Klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie. Foto: Galerie Abt Art

Wie sieht die Kunst die Kraft der Blumen? Die Galerie Abt Art wagt mit „PowerFlower“ eine Antwort.

Stuttgart - Ein Kunststandort definiert sich wesentlich durch die Qualität seiner Privatgalerien. Um so bedeutsamer ist die positive Entwicklung in diesem Bereich für Stuttgart. Galerieneugründungen, deutlich mehr gemeinsame Eröffnungsabende und Ausstellungen von nationaler Bedeutung wie jüngst die Themenschau „Living with Art“ in der Galerie Reinhard Hauff oder Soloauftritte wie die Hommage an Gerhard von Graevenitz in der Galerie Edith Wahlandt und das Panorama „Über“ von Thomas Grünfeld in der Galerie Klaus Gerrit Friese – all dies schafft verstärkte Aufmerksamkeit.

Bestätigenden Hintersinn könnte man da der Galeristin Karin Abt-Straubinger unterstellen, wenn sie nun auf den drei Stockwerken des 2009 eröffneten Galerieneubaus, im Gartenübergang zum Altbau und in diesem heute als Studio57A firmierenden Ausgangspunkt der Galerieaktivitäten die Schau „Power Flower“ zeigt. Eigentlich aber zeigen lässt. Wie zuvor bereits der belgische Documenta IX-Macher Jan Hoet, verwandeln nun Tilman Osterwold (vormals Direktor des Württembergischen Kunstvereins Stuttgart) und Gabriele Osterwold (vormals Leiterin der Graphotek in der Stadtbücherei Stuttgart) die Galerie (besser: das Galerie-Areal) in eine Kunsthalle auf Zeit.

Unerschütterliches Vertrauen in die Kunst

Schon der Auftakt markiert den Anspruch: das großformatige „Jungle Times“ von Kenny Scharf erwartet die Besucher und wird über und auf einer Motivtapete des US-amerikanischen Künstlerkollegen John M. Armleder präsentiert. Das muss man erst einmal dürfen. Tilman und Gabriele Osterwold haben offenbar das Vertrauen auch der internationalen Künstlerinnen und Künstler – und so wie einstmals der Württembergische Kunstverein zur Bühne eigens realisierter Arbeiten und gar Werkblöcke wurde, so ist der Motivator Osterwold auch nun erfolgreich. Was etwa mit der eindrucksvollen, aber doch eher als Architektursignal zu wertenden Wandfläche entlang des Treppenaufgangs hinauf in das Obergeschoss machen? Die Stuttgarterin Susanna Taras liefert mit überdimensionalen Wolle-Blüten die richtige Antwort. Die Wand erblüht – und Taras’ bewusste Überhöhung des Schönen wirkt wie das Echo auf das zwei Ebenen tiefer zu findende „Staudenbeet aus gelasertem Acrylglas von Rupprecht Matthies.

Osterwold-Ausstellungen leben von einem unerschütterlichen Vertrauen in die Kunst. Ist etwa das Schaffen von Ottmar Hörl durch Überproduktion seiner Auflagenobjekte nicht zur Dekoration degradiert? Osterwold zeigt, wie man auch mit Hörl umgehen kann – sorgsam, präzise. Und so leiten nun Hörls Kunststoff-„Rosen“ so selbstverständlich von Matthies’ Ensemble hinaus auf den Innenhof und hinüber auf den von Stefan Rohrers blühendem Mini „Miniatus Floridus“ flankierten Weg ins Studio 57A. Dessen Räume sind einer Folge von Videoarbeiten vorbehalten – und neben Yves Netzhammers „Anordnung zweier Gegenteile bei er Erzeugung ihres Berührungsmaximums“ aus der Kunsthalle Bremen sorgt hier buchstäblich ein bewegtes Blütenmeer von Stefanie Pöllot für Glanz.

Mohnblumen von Bill Beckley

Auf dem Weg zurück in den Neubau erst bemerkt man die überdimensionalen Reifen, die zugleich als Blumenbeet dienen – auch dies ein Beitrag von John M. Armleder. Der zweite Gang durch die Geschosse ist wichtig, Bilddialoge vertiefen sich. Etwa zwischen dem wunderbaren Aquarell „Blumen am Fenster“ von Peter Holl (eine Leihgabe der Stuttgarter Galerie Rainer Wehr und wie andere „Gäste“ auch Beleg des so richtigen wie weiterführenden Schulterschlusses der hiesigen Galerienszene) und den Fotoarbeiten von Thomas Florschütz, Hans-Peter Feldmann und Luzia Simons. Auch die wunderbaren Mohnblumen von Bill Beckley sind hier zu entdecken – in ihrer Schönheit dem Schrecken der Folgen der weiter steigenden Heroin-Produktion in Afghanistan auf bittere Weise ganz nahe.

Und natürlich darf einer nicht fehlen: Andy Warhol Wortführer der ursprünglich um 1955/1956 in London entwickelten, aber erst in New York zu weltbekannter Lautstärke entwickelten Pop Art. Pop verwischte die Grenzen zwischen Hochkunst und Alltagskultur, Pop ließ auch die Künstler der 1960er Jahre wie Stars auftreten – und Pop auch machte die Blumen zu Helden einer neuen Zeit. 45 Jahre später wird aus „Flowerpower“ „PowerFlower“, und welche Arbeit könnte diese besser verkörpern als Robert Longos aus rotem Grund mit Tinte und Kohle herausgearbeitete Rosenblüte „Ophelia Nr. 4“ aus der Sammlung Weishaupt.

Unser Ortstermin bei "PowerFlower"

Wie sieht es hinter den Kulissen der Kulturinstitutionen in der Region Stuttgart aus? Unsere Veranstaltungsreihe „Ortstermin“ gibt den Leserinnen und Lesern unserer Zeitung Einblicke. Nächste Station ist am kommenden Dienstag, 10. Juli, die Ausstellung „Power-Flower“ in der Galerie Abt Art in Stuttgart (Stuttgart-Möhringen, Rembrandtstraße 18). Beginn ist um 18 Uhr.

Und das bietet unser „Ortstermin“: An ein Gespräch mit Tilman Osterwold und Gabriele Osterwold, Kuratoren der Ausstellung, schließt sich eine Führung durch die Schau an. 100 Leserinnen und Leser können dabei sein.

Ihre Anmeldungen nehmen wir gerne entgegen – von diesem Mittwoch bis Freitag sowie kommenden Montag und Dienstag von 10 bis 15 Uhr unter 07 11 / 72 05 – 75 01 (Frau Arnold). Beginn in der Galerie Abt Art in Stuttgart (Rembrandtstraße 18) am Dienstag, 10. Juli, ist um 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Stuttgart, Rembrandstraße 18. Bis zum 11. August, Di bis Fr 14 bis 19, Sa 10 bis 13 Uhr. Mehr unter: www.abtart.com