Die Teilnehmer des Treffens als Pappfiguren. Foto: dpa

Syrienkrieg, Ukrainekrise, weltweiter Terror: Beim G7-Gipfel in Japan hat jedes Land sein eigenes Top-Thema. Tokio setzt als Gastgeber zudem den Streit zahlreicher asiatischer Länder mit China auf die Tagesordnung.

Tokio - Die Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen (G7) wollen China wegen seiner Expansionsbestrebungen im südchinesischen Meer maßregeln, was die Spannungen zwischen den USA und der aufstrebenden Regionalmacht weiter verschärfen könnte. Die G7 werden China „an die Bedeutung einer rechtsstaatlichen Vorgehensweise“ erinnern, sagte ein Sprecher des japanischen Außenministeriums in Tokio. Dem Gastgeberland Japan ist besonders daran gelegen, die Frage der Territorialkonflikte in Ostasien auf höchster Ebene behandeln zu lassen. Schließlich liegt Tokio selber chronisch mit China im Streit.

Spitzenpolitiker aus den USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien Italien und Kanada werden sich am Donnerstag und Freitag in der japanischen Präfektur Mie über aktuelle Fragen beraten. Mit dabei sind Angela Merkel, Barack Obama oder Kanadas neuer Premier Justin Trudeau. Auf der Tagesordnung stehen der Krieg in Syrien, weitere Konfliktherde in Nahost, Nordkoreas Atomprogramm und der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Auch die Wirtschaft ist ein großes Thema für Diskussionen: Japan fordert ein weltweites, großes Konjunkturprogramm, während Deutschland lieber sparen möchte. Auch der Freihandel und Währungsfragen werden erheblichen Raum einnehmen.

Alte Streitpunkte flammen wieder auf

In Fernost gilt derweil den örtlichen Konflikten besondere Aufmerksamkeit. Eine Reihe von Streitpunkten flammt seit Jahrzehnten immer wieder auf, doch die Heftigkeit der Auseinandersetzungen nimmt derzeit zu. Grund ist die schnelle Aufrüstung in den vergangenen Jahren. Nordkorea besitzt inzwischen Atombomben und Trägerraketen, was die Nachbarländer nervös macht. Chinas Militär hat sich unterdessen von einer rückständigen Massenorganisation in eine technisch bestens ausgestattete, schlagkräftige Truppe gewandelt. Die Führung in Peking fühlt sich stark und scheut weder den Konflikt mit Washington noch mit kleineren Nachbarn. „China hat seine militärische Präsenz gerade in den umstrittenen Inselgruppen enorm ausgebaut“, sagt Analyst Jon Grevatt von dem Forschungshaus IHS in Bangkok. Alle Versuche, die tatsächlichen Besitzrechte anhand von UN-Konventionen zu klären, scheiterten nun an der kompromisslosen Grundhaltung der chinesischen Führung. Das alles erhöht die Gefahr, dass die Auseinandersetzungen eines Tages außer Kontrolle geraten.

Japans Regierungschef Shinzo Abe hat als G7-Gastgeber nun die Möglichkeit, diese Themen nach ganz oben auf die Tagesordnung zu bringen. Japan ist besonders an einer Eingrenzung der chinesischen Entfaltungsmöglichkeiten interessiert – schließlich sieht es sich selbst als die etablierte Vormacht in Ostasien. Die USA wiederum sehen sich als Schutzherr der Region und wollen China ebenfalls nach Möglichkeit klein halten. In diesem Zusammenhang fällt auch ein handfester Politikwechsel der USA direkt vor dem G7-Treffen: die endgültige Aufhebung eines jahrzehntelangen Waffenembargos gegen Vietnam.

Obama unterstützt die Gegner Chinas

Präsident Obama ist schon zu Beginn der Woche nach Hanoi gereist, um Chinas Konfliktgegner auf diese Weise zu unterstützen. „Das stärkt indirekt die Position der USA“, sagt Grevatt. Zur Entspannung dürfte die Möglichkeit von Waffenlieferungen allerdings kaum beitragen. China hat zwar betont gelassen reagiert. Doch von der seiner grundsätzlichen Position gegenüber den Südinseln rückt das Land nicht ab: „Sie gehören seit der Antike Chinas Territorium“, wie der ehemalige Premier Wen Jiaobao vorgegeben hat.

Der Verweis auf die Historie untermauert jedoch rechtlich keinen Gebietsanspruch. Der Streit betrifft drei Inselgruppen: Die Paracel-Inseln, die Spratley-Inseln und das Scarborough-Flach. Die Paracel-Inseln liegen zwischen China und Vietnam. Die Spratleys und das Scarborough-Riff liegen direkt vor Malaysia beziehungsweise den Philippinen. Die Ansprüche der anderen Länder sind jedoch seerechtlich ebenso unklar wie die Chinas – doch die betreffenden Länder haben dem riesigen, reichen China militärisch nichts entgegenzusetzen. Die Initiative der G7 ist ihnen daher hoch willkommen.