31 Soldaten aus Heumaden sind im Zweiten Weltkrieg gefallen, 16 galten als verschollen. Details zum gestorbenen Walter Manßhardt gibt es in unserer Fotostrecke. Foto: dpa

Zwei Wochen vor dem ersten Advent wird am Volkstrauertag der Kriegsopfer gedacht – auch in Heumaden und Plieningen. Eine Tradition, mit der jüngere Leute offenbar nicht mehr viel anfangen können. Dabei ist das Thema aktueller denn je

Filder - Der Walter soll ein Wilder gewesen sein. Das hat Klaus Manßhardt aus dem herausgehört, was ihm die anderen über seinen Onkel erzählt haben. Der heute 64-jährige Friseur aus Heumaden hat den Mann, dem er seinen zweiten Vornamen Walter zu verdanken hat, nie persönlich kennengelernt. Walter Manßhardt ist im Alter von 20 Jahren im Krieg gefallen, sein Neffe Klaus wurde 1951 geboren.

31 Heumadener sind gefallen

Walter Manßhardt war einer von 31 Soldaten aus Heumaden, die den Zweiten Weltkrieg nicht überlebt haben. Bei einem Fliegerangriff 1944 kam zudem das Ehepaar Jakob Karl und Rosine Marie Dreizler ums Leben, 16 Heumadener galten als vermisst, 23 als kriegsversehrt. All dieser Menschen wird traditionell am Volkstrauertag – zwei Wochen vor dem ersten Advent – gedacht. Entsprechende Feiern gibt es bundesweit, so auch in Heumaden und in Plieningen. Organisiert werden Letztere vom jeweiligen Ortsverband des Sozialverbands VdK (die Termine finden sich am Textende).

Für Klaus Manßhardt ist die Gedenkfeier am Ehrenmal auf dem Alten Friedhof ein fester Termin. „Ich geh’ da gern hin.“ Wegen seines Onkels, aber auch „einfach wegen der Erinnerung“, sagt der Heumadener. „Da steht man dann eine halbe Stunde und kann sich Gedanken machen.“ Er möchte sich selbst immer wieder darauf besinnen, wie schlimm Kriege sind.

So wie Klaus Manßhardt geht es offenbar immer weniger Leuten, der Altersdurchschnitt bei den Feiern ist entsprechend. Vielleicht, weil der Krieg für die Jüngeren kaum mehr als ein Kapitel im Geschichtsunterricht ist. Für Brigitte Jegler ist der Krieg „kein Thema, das nur in die Vergangenheit gehört“. Die 61-Jährige ist die Vorsitzende des VdK-Ortsverbands Heumaden. Krieg und Vertreibung seien ja aktueller denn je. Brigitte Jegler spielt damit auf den Flüchtlingsstrom an. Seit zwei Jahren organisiert sie die Gedenkfeier am Volkstrauertag. Aus Überzeugung. „Ich bin beeindruckt, was für eine Tradition der Volkstrauertag in Heumaden hat“, sagt sie. Vergangenes Jahr seien um die 100 Leute auf den Friedhof gekommen. Wobei das Gros der Besucher stets dieselben seien.

Dürftiges Interesse in Plieningen und Birkach

Dass 100 Leute zur Gedenkfeier kommen, davon träumt Martin Landwehr höchstens. Der Birkacher sitzt dem VdK-Ortsverband Plieningen-Birkach vor. Das Interesse an der Feier nennt er „dürftig“. Zwischen fünf und 20 Menschen würden teilnehmen, die meisten seien im fortgeschrittenen Alter. „Ich weiß nicht, ob junge Leute überhaupt gern zum Friedhof gehen“, sagt Martin Landwehr.

Der 70-Jährige lässt sich vom geringen Zuspruch nicht verdrießen. „Die Gedenkfeier am Volkstrauertag ist Tradition und soll auch nicht fallengelassen werden“, sagt er. Notgedrungen musste der VdK dennoch Abstriche machen. Früher ist der Kriegsopfer sowohl in Birkach als auch in Plieningen gedacht worden. Weil sich aber nicht mehr für beide Orte Musikanten fanden, wird seit vergangenem Jahr abgewechselt. In diesem Jahr ist Plieningen dran.

Gar nicht gefeiert wird in Degerloch. Rolf Zimmermann, Vorsitzender des dortigen VdK-Ortsverbands, führt dies darauf zurück, dass es kein Denkmal gibt. Für ihn ist der Volkstrauertag dennoch „sehr wichtig“. Er werde dieses Jahr auf den Waldfriedhof gehen. Der liegt zwar auf Degerlocher Gemarkung, bei der Feier stehen aber nicht die Degerlocher Kriegsopfer im Mittelpunkt. So oder so, „man sollte an diese Leute denken“, sagt Rolf Zimmermann und meint die Gefallenen. Sie hätten ihr Leben „für ein bitterböses Regime“ hergegeben.

Heumadener Schicksale

So wie Walter Manßhardt aus Heumaden. 72 Jahre nach dessen Tod steht Klaus Manßhardt vor einem Schwarz-Weiß-Porträt seines Onkels in Soldatenuniform. Das Foto ist Teil einer kleinen Ausstellung im evangelischen Gemeindehaus in Alt-Heumaden.

Der Pfarrer Norbert Dieterich hat die Bilder aufgehängt – wie schon vor acht Jahren. „Ich dachte, 70 Jahre nach Kriegsende kann ich die Bilder noch mal rausholen.“ Zu sehen ist ungefähr ein Dutzend Porträts von Heumadenern, die damals ihr Leben gelassen haben. Daneben Feldpostbriefe und eine Chronik, die die Vorkommnisse im Ort beschreibt. Arg viel mehr, als da zu lesen ist, weiß Klaus Manßhardt auch nicht. „Über den Krieg ist bei uns nie viel gesprochen worden.“ Nur, dass der Walter wild gewesen sein soll, wurde erzählt.

Der Volkstrauertag

Den Volkstrauertag gibt es seit 1926; seit 1952 gehört er zu den staatlichen Gedenktagen. Am Volkstrauertag wird der Kriegstoten und Opfer von Gewaltherrschaft aller Nationen gedacht. Ursprünglicher Anlass waren die im Ersten Weltkrieg rund zwei Millionen gefallenen Deutschen.

Der VdK – der vielerorts Feiern zum Volkstrauertag organisiert – ist 1950 gegründet worden als Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands. Er vertritt die sozialpolitischen Interessen beispielsweise von Behinderten, Rentnern und Kriegsopfern.

Termine in Heumaden, Plieningen und Asemwald

In Heumaden ist die Gedenkfeier am 14. November, 16 Uhr, auf dem Alten Friedhof, in Plieningen ist sie am 15. November, 9 Uhr, am Ehrenmal vor der Martinskirche. In der Asemwald-Kapelle ist am 15. November, 19 Uhr, ein Konzert mit Roman Maslennikov (Bariton) und Nadja Bauer (Klavier)