Im Copino findet der erste Carrotmob in Stuttgart statt: Inhaberin Bozena Ewertowski (links) war sofort begeistert, als Patrizia Strupp (rechts) ihr das Konzept vorstellte. Foto: Peter-Michael Petsch

Am Samstag findet der erste Carrotmob statt – Ein Laden für sein umweltfreundliches Handeln belohnt.

Stuttgart - Die Formen des Protests sind vielfältig. Demonstrationen, Boykotte oder in letzter Zeit auch das wilde Zelten an symbolträchtigen Orten. Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt. Nun möchten sechs junge Stuttgarter mit einem Carrotmob auf die Themen Unternehmensverantwortung und Wirtschaftsethik aufmerksam machen.

Die erste Aktion dieser Art in Stuttgart wird von der hiesigen Gruppe von Sneep organisiert, einem bundesweiten studentischen Netzwerk, das sich für mehr Ethik in der Wirtschaft einsetzt. „Wir müssen oft erklären, was ein Carrotmob überhaupt ist“, sagt Patrizia Strupp (30), Mitglied bei Sneep Stuttgart und Initiatorin der Aktion.

Geschäfts für richtiges Handeln belohnen

Sie erklärt: Beim Carrotmob wird das Prinzip des Boykotts ins Gegenteil verkehrt. Anstatt ein Unternehmen für falsches Handeln zu bestrafen, sollen Geschäfte für richtiges Handeln belohnt werden. Die Organisatoren des Carrotmobs suchen sich einen Laden aus und rufen öffentlich dazu auf, an einem bestimmten Tag dort einzukaufen. Im Gegenzug erklärt sich der Inhaber dazu bereit, einen festgelegten Anteil des Umsatzes an diesem Tag in klimaschonende und umweltfreundliche Maßnahmen in seinem Geschäft zu investieren. So viel zur Theorie.

Der erste Stuttgarter Carrotmob findet am Samstag im Copino, Gutenbergstraße 70, statt. In dem Laden gibt es Kleidung mit Biosiegel, Weine aus der Region und fair gehandelte Produkte aus aller Welt. Wie bei einem Carrotmob üblich, wurden im Vorfeld die Bedingungen schriftlich fixiert.

„Wir haben mit Sneep ausgemacht, dass wir zwischen 20 und 30 Prozent des Umsatzes am Samstag für klimaschonende Maßnahmen einsetzen“, sagt Bozena Ewertowski, die Inhaberin des Copino. Konkrete Ideen dafür hat sie schon: Ein neuer Kühlschrank müsse schon lange her, der alte ist eine Spende gewesen und frisst Unmengen Strom. Auch eine Folie für das Schaufenster soll angeschafft werden. „Viele Klamotten sind durch die Sonne schon kaputtgegangen“, sagt Ewertowski. Eine zusätzliche Isolation biete so eine Folie außerdem.

„Das ist etwas Außergewöhnliches“

An einem normalen Samstag erzielt das Copino einen Umsatz zwischen 500 und 700 Euro. 2000 Flyer hat das Sneep-Team schon verteilt – es hofft auf die Verdopplung des Verkaufs. Die Mitglieder von Sneep sind von dem Konzept überzeugt: „Das ist etwas Außergewöhnliches“, sagt Strupp. Sonst organisiert Sneep Vorträge und Seminare, um die Menschen auf das Thema Ethik in der Wirtschaft aufmerksam zu manchen. Mit dem Carrotmob wollen die Studenten etwas Neues wagen. „Wir sind gespannt, wie viele Leute kommen werden“, sagt Strupp.

Das Wort Carrotmob ist aus dem englischen Schlagwort „Carrots and Sticks“, zu Deutsch „Zuckerbrot und Peitsche“, entstanden. Bei der Aktion soll mit der „Carrot“ gelockt anstatt mit dem „Stick“ bestraft wird. Die Wortschöpfung lässt es erahnen: Die Grundidee der Carrotmobs stammt aus den USA, genauer aus San Francisco. Hier fand in einem Supermarkt am 29. März 2008 der erste Carrotmob statt, organisiert von Ideengeber Brent Schulkin. Seitdem fanden weltweit über 200 solcher Aktionen statt.

„Ein Geben und Nehmen“

Dass diese durchaus von Erfolg gekrönt sein können, beweist die Bilanz des vierten Freiburger Carrotmobs vom 2. Juli vergangenen Jahres: 1200 Euro sind im Vitamin-Basar in der Habsburger Straße zusammengekommen – 100 Prozent davon werden in Energiesparmaßnahmen investiert.

„Es ist ein Geben und Nehmen“, sagt Strupp. Die Menschen, die an dem Carrotmob teilnehmen, setzten sich für eine gute Sache ein und für das Geschäft sei die Aktion quasi kostenlose Werbung. Das weiß auch Bozena Ewertowski zu schätzen: „Natürlich nutzen wir das auch als Möglichkeit, mehr Menschen in der Stadt unseren Laden und unser Sortiment vorzustellen.“