Auf der Gartenschau in Mühlacker sind auch viele Schaugärten zu sehen. Foto: Stadt Mühlacker

Endspurt in Mühlacker: Manches Beet ist noch braun und leer, doch zum Auftakt der Gartenschau im Mai soll es überall blühen. Etwa im interkulturellen Garten, den einige der 10 000 Ehrenamtlichen anlegen.

Mühlacker - Die Kaffeemaschine ist kaputt – ausgerechnet jetzt. „Es wird stressig“, sagt Oberbürgermeister Frank Schneider, der auf einer anderen Etage des Rathauses von Mühlacker doch noch ein funktionierendes Gerät gefunden hat. Zu diesem Zeitpunkt bleiben noch 19 Tage bis zur Eröffnung der Gartenschau, da wird jeder Tropfen Koffein gebraucht.

Gerade hat der Oberbürgermeister erfahren, dass zur Eröffnungsveranstaltung am 9. Mai 900 Ehrengäste kommen. „Das ist außergewöhnlich“, sagt Schneider. Das Interesse an den Enzgärten scheint hoch zu sein – 15 000 Dauerkarten sind bereits verkauft worden. Das ist mehr als die Hälfte der Einwohnerzahl der Stadt im Enzkreis, die 25 000 Bewohner zählt. „Das übertrifft unsere Erwartungen“, sagt der Bürgermeister zufrieden.

Bei den Enzgärten in Mühlacker handelt es sich um ein sogenanntes Grünprojekt – eine kleine Gartenschau, die alle zwei Jahre im Wechsel mit den Landesgartenschauen stattfindet. Heutzutage, wo immer mehr Menschen in Städten leben, sind solche Veranstaltungen „umso mehr“ zeitgemäß, betont der Oberbürgermeister. „Es geht darum, das Wohnen in der Stadt attraktiver zu machen und für eine höhere Lebensqualität zu sorgen. Gartenschauen sind dafür bestens geeignet“, findet er.

Denn auch in Mühlacker geht es nicht nur um hübsch bepflanzte Beete und schön angelegte Schaugärten, vor deren Kulisse an 128 Tagen zahlreiche Veranstaltungen stattfinden. Viele Maßnahmen, die im Rahmen des Grünprojekts umgesetzt werden, haben über das Ende der Schau am 13. September hinaus Bestand. So beispielsweise die Renaturierung der Enz, die Dürrmenz und Mühlacker voneinander trennt.

„Die Renaturierung und die Neugestaltung der Uferbereiche verbinden beide Stadtteile nun enger miteinander“, erklärt Schneider. Er glaubt, dass es dieses „Konzept des Zusammenwachsens“ gewesen ist, das bei der Bewerbung im Jahr 2009 überzeugt hat. Sabine Klotzbücher ist für die Öffentlichkeitsarbeit rund um die Gartenschau zuständig und ergänzt: „Durch die Renaturierung hat sich der Hochwasserschutz verbessert. Zudem gibt es mehr Platz für Pflanzen und Tiere im und am Wasser.“

Überall wird saniert und verschönert

Der Oberbürgermeister macht sich auf den Weg zum Gartenschaugelände. Vor dem Rathaus bleibt er stehen, zeigt auf einen Tiefgarageneingang und ein kleines Hotel gegenüber. Überall wird saniert und verschönert. „Die Gartenschau gibt der Stadt einen richtigen Schub“, sagt er. Damit gingen freilich Einschränkungen einher – Lärm, Dreck und Verkehrsbehinderungen, die den einen oder anderen stören.

Auch am Enzufer vor dem Waldensersteg dröhnen an diesem Morgen noch die Baumaschinen. Hier soll in zwei Wochen ein Restaurant die Besucher der Gartenschau versorgen. Weiter hinten an der neuen Skateranlage wird ebenfalls gearbeitet, die Schaukeln auf dem Spielplatz sehen hingegen schon fertig aus. „Ich hoffe, dass die Enzgärten auch für junge Menschen attraktiv sein werden“, sagt Oberbürgermeister Schneider und deutet flussaufwärts. Dort steht das neu errichtete Jugendhaus. „Wir haben viel investiert für Kinder und Jugendliche. Das hat erst die Gartenschau möglich gemacht.“

Denn von den zehn Millionen Euro, die in die langfristigen Projekte fließen, werden rund fünf Millionen vom Land aus verschiedenen Förderprogrammen finanziert. Deshalb entscheidet schließlich der Ministerrat über die Bewerbungen der Kommunen. Die Gartenschau selbst kostet Mühlacker drei Millionen Euro, abzüglich der Einnahmen aus Ticketverkauf und Lizenzen.

Schneider geht über den neu sanierten Waldensersteg auf die andere Seite des Flusses. Bauzähne umgeben das Gelände. Der Schaugarten eines Landschaftsgärtners lockt mit einem kleinen Gewässer und Loungemöbeln unter einem Sonnensegel. Einige Meter weiter pflanzen drei Männer Blumen. „Da muss noch was getan werden“, sagt Schneider und zeigt auf ein leeres Beet.

