Ingrid Scherf will mit „zivilem Ungehrosma“ gegen das G7-Treffen in Elmau protestieren Foto: dpa

Die Gegner des G-7-Gipfels von Elmau stellen ihre Planungen vor und kündigen „zivilen Ungehorsam“ an. Bis zu 10 000 Gegner werden Anfang Juni in Bayern erwartet.

München - Die bayerischen Farben sind bekanntlich blau und weiß. Nun kommt noch pink dazu. Zumindest vorübergehend. Nicht etwa, dass Ministerpräsident Horst Seehofer seinem Freistaat eine neue Fahne verordnet hätte. Die Farb-Mischung ist vielmehr das Erkennungszeichen, mit dem die Gegner des G-7-Gipfels auf sich aufmerksam machen wollen, wenn sich die Staats- und Regierungschefs der sieben einflussreichsten Länder am 7. und 8. Juni auf Schloss Elmau treffen. Es dürften ungemütliche Tage werden. „Wir haben Aktionen des zivilen Ungehorsams bereits angekündigt, und dabei bleibt es auch“, sagt Ingrid Scherf, eine der verantwortlichen Organisatorinnen im Bündnis „Auf nach Elmau – Stop G 7“.

Es ist Sonntagmorgen, eine Nebenstraße im Münchner Stadtteil Westend. Zwischen Dönerbude, Frisör und Cafehaus hat das Bündnis zur Pressekonferenz geladen. Tags zuvor haben Aktivisten aus ganz Deutschland im Geheimen über ihre Aktionen vor und während des Gipfels beraten. „Manche Leute hätten sonst Angst gehabt, bei der Arbeit oder im Privatleben für ihren Widerstand angefeindet zu werden“, wird die Verbannung der Presse begründet. Nun aber suchen die Protestler die Offensive.

„Diese G-7-Gruppe hat in der Vergangenheit doch nichts als leere Worthülsen produziert“, sagt eine Vertreterin von Verdi und nennt als Beispiel die Perspektivlosigkeit für die Jugend von heute: „Weltweit werden 8,4 Millionen Kinder zur Kinderarbeit gezwungen“, aber niemand ändere etwas daran. „G 7 steht für Umweltzerstörung, Armut und Flucht, für den Ausbau der Atomenergie, für Gentechnik, Sozialabbau, Waffenhandel und die Schuldenfalle in den Entwicklungsländern“, wettert wiederum eine Gesandte der Rosa-Luxemburg-Stiftung und versichert, mit dem „Internationalen Gipfel der Alternativen“ am 3. und 4. Juni in Garmisch-Partenkirchen einen Gegenpol zu setzen – für „Klimagerechtigkeit, fairen Handel und ökologische Weltwirtschaft“.

Ob diese Botschaften im noblen Schloss Elmau ankommen, wo Merkel, Obama und Co. tagen werden? Zweifel bleiben. Aber die Protestler lassen sich nicht entmutigen. Also verteilen sie am Sonntag fleißig die Infos für die geplanten Demonstrationen, kündigen Großkundgebungen an, haben laut Scherf einen „Blumenstrauß an Protesten“ in petto. Ein Sternmarsch nach Elmau ist auch angemeldet. Das Problem: Sie werden nicht weit kommen, weil die 15 000 Polizisten das Tagungshotel weiträumig absperren. „Wir verhandeln noch mit den Behörden“, sagt ein Aktivist, „die nehmen das alles sehr genau“.

In der Tat will Bayern alles daran setzen, dass sich Ereignisse wie 2007 in Heiligendamm beim bislang letzten G-7-Gipfel auf deutschem Boden nicht wiederholen, als sich Demonstranten und Sicherheitskräfte ein Katz-und-Maus-Spiel lieferten und hässliche Bilder um die Welt gingen. Und doch kann derzeit niemand ausschließen, dass die Lage auch diesmal eskaliert. Ja, sagt die Verdi-Vertreterin, der Protest werde „laut“. Was das heißt? Keine Antwort.

Auch die Frage, wo die bis zu 10 000 Gegner ihr Camp aufbauen, bleibt noch ein Geheimnis. Offenbar ist ein Landwirt bereit, ein riesiges Areal im Raum Garmisch für dieses Basislager zur Verfügung zu stellen. Aber jetzt schon seinen Namen oder gar das Gebiet zu nennen, sei viel zu gefährlich. „Dann geht ein Shitstorm über ihn herüber und er wird angefeindet“, das wolle man unbedingt vermeiden, heißt es.

Im übrigen sehe man möglichen Auseinandersetzungen aber gelassen entgegen. Es sei doch ein offenes Geheimnis von früheren Protestaktionen, „dass die Provokation immer von der Polizei ausgeht“, meint Aktivistin Scherf voller Überzeugung und rückt ihr Stirnband zurecht. Neben ihr sitzt Ulrich Vogler vom Motorradclub „Kuhle Wampe“. Er spricht im Namen von 30 Clubs aus ganz Deutschland. Man sei „ja viel in der ganzen Welt unterwegs“, erzählt der Mann in voller Montur, da gebe es „so viele Ungerechtigkeiten, die aufhören müssen“. Details verrät er nicht.

Stattdessen bittet er als Organisator des Camps um finanzielle Hilfe. „Wir haben nicht so viel Geld und können Spenden gut gebrauchen, auch von Ihnen.“ Daraufhin steht eine aus dem Kreis der Aktivisten auf, schnappt sich einen leeren Karton und macht daraus eine Spendenbüchse. Allein, sie wird nicht mehr herumgereicht. Dafür fehlt die Zeit, die TV-Teams von ARD und RTL wollen jetzt ihre Interviews führen.