass dieser Sport die Nummer eins ist und sogar ein wenig den Kampf um die Unabahängigkeit des Landes verkörpert hat. Das tat vor allem das Spitzenteam Zalgiris Kaunas in den Duellen mit ZSKA Moskau, dem mächtigen Militärsportclub Russlands. Die drei Titel vor der Unabhängigkeit (1985 bis 87) waren eine Demonstration der Stärke. Angeblich sollen es diese Finals gewesen sein, die das Volk zur Reformbewegung Litauens animiert haben. Die hatte als Ziel, den friedlichen Kampf zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre.

NBA-Spieler Sabonis treibt den Aufschwung voran

Was sich dann auch auf dem Court niedergeschlagen hat – mit gleich drei Bronzemedaillen in Folge bei Olmypischen Spielen 1992, 1996 und 2000. Maßgebend dazu beigetragen hat die Basketball-Legende Arvydas Sabonis, der nach Gold 1988 in Seoul (noch mit Russland) nach der Selbstständigkeit seines Heimatlandes in Barcelona und Atlanta Dritter wurde. Inzwischen leitet der ehemalige NBA-Profi eine der rund 60 Basketballschulen des Landes, die für sprudelnden Nachwuchs sorgen.

Seine Karriere ließ Sabonis in Kaunas ausklingen, der Basketball-Hauptstadt des Landes (nicht Vilnus). Der Verein gehört zum festen Bestandteil der Euroleague, der Königsklasse in Europa, während die namentliche Champions League so etwas wie die untergeordnete Europa League im Fußball darstellt. „Ein kleines Land will immer zeigen: Hey, uns gibt es auch!“, hatte Sabonis als EM-Botschafter seines Landes im Vorfeld der Titelkämpfe 2015 gesagt.

Der Verein ist ein Publikumsmagnet

Sein Sohn schlüpfte bereits in die großen Fußstapfen und spielt in der NBA bei den Oklahoma City Thunders. Damit kann Klaipeda nicht aufwarten, der aktuell Sechste der nationalen Liga LKL weist andere Vorzüge auf. In den vergangenen beiden Jahren hatte es die meisten Zuschauer der Liga und bei internationalen Spielen war die 6000 Zuschauer fassende Svyturio-Arena zu 98 Prozent ausgelastet. „Weil wir viele einheimische Spieler haben, kämpfen die nicht nur um Verträge, sondern auch für die Stadt und Litauen“, sagt der Club-Boss Osvaldas Kurauskas zu der unglaublichen Identifikation der Fans mit den Profis. „Wenn in der Nationalmannschaft Spieler von uns sind, versuchen wir, sie im Verein zu halten“, sagt der Ex-Profi aus Klaipedas, der drittgrößten Stadt des Landes. So stehen im Kader nur drei US-Boys: Jerai Grant (Sohn von Ex-NBA-Profi Harvey Grant) sowie die neu verpflichteten Daniel Ewing und Chris Lofton.

Die Erfolge des Clubs machen hungrig. „Inzwischen ist es fast ein Muss, in einem europäischen Wettbewerb zu spielen“, so der Club-Boss, nachdem sein Team 2014/15 sogar an der Euroleague teilgenommen und dabei so namhafte Teams wie Olympiakos Piräus besiegt hat. Zumindest zu Hause. Ludwigsburg muss sich also spätestens beim Rückspiel in einer Woche warm anziehen – nicht nur wegen der niedrigeren Temperaturen als beim letzten Auswärtsspiel in Israel mit 25 Grad.