Masse an Details, die bedacht werden müssen

Zu tun gibt es im Vorfeld einer Gartenschau eine ganze Menge. „Die Masse an Details, die bedacht werden müssen, macht es zur Herausforderung“, sagt Armin Dauner, Projektleiter der Gartenschau und Leiter des Planungs- und Baurechtsamts. Rund 50 Mitarbeiter des Rathauses arbeiten in verschiedenen Teams, die Dauner koordiniert. „Das Spannende ist, dass diejenigen, die dabei sind, das in der Regel zum ersten Mal machen“, erklärt Dauner.

Zusätzliche Unterstützung kommt von zwei Mitarbeitern der Förderungsgesellschaft für die Baden-Württembergischen Landesgartenschauen. Der Projektleiter ist entspannt. Zeitlich und finanziell sei man im Plan. „Es klappt, wenn man rechtzeitig anfängt“, sagt er.

2010 erhielt Mühlacker den Zuschlag, 2012 rollten die ersten Bagger an. Mit anderen Gartenschaustädten habe man sich zwar ausgetauscht und Tipps erhalten, sagt Sabine Klotzbücher, doch inhaltlich „muss man was Eigenes machen“, betont Frank Schneider.

Interkultureller Garten: Eines von vielen Bürgerprojekten

Nahe an den Häusern von Dürrmenz liegt eine Parzelle, die in verschiedene Bereiche aufgeteilt ist – der interkulturelle Garten, eines von vielen Bürgerprojekten. „Ohne bürgerschaftliches Engagement ist eine Gartenschau gar nicht umsetzbar“, erklärt Schneider. Etwa 10 000 Ehrenamtliche wirken bei den Enzgärten mit, eine überwältigende Zahl, auch für ihn. „Die Stadtgemeinschaft wächst zusammen.“

Das erleben auch Selma Özer und die Frauen, die mit ihr den interkulturellen Garten betreuen. Im Rahmen eines Workshops für Migrantinnen ist die Idee entstanden, sich an der Gartenschau zu beteiligen. „Wir wollen ein Teil dieser Stadt sein und unsere Kultur zeigen – vor allem aber auch die Gemeinsamkeiten“, erklärt Özer. So gibt es neben einem deutschen Bauerngarten einen russischen, asiatischen, tamilischen und mediterranen Bereich. „Bei uns wachsen unter anderem Kräuter, Auberginen, Oleander und ein Feigenbaum“, sagt Özer, die den Mittelmeergarten mitgestaltet.

Mit dem Einpflanzen der südeuropäischen Gewächse muss sie noch warten – derzeit kann es nachts noch zu kalt werden. „Solange ich die Pflanzen noch nicht in den Beeten sehe, bin ich nervös“, meint sie. Dennoch freut sie sich auf die Gartenschau. „Das ist eine Bereicherung für Mühlacker“, ist Özer überzeugt.

Dieser Meinung ist auch Frank Schneider. Die Gartenschau mache Werbung für Mühlacker weit über die Stadtgrenzen hinaus und schärfe auch bei den Bürgern das Bewusstsein, „in welcher schönen Stadt wir leben. Zu Beginn des Projekts waren die Mühlacker Bürger kritisch interessiert, aber viele haben schnell die Chancen erkannt“, erinnert sich der Rathauschef. „Eine richtige Ablehnung konnte ich nicht feststellen.“

Auch kritische Stimmen gibt es

Doch es gibt auch kritische Stimmen. Doris Müller etwa wohnt im Stadtteil Dürrmenz und nutzt häufig den Waldensersteg, um über die Enz zu gelangen. Während der Gartenschau ist der Steg nur von 6.30 Uhr bis 9 Uhr für Pendler geöffnet. Wer danach darüber will, braucht eine Eintrittskarte.

„Das ist eine Unverschämtheit am Bürger, dass es keine verbilligten Karten für diejenigen gibt, die den Steg tagsüber nutzen“, schimpft Müller. Viele würden sich darüber ärgern. „Ich werde keine Karte kaufen.“

Gerade ältere Menschen sähen sich jedoch dazu gezwungen, weil sie anders nicht über die Enz kommen. „Der Umweg dauert rund 20 Minuten länger, dafür fehlt ihnen die Kraft“, sagt Doris Müller. Sabine Klotzbücher verweist darauf, dass sich der Steg innerhalb des Ausstellungsgeländes befindet und deshalb nicht freigegeben werden kann.

„Wir haben alle Möglichkeiten ausgeschöpft, den Anwohnern die Durchquerung zu ermöglichen.“

Die Gartenschau verlangt allen Beteiligten Kräfte ab. „Natürlich führt deren Organisation im Rathaus zu einer Doppelbelastung“, sagt Armin Dauner. Trotzdem: „Ich würde es wieder machen.“