Indien wird China in einigen Jahren vom Platz des bevölkerungsreichsten Landes verdrängen. Foto: EPA

Weltweit sinkt die Geburtenrate – auf 2,5 Kinder pro Frau. Aber in Baden-Württemberg legt sie allmählich zu. Mit 1,51 Kindern klettert die Geburtenrate im Südwesten auf ein Niveau von Mitte der 70er Jahre.

Stuttgart - Statistiken über die Bevölkerung sind grausam, da sie Personen auch kurzerhand mal halbieren. Also: Im weltweiten Durchschnitt bringt eine Frau 2,5 Kinder zur Welt, wie die Stiftung Weltbevölkerung in Hannover am Montag passend zum Weltbevölkerungstag an diesem Dienstag mitteilte. Damit hat die Gebärfreudigkeit deutlich abgenommen, denn im Zeitraum von 1990 bis 1995 brachten die Frauen im globalen Durchschnitt noch drei Kinder zur Welt. Die Weltbevölkerung – derzeit leben 7,55 Milliarden auf dem Planeten – nimmt langsamer zu, aber jedes Jahr kommen immerhin noch 80 Millionen neue Erdenbürger hinzu.

Nach Vorausberechnungen der UN werden 2050 rund 9,8 Milliarden Menschen auf der Erde leben, 2100 könnten es sogar 11,2 Milliarden werden. Wer die Grafiken der Stiftung Weltbevölkerung betrachtet, sieht beeindruckende Verschiebungen: Indien wird China bis 2024 als bevölkerungsreichstes Land der Erde ablösen. Während Chinas Bevölkerung altert und von 1,4 auf 1,36 Milliarden zurückgeht, wird Indiens Einwohnerzahl von 1,34 Milliarden auf 1,66 Milliarden ansteigen. Bis 2050 dürfte Nigeria die USA als Land mit der drittgrößten Bevölkerung der Welt verdrängen. Ein wichtiger Faktor des Bevölkerungswachstums ist die steigende Lebenserwartung. Die Zahl der Menschen über 60 Jahre wird sich laut UN von heute knapp einer Milliarde auf 3,1 Milliarden im Jahr 2100 mehr als verdreifachen. Möglich ist das vor allem durch den medizinischen Fortschritt.

Afrikas Bevölkerung wird sich bis 2050 verdoppeln

Die Stiftung Weltbevölkerung – 1991 von zwei Unternehmern in Hannover gegründet – setzt sich für das Recht auf Familienplanung ein. Und das, so ist ihre Ansicht, kommt in Kontinenten wie Afrika zu kurz. Auch in Afrika sei die Kinderzahl pro Frau rückläufig, aber aktuell im Kontinentdurchschnitt sei sie mit fünf Kindern pro Frau noch sehr hoch. „Es ist bedauerlich, dass vor allem Frauen im Afrika südlich der Sahara mehr Kinder bekommen, als sie eigentlich möchten“, sagt Stiftungs-Geschäftsführerin Renate Bähr. Nur jede zweite Afrikanerin, die eine Schwangerschaft verhüten möchte, habe auch die Möglichkeit das wirklich zu tun. Das führe dazu, dass sich die Bevölkerung Afrikas bis 2050 von heute einer Milliarde auf 2,2 Milliarden wohl mehr als verdoppeln werde. Aber die Entwicklung in den Ländern ist unterschiedlich: In Äthiopien, Ruanda, Malawi und Dschibuti ist die Geburtenrate stark gesunken, in ärmeren Staaten wie Niger, Somalia oder der Demokratischen Republik Kongo ist sie auf hohem Niveau zwischen 6,4 bis 7,1 Kind pro Frau.

Baden-Württemberg legt zu – aber es reicht nicht zur „Bestandserhaltung“

Nicht ganz afrikanische Verhältnisse herrschen in Baden-Württemberg, aber hier entwickelt sich das Kinderkriegen zum Positiven, gegenläufig zum globalen Trend: Die Geburtenrate – also die Kinderzahl pro Frau – lag hier bei der jüngsten Erhebung (2015) bei 1,51 Kindern und damit so hoch wie seit 1974 nicht mehr. In den 60er Jahren war die Geburtenrate besonders hoch, 1964 lag sie bei 2,65. „Ein Grund für den aktuellen Anstieg der Geburtenrate könnte die verbesserte Kinderbetreuung im Land sein“, meinen die Landesstatistiker. Auch spielten die florierende Wirtschaft, der Höchststand an Erwerbstätigen und die geringe Arbeitslosenquote sicher eine Rolle. Für die Bestandserhaltung der Einwohner reicht die Rate in Baden-Württemberg aber nicht. Hierzu bräuchte man 2,1 Kinder je Frau. Das erreichte der Südwesten zuletzt 1970.