Fürs Bewirten im Freien gelten künftig strenge Ge- und Verbote. Foto: Zweygarth

Die Stadt erarbeitet Richtlinien gegen Auswüchse in der Außengastronomie – oftmals bleibt nur der Austausch des Mobiliars. Welche Möbel künftig verboten sind, können Wirte oft schon mit dem Meterstab überprüfen.

S-Mitte - Es gibt „gewisse Auswüchse“ in der Freiluftgastronomie des Stadtzentrums, sagt der Stadtplaner Klaus Volkmer. Widerspruch dürfte allenfalls aus der Branche selbst zu hören sein. Im Rathaus hingegen herrscht die Absicht, jene Auswüchse zu kappen. Grundlage dafür ist ein von Volkmer erarbeitetes Regelwerk.

Das dürfte den Betroffenen missfallen. Oberster Grundsatz ist schlicht, dass der Fußweg von A nach B freizuhalten ist. Als durchaus erwünschter Nebeneffekt soll der Blick freier schweifen und vor Scheußlichkeiten verschont bleiben: Generell möge eine „blockhafte Wirkung“ unterbunden werden, die „Außengastronomie attraktiv und einladend“ wirken, steht in dem Papier. Zudem ist Werbung unerwünscht.

Der Fußweg soll sehr viel freier bleiben als zuvor. Unabhängig von der optischen Qualität des Mobiliars gilt: Sofern der Gemeinderat die neuen Regeln gutheißt, werden viele zum Gang ins Möbelhaus gezwungen sein, um einzelne Teile oder gar ihre ganzen Möbel auszutauschen. Die Ge- und Verbote gelten im Wesentlichen in der Stadtmitte und verschärfen Vorschriften, die der Gemeinderat nach langem Streit im Jahr 2007 beschlossen hatte.

Biergarnitur ist unerwünscht

Das Leonhardsviertel, in dem allerdings so gut wie keine Außengastronomie existiert, die Tübinger-, Marien- und Sophienstraße sind zusätzlich aufgenommen worden, wie auch der Kronprinz-, Hospital- und Mailänder Platz.

Welche Möbel künftig verboten sind, können Wirte oftmals schon mit dem Meterstab überprüfen, denn schlichtestes Beispiel ist, dass die Größe von Tischen und Stühlen beschränkt werden soll. Kein Stück darf künftig höher sein als 90 Zentimeter. Damit fallen Barhocker mit Lehnen unter das Verbot, erst recht die dazugehörigen Hoch- oder Stehtische.

Auch das klassischste allen Mobiliars für den Gast der Freiluftwirtschaft ist unerwünscht: die Biergarnitur. Sitzbänke dürfen in ihrer Länge nicht mehr als 1,20 Meter messen. Wer den Gedanken hegt, eine zwei Meter lange Bank gegen zwei von einem Meter Länge zu ersetzen, wird mittels Zusatzvorschrift ausgebremst. Zwischen den Möbeln muss ein Abstand eingehalten werden, der so breit ist, dass er als Durchgang taugt.

Mit der neuen Richtlinie werden auch Einnahmequellen versiegen – beziehungsweise Möglichkeiten, beim Möbelkauf zu sparen. Liegestühle, die mit Markennamen von Zigarettenfirmen bedruckt sind, Sonnenschirme, die Biersorten preisen oder gar gesonderte Werbebanner werden nicht mehr Element des Stadtbilds sein. „Unerwünschte Werbung beeinflusst das Erscheinungsbild sehr ungünstig“, ist in dem Papier zu lesen und sei „deshalb unzulässig“. Lediglich „ein dezenter Aufdruck der Gaststättenbezeichnung auf Sonnenschirmen“ ist regelkonform.

Trennwände sind nicht erlaubt

Trennwände, die ebenfalls gelegentlich als Werbefläche genutzt werden, sind ganz abzubauen. In der Tat schottet mancher Freiluftwirt mittels Pflanzkübeln oder sogar Palisadenzaun seine Gäste regelrecht von der Umgebung ab. „Das ist nicht, was man sich unter öffentlichem Raum vorstellt“, sagt Volkmer.

Für Wirte, die neu eröffnen wollen, soll das Regelwerk bereits vom 1. August an gelten. Für Gastronomen, die bereits Tische und Stühle vor ihren Lokalen stehen haben, gilt eine Übergangsfrist bis zum 28. Februar nächsten Jahres. Danach gelten die Ge- und Verbote ohne Ausnahme – sofern der Gemeinderat das Papier gutheißt und in naher Zukunft beschließt.

Gemessen an der ersten politischen Beratung herrscht daran wenig Zweifel. Der Bezirksbeirat Mitte befürwortete die Vorschläge ohne Kritik – eher im Gegenteil. „Der öffentliche Raum gehört den Bürgern“, sagte die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle, „nicht nur denjenigen, die sich eine Cappuccino leisten können oder wollen“. Für die Grünen forderte Martin Ruoff, die Regeln auch auf Veranstaltungen zu übertragen, die seien „zum Teil völlig überdimensioniert“. Der Christdemokrat Andreas Müller würde sie gern auf das künftige Dorotheenquartier ausdehnen, was nach dessen Einweihung geschehen soll.