Nach dem Schulwegplan muss künftig jede Schule ab Klasse 5 einen Radschulwegplan erstellen – zum Verdruss mancher Rektoren. Foto: dapd

Das Land will erreichen, dass mehr Schüler mit dem Rad in die Schule kommen – und das möglichst sicher. Schulen sollen dazu bis zu den Sommerferien Pläne über die besten Strecken erstellen. Die Begeisterung hält sich in Grenzen.

Stuttgart - Wie viele Schüler sich jeden Morgen per Rad auf den Schulweg machen, weiß leider niemand. Entsprechend fehlen auch konkrete Unfallzahlen. Dem Polizeibericht ist nur zu entnehmen, dass es im vergangenen Jahr auf den Schulwegen im Land zu 640 Verkehrsunfällen mit verletzten Schülern kam. Das entspricht einer Zunahme gegenüber dem Vorjahr um 9,6 Prozent.

Viel zu viel, findet die grün-rote Landesregierung und hat beschlossen, etwas dagegen zu unternehmen. Radschulwegeplan heißt das Zauberwort, das den Schulweg nicht nur sicherer machen, sondern den Schülern zugleich das Fahrrad als umweltfreundliches Fortbewegungsmittel ans Herz legen soll. Bis Ende dieses Schuljahres muss jede weiterführende Schule (Haupt-, Werkreal-, Realschule, Gymnasium) in Abstimmung mit der jeweiligen Kommune und Polizeidienststelle einen solchen Plan vorliegen haben, um ihn Schülern bzw. deren Eltern an die Hand zu geben. So steht es in einem Erlass des Innenministeriums.

Der Radschulwegplan orientiert sich am bereits verpflichtenden Schulwegplan. Dieser zeigt die sichersten Wege von und zum Schulgebäude auf. „Im Wesentlichen geht es um Dinge wie Beleuchtung, die Breite der Gehwege und sichere Übergänge“, erklärt Karl Binder aus dem Polizeilichen Verkehrsreferat des Innenministeriums. „Wir erwarten uns dadurch einen merklichen Rückgang der Unfallzahlen.“ Nachdem das Erstellen solcher Pläne schon seit zwei Jahren „motivierend empfohlen wird“, macht das Ministerium nun Ernst. Sämtliche Schulen wurden mehrfach auf die Frist bis zu den Sommerferien aufmerksam gemacht. Bis dahin müssen die Pläne stehen.

Nett gemeint, aber

Doch viel passiert ist bislang nicht, wie Binder aus ersten Rückmeldungen erfahren hat. Denn die Begeisterung für die Aktion sicherer Schulweg hält sich bei Lehrern und Rektoren in Grenzen. „Radschulwegpläne sind nett gemeint, sie bedeuten aber auch einen weiteren Akt von Bürokratie“, kritisiert Michael Gomolzig vom Verband Bildung und Erziehung (VBE). Der Rektor einer Grund- und Hauptschule in Remshalden sieht sich schon heute einer Vielzahl an Aufgaben gegenüber, die mit dem eigentlichen Schulbetrieb nichts zu tun haben. „Evaluationen hier, Datenschutz da, Kriseninterventionspläne dort – das läuft alles nebenher. Die Ordner werden immer dicker.“

Prinzipiell findet er es gut, wenn Schüler (sicher) mit dem Rad zur Schule kommen – wenn sie es denn tun. Beliebtestes Transportmittel gerade für die Kleinen sei aber nicht das Fahrrad, sondern das Elterntaxi. Insofern hält er einen General-Erlass für sämtliche Schulen für überzogen. „Und als Nächstes müssen wir dann einen Fahrrad-Beauftragten abstellen?“, fragt er spöttisch.

Doro Moritz von der Lehrergewerkschaft GEW sieht die Radschulwegpläne ein bisschen weniger kritisch. „Es verunglücken tatsächlich viele Kinder auf dem Schulweg, insofern halte ich die Maßnahme für sinnvoll“, sagt sie. Aber auch nur dort, wo tatsächlich Fahrrad gefahren wird, nämlich hauptsächlich in der Stadt. „Ansonsten ist der Aufwand bei immer kleiner werdenden Ressourcen sicher zu groß.“