Der Bundestag hat der Opfer des Anschlags von Berlin gedacht. Berlin - Bundestagspräsident Norbert Lammert hat Besonnenheit, aber auch Konsequenzen gefordert. Foto: dpa

Vor gut einem Monat hat der islamistische Lkw-Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin Deutschland erschüttert. Beim Gedenken im Bundestag an die Opfer fordert Präsident Lammert Konsequenzen.

Berlin - Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat einen Monat nach dem islamistischen Anschlag von Berlin eine besonnene und konsequente Reaktion des Staates angekündigt. Die Erkenntnisse über den als Gefährder bekannten Attentäter „zwingen uns, die Sicherheitsarchitektur in unserem Land zu überdenken“, sagte Lammert am Donnerstag in einer Gedenkrede im Bundestag.

Zugleich warnte er, Menschen wegen ihrer Herkunft oder Religion in Sippenhaft zu nehmen „für terroristische Gewalt, vor der sie vielfach selbst geflohen sind“. Die Muslime rief er auf, sich mit „dem verhängnisvollen Zusammenhang von Glaube und fanatischer Gewalt“ auseinanderzusetzen.

Lammert: Bürger dürfen zu Recht Schutz erwarten

An der Gedenkveranstaltung des Parlaments nahmen auch Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vertreter jener Staaten teil, aus denen die Opfer des Attentats stammten.

Der islamistische Attentäter Anis Amri war am 19. Dezember mit einem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gerast und hatte zwölf Menschen getötet. Etwa 50 wurden teils schwer verletzt. Wenige Tage nach dem Anschlag wurde der 24-jährige Tunesier auf der Flucht von der Polizei bei Mailand erschossen.

Lammert sagte, die Bürger erwarteten zu Recht vom Staat und seinen Institutionen, dass er sie schütze: „Er hat seine Handlungsfähigkeit auch und gerade unter der islamistischen Terrorgefahr zu beweisen.“ Die Politik dürfe dabei aber nicht „vortäuschen, einem unkalkulierbaren Gegner mit scheinbar einfachen Mitteln begegnen zu können“. Nun müssten organisatorische Fehler und strukturelle Schwächen auf allen staatlichen Ebenen aufgeklärt und die Konsequenzen daraus gezogen werden.

Der Bundestagspräsident bemängelte, der Rechtsstaat habe im Fall Amri seine Mittel nicht ausgeschöpft. Nun müsse darum gerungen werden, „wie wir die schwierige Balance zwischen Sicherheitsanspruch und Freiheitsversprechen halten wollen“.

Muslime müssten sich ihrer Religion auseinandersetzen

Die Muslime im Land rief Lammert zur Auseinandersetzung mit ihrer Religion auf. Als Staat, der Religionsfreiheit als Menschenrecht garantiere, „dürfen und müssen wir die Auseinandersetzung der Muslime mit ihrer Religion und dem verhängnisvollen Zusammenhang von Glaube und fanatischer Gewalt mit Nachdruck einfordern“, sagte er. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime habe dies nach dem Anschlag beispielhaft getan. „Auch das verdient Respekt und Anerkennung.“

Neben rechtsstaatlicher Härte verlangte der Bundestagspräsident eine politische Auseinandersetzung mit dem Terrorismus: „Terror ist nie religiös, Terror ist politisch - und die Antwort darauf muss auch politisch sein.“ Zugleich unterstrich er: „Wir bekämpfen nicht den Islam, sondern Fanatismus, nicht Religion, sondern Fundamentalismus.“ Dies gelte unter dem Eindruck des Terrors in Deutschland genauso wie nach den Anschlägen in den europäischen Nachbarländern.

Lammert lobte die Bürger für ihre besonnene Reaktion auf den Anschlag. „Die Bevölkerung reagiert mit bemerkenswerter Besonnenheit auf den Terror. Sie demonstriert damit eindrücklich, sich ihr Leben nicht von Drohungen und nicht von Angst diktieren lassen zu wollen“, sagte er.