Mit einem Gläschen Sekt haben die Anwesenden auf die Inbetriebnahme von Rosensteintunnel und Eisenbahnbrücke vor 100 Jahren angestoßen. Foto: Georg Linsenmann

Am 25. November 1915 sind der Rosensteintunnel und die Eisenbahnbrücke in Betrieb genommen worden. Das wurde 100 Jahre später gefeiert. Für die Zukunft der bald aufgrund von Stuttgart 21 nicht mehr benötigten Brücke gibt es Visionen.

Bad Cannstatt - Der hundertste Geburtstag der einst größten Betonbrücke der Welt sollte nicht sang- und klanglos in einem trüben Herbsttag versurren. Also wurde, angeführt von Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler, vor Ort, an der Mini-Balustrade überm Eingang des Rosensteintunnels, der ebenfalls am 25. November 1915 in Betrieb genommen wurde, mit einem Gläschen Sekt auf den Geburtstag der Bauwerke angestoßen.

Vorneweg stellte Hermann Gökeler die Bedeutung des einstigen Brückenschlages über den Neckar in einen weiträumigen historischen Zusammenhang: „Diese Brücke war ein wesentlicher Entwicklungsschritt für die Eisenbahn und für Württemberg insgesamt.“ Mit den erstmals vier Gleisen über den Neckar verbindet Gökeler eine weitere Pioniertat: „Die Viergleisigkeit war auch der Einstieg in den heutigen öffentlichen Nahverkehr. Darüber hinaus war der Betrieb mit den Roten Heulern der Württembergischen Zentralbahn auch der Einstieg in den Taktverkehr.“

„Auf keine Fall abreißen“

Was aber soll mit der Rosensteinbrücke geschehen, wenn sie im Zuge von Stuttgart 21 dereinst nicht mehr für den Eisenbahnverkehr gebraucht wird? Dazu hat der Cannstatter Bezirksbeirat Peter Mielert (Grüne) eine klare Position: „Auf keinen Fall abreißen!“ Stattdessen wirbt er vehement für eine „Nachnutzung“ der 16 Meter breiten und 320 Meter langen Brücke, in Verbindung mit dem 350 Meter langen Tunnel. Mielert schwebt ein „Brückenschlag“ vor: „Mit einem durchgehenden Fuß- und Radweg, der vom heutigen Bahngelände und dem Rosenstein-Quartier bis zum Cannstatter Bahnhof sowie zu den Veranstaltungsstätten im Neckarpark führt“.

Das als technisches Baudenkmal unter Schutz stehende Bauwerk selbst soll parkähnlich umgestaltet werden. Für die Details hat sich Mielert eine Menge Anregungen von Umwidmungen von Brückenwerken in Frankreich und den USA geholt. Beispielsweise könnte ein Gleis teilweise belassen werden: für eine Draisine etwa oder für Eisenbahnwaggons, die als „Nostalgische Cafés“ dienen könnten. Mielert imaginierte etwa Marktgelegenheiten mit lokalen Produkten und Flöhmärkte, Baumpflanzungen, Blumen- und Kräuterbeete. Er fasste zusammen: „Auf dieser Brücke könnte eine Art Park von hoher Aufenthaltsqualität entstehen, eine richtige Attraktion für ganz Stuttgart.“ Und zur Attraktion könnte auch der Tunnel werden: als lebendige Club-Szene, bei der auch die Stuttgart 21 geopferte „Röhre“ Wiederauferstehung feiern könnte.

Die Brücke ist in gutem Zustand

Auf seiner Seite weiß Mielert neben zahlreichen Unterstützern auch auf politischer Ebene, darunter Oberbürgermeister Fritz Kuhn, die Denkmalschutzbehörden: „Unsere Überlegungen zum Erhalt und zum Umbau werden ausdrücklich unterstützt. Das haben wir schriftlich“, betonte der Brücken-Fan. Die Brücke selbst sei laut Bahn AG „in einem sehr guten Zustand, hat keine Baumängel und ist somit für zukünftige Nutzungen geeignet“.

Derzeit wird das Projekt zur Umwidmung der Brücke am Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen der Universität Stuttgart geprüft: hinsichtlich technischer Aspekte, aber auch mit Blick auf die eventuellen Kosten. Eines machte Mielert dabei auch klar: „Ein Abriss über der Bundesstraße und dem Neckar wäre sehr, sehr teuer.“ Sein Schluss: „Da sollte man doch lieber in eine neue Attraktion für die ganze Stadt investieren. Das wäre ein starker Brückenschlag in die Zukunft.“