Offensiv-Spieler Ugur Capar (rechts) von Nafi Stuttgart im Duell mit Spielern der Hamburg Panthers beim DFB-Futsal Cup Foto: Pressefoto Baumann

Sie sind eine Hobbymannschaft – und gewinnen seit Jahren ein Turnier nach dem anderen. Ob sich die Futsal-Abteilung des Vereins Nafi Stuttgart auch auf internationaler Ebene durchsetzen kann, entscheidet sich diese Woche.

Sie sind eine Hobbymannschaft – und gewinnen seit Jahren ein Turnier nach dem anderen. Ob sich die Futsal-Abteilung des Vereins Nafi Stuttgart auch auf internationaler Ebene durchsetzen kann, entscheidet sich diese Woche.

Stuttgart - Es klingt wie ein modernes Märchen: Eine Gruppe junger Männer trifft sich sporadisch, um Fußball zu spielen. Im Winter entscheiden sie sich für die Hallenfußballvariante Futsal. Gespielt wird mit einem kleinen Ball, der etwas kleiner und schwerer ist als ein normaler Fußball. Einige Jahre später sind die Amateure deutscher Meister in der jungen Sportart und treten in der Qualifikation des Uefa-Cups gegen ausländische Profi-Mannschaften an.

So ging es dem Team Nafi Stuttgart (Neuer Amateur-Fußball International) um Kevin Reinhardt. Der 26-Jährige ist der Star des Teams und schon als Kapitän der DFB-Allstars aufgelaufen, einer Art Nationalmannschaft. Eine richtige Landesauswahl gibt es in Deutschland noch nicht. In diesem Jahr gewann Nafi Stuttgart erstmals den DFB-Futsal-Cup, die deutsche Meisterschaft. Ganz überraschend ist das nicht: Die Stuttgarter wurden in den letzten Jahren mehrmals württembergischer und süddeutscher Meister.

Woher der Erfolg kommt? – Für Reinhardt ist es die Erfahrung. „Wir kennen uns schon seit vielen Jahren und verstehen uns blind. In meinen Augen lag der Erfolg beim DFB-Futsal-Cup zu 90 Prozent an unserer Geschlossenheit als Mannschaft“, sagt Kevin Reinhardt. Viel Zeit, um sich taktische Finesse anzueignen, hatten die Spieler nämlich nicht. „Wir sind immer noch eine Hobby-Mannschaft, im August kamen wir gerade mal auf zwei Trainingseinheiten.“

In Deutschland, wo der Futsal noch in den Kinderschuhen steckt, reicht das, um erfolgreich zu sein. Beim Uefa-Cup könnte es schwieriger werden. Die zyprischen Gastgeber Apoel Nikosia und KS Flamurtari Vlora aus Albanien sind Mannschaften, die in der ersten Liga ihres Landes spielen. Bei der Qualifikation in Zypern gilt: Nur der Erste kommt in die Vorrunde des Uefa-Pokals. Trotzdem sind die Spieler von Nafi Stuttgart zuversichtlich. „Wir wissen nicht so recht, was auf uns zukommt, aber wir glauben, dass es für den Einzug in die Vorrunde reichen könnte“, sagt Spielertrainer Damir Bosnjak.

Ein Hoffnungsschimmer: Der Sieger des letztjährigen DFB-Futsal-Cups, die Hamburg Panthers, überstanden die erste Runde des Uefa-Cups. „Gegen die Panthers haben wir im DFB-Cup gewonnen, also gehen wir davon aus, dass wir es auch in die zweite Runde schaffen können“, sagt Bosnjak. Dass Nafi in die Endrunde kommt, glaubt er nicht. „Dafür sind die Gegner einfach zu stark. Der Futsal in Deutschland ist immer noch unterentwickelt.“

Warum, ist keineswegs selbstverständlich, denn die Fifa hat das Spiel nach Futsal-Regeln zur offiziellen Hallenfußball-Variante erklärt. Besonders in Südamerika und Osteuropa ist Futsal populär und wird profimäßig gespielt. In Deutschland dominiert der traditionelle Hallenfußball, bei dem mit einem Ball in normaler Größe und mit Bande gespielt wird. Doch von 2016 an sollen auch hierzulande alle Hallenturniere nach Futsal-Regeln gespielt werden. Nur Privatturniere dürfen dann ausnahmsweise noch den alten Regeln folgen. Höchste Zeit, findet Kevin Reinhardt, der schon lange darauf wartet, dass es eine offizielle Futsal-Nationalmannschaft gibt.

„Uns ist bewusst, dass wir langfristig auf eine Nationalmannschaft nicht verzichten können“, sagt Bernd Barutta, der beim DFB für den Futsal zuständig ist. Noch sei das Leistungsniveau „nicht so weit“. Für Reinhardt ist das ein schwacher Trost. Er glaubt, dass zuerst die Futsal-Nationalelf her muss, dann würde das Niveau steigen. „Der DFB müsste uns besser unterstützen“, fordert er. Beim DFB spielt man den Ball zurück an die Vereine: „Es ist richtig, dass die Unterstützung in der Vergangenheit verhalten war, aber nicht nur bei den Verbänden, sondern auch bei der Mehrheit der Vereine, so dass es auch an der Nachfrage fehlte“, sagt Barutta.

