Der Garten liegt an einer extremen Hanglage. Man blickt über Streuobstwiesen und Wälder bis zum Württemberg. Foto: Julia Bosch

In den Bezirken auf der Filderebene gibt es zahlreiche besondere Gärten. Unsere Redaktion hat einige besucht. Gisela Zwierzynsky aus Stuttgart-Sillenbuch pflanzt in ihrem Garten mit phänomenalem Weitblick nicht nur Obst, Gemüse und Blumen an, sondern hält auch Hühner.

Sillenbuch - Zwischen dem Mangold wachsen Ringelblumen, im Blumenbeet liegt die zerbrochene Schale von einem Ei, das ein Rabe aus dem Hühnerstall geklaut hat, und die Steinplatten, die durch den 500 Quadratmeter großen Garten den Hang hinabführen, sind teilweise so zugewuchert, dass man sie kaum noch sieht. Nein, akkurat ist der Garten von Gisela Zwierzynsky nicht. Dafür fühlt man sich unweigerlich wohl in der grünen Oase an der Bußbachstraße in Sillenbuch.

„Mein Garten ist kein Vorzeigegarten, er ist nicht strukturiert“, sagt Zwierzynsky. „Dafür ist er für Kinder ein Paradies.“ Das ist für die 65-Jährige, die nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 2015 den Vorsitz des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) Sillenbuch übernommen hat, das Wichtigste: Ein Ort, an dem Familie, Freunde und Nachbarn regelmäßig zusammenkommen.

Ein Paradies für Kinder

Bei solchen Zusammentreffen gibt es Selbstgebackenes aus den Eiern der eigenen Hühner, selbst angebautes Gemüse und Obst sowie Flammkuchen und Pizza aus dem großen Steinofen, der auf der Terrasse steht. Nach dem Essen können sich die großen und kleinen Gäste auf dem überdimensionalen Trampolin austoben oder in dem weitläufigen Garten Verstecken spielen.

„Ich habe nie Angst davor, dass die Kinder Blumen zertreten oder etwas kaputt machen“, sagt Zwierzynsky. „Sie können sich frei bewegen, Beeren pflücken, Gemüse ernten und nach den Hühnern schauen“, berichtet sie. Nur in das Hühnergehege selbst lasse sie die Kinder nicht mehr hinein, seit sie selbst erst vor wenigen Wochen von dem Hahn angegriffen und recht schmerzhaft ins Bein gepickt worden ist.

Garten liegt an steilem Hang

Um zu den Hühnern zu kommen, muss man halbwegs trittsicher sein. Der Garten liegt an einem steilen Hang. „Bevor wir das Haus gebaut haben, bestand der Garten lediglich aus einer schrägen Wiese“, sagt Zwierzynsky. Über die Jahre hinweg habe ihr Ehemann immer mehr ebene Terrassen in den Garten eingebaut sowie den Weg aus Steinstufen, der durch den Garten führt.

Doch die Hanglage bietet auch Vorteile: Von Gisela Zwierzynskys Garten aus bietet sich Besuchern ein enormer Weitblick über Streuobstwiesen und Wälder bis hin zur Grabkapelle auf dem Württemberg. Diese eindrucksvolle Aussicht kennt Zwierzynsky, seit sie denken kann: Sie ist in dem Nachbarhaus bei ihren Eltern aufgewachsen, 1978 kaufte sie mit ihrem Mann und ihren Eltern das Grundstück, das heute die Adresse Bußbachstraße 1 trägt.

Viertelstunde pro Tag für die Hühner

Das Haus war von Anfang an und ist noch heute ein Mehrgenerationenhaus. Anfangs lebte Zwierzynsky mit ihren Eltern und Ehemann dort, später mit den eigenen Kindern und heute mit Sohn, Schwiegertochter und den zwei Enkeltöchtern. Zeitweise war der Garten sogar von vier Generationen bewohnt: Zwierzynsky pflegte fünf Jahre lang die Mutter ihres Mannes in dem Haus, kurz danach ihre eigene Mutter. „Doch wenn so viele Menschen gemeinsam in einem Haus leben, schafft man viel mehr als alleine. Alle helfen einander“, berichtet Zwierzynsky.

Seit 39 Jahren lebt Gisela Zwierzynsky an der Bußbachstraße in Sillenbuch. Foto: Julia Bosch

Das ist auch heute noch so: Ihr Sohn mäht regelmäßig den Rasen im Garten, der Enkelsohn unterstützt ihn an den besonders schwierigen Stellen mit einem Trimmer. Und Gisela Zwierzynsky selbst arbeitet etwa eine Stunde täglich in ihrem Garten. Eine Viertelstunde geht davon für die Hühner drauf: Haus ausmisten, Futter geben, Eier aus dem Stall nehmen. Außerdem pflanzt die 65-Jährige Obst und Gemüse an. Dazu kommt Unkrautjäten, Sträucher zurückschneiden und sich um die Blumen kümmern. Echte Arbeit bedeutet der Garten für die ehemalige Sekretärin aber nicht: „Ich mag meinen Garten so sehr, dass ich eigentlich keinen Urlaub brauche. Der Garten bringt mir sehr viel Erholung.“

Höhepunkt ist das Mostfest im Herbst

Außerdem genießt es Zwierzynsky , dass sie sich und ihr Umfeld aus ihrem Garten selbst versorgen kann: „Einmal pro Woche backe ich einen Kuchen, außerdem koche ich mit dem eigenen Gemüse, stelle Bärlauchpesto her und presse Most und Saft: Im vergangenen Jahr waren es allein 50 Liter Johannisbeersaft“, berichtet sie.

Ein Höhepunkt für die Vorsitzendes des OGV ist das jährliche Mostfest, das traditionell bei ihr im Hof und Garten stattfindet: „Wir Frauen aus dem Verein verkaufen selbst gemachtem Zwiebelkuchen, außerdem schenken wir frisch gepressten Apfelsaft aus.“ In diesem Jahr ist es am Samstag, 7. Oktober, so weit. Und bis dahin wird es Gisela Zwierzynsky in ihrem Mehrgenerationenhaus mit den sechs Enkeln, den Hühnern und dem großen Garten sicherlich nicht langweilig werden.