Eve-Marie Senfft zeigt Ingo Kessler jetzt mal, wie Cocktails gehen Foto: Kathrin Wesely

In der Kornbergstraße hat ein neues Lokal eröffnet, das sich als öffentliches Wohnzimmer im Bezirk versteht. Auch nachts glüht noch der Ofen für die Hungrigen und Bierliebhaber haben die Wahl zwischen 20 verschiedenen Sorten.

S-West - Der ehemalige Reformhaus-Laden in der Kornbergstraße hat lange leer gestanden. Wenn der Gartenbauer Ingo Kessler von der Arbeit nach Hause kam, ging er an dem Schild im Schaufenster vorbei, dass ein Gastronom gesucht würde. Und als der Rücken schlimmer wurde und die Gartenarbeit immer beschwerlicher, da fasste sich Ingo Kessler ein Herz: „Dann mach ich halt die Gartenbaufirma dicht und eine Kneipe auf!“

Der Eumel aus Kindertagen wurde zum Namensgeber

Der 34-Jährige setzte alles auf eine Karte und investierte sein Erspartes in den Gastronomiebetrieb. Mit seiner Freundin, Eve-Marie Senfft richteten der 34-Jährige den „Eumel“ her – so sollte das neue Lokal heißen. „Mein Vater hat mich so gerufen“, erklärt Kessler und findet, dass das sehr warmherzig klingt, wenngleich Duden und Wikipedia eine eher zweischneidige Deutung anbieten: „Ein Eumel ist umgangssprachlich der Begriff für etwas Sonderbares, eine Person oder eine Sache. Oft wird darunter ein unsympathischer Mensch, ein Dummkopf oder ein unförmiger Gegenstand verstanden“, meint Wikipedia.

Der Duden ergänzt gnädig, dass auch die Bedeutung „umgänglicher, sympathischer Mensch“ darin stecke. Es gebe auch das Verb „eumeln“ für Tätigkeiten, die einem Eumel üblicherweise nachgesagt würden oder als Synonym für „feiern“ und „schmusen“ zur Anwendung komme.

Bilder vom Stadtbezirk vermitteln ein heimeliges Gefühl

Das Paar war überzeugt, dass mit dem unternehmerischen Knowhow, dass er aus seiner Gartenbaufirma mitbringt, und der Sachkenntnis, die sie als gelernte Hotelfachfrau, die Cocktails kann, einspeist, würden sie das Ding schon wuppen. Über die Ausrichtung wurden sich die beiden auch einig: „Es sollte schick sein, aber nicht schnöselig“, sagt Kessler. „Trotzdem keine Pinte“, sagt Senfft. Eine sieben Meter lange Panoramatapete beamt urbanes Flair in den langgestreckten Raum. Sie zeigt den Talkessel bei Nacht vom Bismarckturm aus aufgenommen – in Anlehnung an ein klassisches Postkartenmotiv aus Metropolen wie London, Paris und New York. Kessler grinst. Natürlich sei Stuttgart einen Ticken kleiner, „aber schön“, meint der Lokalpatriot. Er liebe seine Stadt und besonders den Westen, wo er aufgewachsen sei. Drum zieren den Korridor zum Klo Ansichten aus dem Stadtbezirk. Die anvisierte Klientel, direkte und indirekte Nachbarn, soll sich im „Eumel“ ganz zuhause fühlen.

Das tun sie auch. Seit Mai hat das Lokal geöffnet, das Geschäft laufe gut und Stammkunden habe man auch schon, versichert das Wirtspaar. Insbesondere an „Tatort“-Sonntagen, wenn der Krimi im Ersten auf Großleinwand projiziert wird, oder bei VfB- und anderen wichtigen Fußballspielen, „ist der Laden gesteckt voll“. Nur wer an so einem Abend rechtzeitig kommt, ergattert noch einen der schwarzen Ledersessel und Sofas. Damit der „Eumel“ trotzdem keine Sportbar-Anmutung hat, lässt sich die Großleinwand als Rollo in der Decke verstecken.

Bierliebhaber, Nachthungrige und Raucher haben es gut

Besonders stolz ist Kessler auf seine geräumige Raucherlounge mit Couchgarnituren, niederen Beistelltischen und großer Glaswand zum übrigen Gastraum. „Ich hasse diese Kabuffs, in die man als Raucher sonst oft verbannt wird – wenn man nicht gleich nach draußen muss wie ein Aussätziger.“ Bei ihm sollen es Raucher endlich mal gut haben. Ebenso glücklich will er Biertrinker machen: „Wir wollten keine Brauerei-Kneipe, sondern die Freiheit haben, uns Bier selbst auszusuchen. Wir bieten auf unserer Karte 20 Biersorten an.“ Dort finden sich auch Snacks wie Pizza, Burger und Flammkuchen, die man auch noch morgens um halb vier Uhr bekommt, wenn sonst im Westen längst überall die Bordsteine hochgeklappt wurden.

Die neueste Idee von Senfft und Kessler ist es, regelmäßig kleine Bands in der Kneipe zu veranstalten. Der erste Konzerttermin steht bereits fest: Am Dienstag, 28. Juli, treten Soulinjection mit Jimmy Wilkes und Marcus Baader auf. Beginn ist um 20 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Öffnungszeiten

Der „Eumel“ in der Kornbergstraße 37, ist von Dienstag bis Donnerstag von 12 – 1 Uhr geöffnet, Freitag von 12 - 5 Uhr, Samstag von 14 bis 5 Uhr, Sonntag von 14 – 23 Uhr. Montag ist Ruhetag.