Ein Vorwurf, der nicht von der Hand zu weisen ist. „Es gibt darüber eine heiße Diskussion“, sagt Heiner Baumeister, der Sprecher des Württembergischen Fußball-Verbands. Manch ein Verein habe vor kurzem noch tausende Euro in eine Bande investiert, die nach Futsal-Regeln überflüssig wäre. Auch die Veranstalter traditioneller Hallenfußballturniere befürchten, ihr Turnier könnte an Attraktivität verlieren, wenn nach Futsal-Regeln gespielt wird.

In Württemberg setzt man daher auf eine schleichende Umstellung. Die Jungen sollen nichts anderes mehr kennenlernen. Deswegen werden schon jetzt alle Jugendturniere nach Futsal-Regeln ausgetragen. Baumeister ist optimistisch, dass die Taktik aufgeht. „Die Resonanz ist sehr gut“, sagt er.

Mehr Informationen zum Uefa-Futsal-Cup unter: www.fupa.net/liga/uefa-futsal-cup

Neuhausen/Filder - Lukas Fischer ist ein gefragter junger Mann: Vor der Saison klopften GWD Minden und die SG Flensburg Handewitt an die Türe des 17-Jährigen. Doch der ließ die Handball-Top-Clubs abblitzen. Seine letzte Jugendsaison will Fischer bei seinem Heimatverein spielen, dem TSV Neuhausen/Filder. „Ich habe es nicht eingesehen wegzugehen. In Minden hätte ich eine Wohnung gehabt und mit der Bundesliga-Mannschaft trainiert“, sagt Fischer, „doch ich bin eben ein Neuhausener.“ Der A-Jugend-Nationalspieler will den Weg, den er gemeinsam mit seinen Teamkollegen in den vergangenen drei Jahren eisern verfolgt hat, nun auch zu Ende gehen.

Vor drei Jahren kam Trainer Jörg Ebermann zum TSV und übernahm die B-Jugend. Damals gab es einen Drei-Jahres-Plan. Das Ziel: die Jugend-Bundesliga Handball (JBLH) für A-Junioren. In der spielt der kleine TSV in dieser Saison in der Staffel Süd – der Plan ist also aufgegangen. 2013 scheiterte der TSV noch knapp, in diesem Jahr glückte die Qualifikation in einem nervenaufreibenden Finale gegen den VfL Günzburg, das Neuhausen mit 22:19 nach Verlängerung für sich entschied. „Hätten wir den Aufstieg nicht gepackt, dann wäre die Mannschaft wohl auseinandergebrochen“, sagt Fischer. Nach erfolgreicher Bundesliga-Qualifikation halten aber alle Spieler dem Club die Treue. Auch weil die Mannschaft „eine geile Truppe“ (Fischer) ist, die sich auch außerhalb des Feldes super versteht. Ebermann hat also nach wie vor den wohl stärksten Jahrgang unter seinen Fittichen, den der TSV Neuhausen je hatte. Neben Fischer steht ein weiterer Nationalspieler im Kader: Torhüter Sebastian Arnold. Auch der wurde vor der Saison vom Bundesligisten VfL Gummersbach umworben, entschied sich aber ebenfalls zu bleiben.

TSV-Trainer Ebermann weiß, dass so ein Jahrgang so schnell nicht wieder in Neuhausen spielen wird: „Wir haben hier zwar in der Breite eine sehr gute Jugendarbeit, aber dieses Team ist eine Ausnahme.“ Das liegt auch daran, dass der TSV mit begrenzten finanziellen Mitteln auskommen muss. „Andere Vereine wie Frisch Auf Göppingen, die SG Pforzheim/Eutingen oder die JSG Echaz-Erms sind uns strukturell weit voraus“, betont Ebermann. Sein Team ist keine reine Neuhausener Mannschaft, der Großteil der Jungs geht zwar zusammen in die dritte gemeinsame Spielzeit, doch viele der jungen Talente kamen nach und nach hinzu. Ebermann, der zuvor schon beim tus Stuttgart und beim TSV Deizisau Trainer war, kennt viele der Jungs bereits aus seiner Zeit als Bezirksauswahl-Trainer in der C-Jugend. „Normalerweise ist das dann so, dass die Jungs dahin wechseln, wo die anderen Guten spielen“, meint Ebermann, „der Jahrgang 1996 war eben in Neuhausen besonders stark.“ So kamen nach und nach immer mehr Talente zum TSV. Als Ebermann, der seit kurzem die A-Trainer-Lizenz besitzt, die Chance hatte, das Team zu übernehmen, musste er nicht lange überlegen.

Der Trainer glaubt, dass der TSV auch den guten Spielern noch viel bieten kann. Fischer, Arnold und auch Jean-Pierre Tarnowski spielen auch in der Herren-Drittliga-Mannschaft des TSV. „In der Jugend spielen wir in der höchsten Klasse, und im Herrenbereich gibt es in Deutschland nur ganz wenige Talente, die in diesem Alter höher als dritte Liga spielen“, sagt Ebermann. Die Top-Talente werden irgendwann den Sprung zu einem großen Verein wagen. Doch auch die restlichen Spieler haben Potenzial. Ebermann sieht sie später einmal im oberen Leistungsbereich. „Von dieser Spieler-Generation wird der TSV Neuhausen noch profitieren“, ist sich Ebermann sicher.