Der Wilhelmsplatz ist besonders im Sommer ein beliebter Ort. Laut einigen lokalen Politikern soll das unbedingt so bleiben. Foto: Sascha Maier

Im Streit um die Gestaltungsrichtlinien der Innenstadt zwischen den Wirten am Wilhelmsplatz und der Verwaltung schaltet sich jetzt die Politik ein. Sie kritisiert, dass die Behörden mit der Brechstange agierten, statt einvernehmliche Lösungen zu suchen.

Stuttgart - Grüne, SPD und Stadtisten mischen sich in den Streit ein, der zwischen den Wirten am Wilhelmsplatz und der Verwaltung entbrannt ist. Grund sind die Gestaltungsrichtlinien für die Innenstadt. Die Gastronomen behaupten, dass die Kritik seitens der Stadt urplötzlich komme und über Jahrzehnte lang gewachsene Strukturen einem einheitlichen Stadtbild opfern wolle. Die Kommunalpolitik stört sich vor allem am Auftreten der Ämter. Prinzipiell gibt es an den Gestaltungsrichtlinien in der Innenstadt aber nichts zu rütteln.

Trotzdem klingt der Antrag, den die Bezirksbeiratsfraktionen der Grünen, der SPD und der Stadtisten gestellt haben, fast wie eine Rüge: Der Bezirksbeirat Mitte bekenne sich klar zu einer lebendigen Außengastronomie am Wilhelmsplatz, heißt es da. Das Amt für öffentliche Ordnung und das Baurechtsamt, die Kritik am Walten der Wirte übten, sollen sich erklären – wie es zu Rückbauverfügungen kommen konnte, ohne dass die Ämter im Gespräche mit den Wirten nach einvernehmlichen Lösungen gesucht hätten.

Davon kann nicht die Rede sein: Vier Ämter – neben dem Baurechtsamt und dem Ordnungsamt das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung und das Tiefbauamt – haben den Wilhelmsplatz vor einigen Wochen im Verbund besucht und die Wirte seitdem mit Schreiben überhäuft, was sie alles ändern sollen. Die Begründungen wirken teils kurios: So musste der Italiener Il Pomodoro beispielsweise seine Sandkästen für die Kinder entfernen – weil angeblich die Gefahr bestehe, auf dem Sand auszurutschen.

Nächstes Jahr würde noch reichen

Der Grünen-Bezirksbeirat Walter Ercolino findet das Vorgehen der Stadt überzogen. „Ich verstehe nicht, warum da niemand das Gespräch gesucht hat.“ Auch findet er den Moment des Vorstoßes unpassend und die Fristen zu kurz: „Es geht hier ja um nichts Lebensbedrohliches wie den Brandschutz. Da Lösungen zu finden, würde auch noch für die nächste Sommersaison reichen. Jetzt haben die Wirte wirklich genug mit dem Tagesgeschäft zu tun.“ Ercolino betont die Wichtigkeit von Außengastro für die Stadt, die Räume erschließe und gestalte, die sonst für die Bürger nicht nutzbar wären. Der SPD-Bezirksbeirat Heinrich-Hermann Huth argumentiert ähnlich: „Ich würde mir von den Ämtern wünschen, faire Fristen und und eine sinnvolle Behandlung der Einzelfälle in Betracht zu ziehen.“

Dennoch ist die Gestaltungssatzung eine Satzung, die vom Gemeinderat so beschlossen wurde. Seinerzeit waren es auch die Gemeinderatsfraktion der Grünen, die eine Fortschreibung der Gestaltungsrichtlinien für die Innenstadt vorangetrieben hatte. Ausgangspunkt war damals die Kraut-und-Rüben-Gastro um das Gerber: Das Einkaufszentrum am Rotebühlplatz beschwerte sich, dass die unmittelbare Umgebung unattraktiv sei. Die Grünen leisteten dem Anliegen Folge und setzten im Rathaus durch, dass die Gestaltungssatzung 2016 verschärft wurde.

Stadtrat besucht Wilhelmsplatz

Ob sich neben dem beratenden Gremium des Bezirksbeirats auch der Gemeinderat aufgrund der aktuellen Debatte mit dem Wilhelmsplatz auseinandersetzt, ist noch unklar. „Aber wir denken darüber nach, das Thema im Umwelt- und Technikausschuss auf die Tagesordnung zu setzen“, sagt der Grünen-Stadtrat Andreas Winter. Aber auch wenn das Thema jetzt erst mal auf der niedrigsten kommunalpolitischen Ebene diskutiert wird, war der Volksvertreter nicht untätig und besuchte den Wilhelmsplatz umgehend, nachdem die Klagen der Wirte bekannt worden waren.

Dort wertet man dies als positives Signal: „Uns freut es, dass Herr Winter ein offenes Ohr für uns hatte“, sagt Petra Reim vom Il Pomodoro. Das war offensichtlich nicht immer so: Ein Toilettenhäuschen mitten auf dem Platz wird seit Jahrzehnten nicht genutzt. Gereinigt wird es von der Verwaltung bis heute.