Toptalent: Brügges Jules Vanhaecke Foto: Baumann

Schalkes Ex-Profi Sven Vermant gewährt beim Junior-Cup in Sindelfingen als Jugendtrainer des FC Brügge Einblicke ins belgische Nachwuchssystem. Der belgische Fußball ist im Kommen.

Sindelfingen - Der Handschlag war kurz, aber herzlich: In der Spielerkantine im Bauch des Glaspalastes in Sindelfingen trafen sich Norbert Elgert und Sven Vermant – zwei alte Bekannte. Der eine ist U-19-Coach des FC Schalke 04, der andere zuständig für die Junioren beim belgischen Erstligisten FC Brügge. Von 2001 bis 2005 trug Vermant das Trikot der Königsblauen, gewann den DFB-Pokal. Aus dieser Zeit kennen sie sich. „Mit Norbert hatte ich schon immer ein gutes Verhältnis, es ist schön, ihn zu sehen“, meint Vermant. Eine Stunde zuvor hatte Brügge die Knappen 1:0 besiegt – ein guter Auftakt beim Mercedes-Benz Junior-Cup. Fürs Halbfinale hat nicht viel gefehlt. Doch das 3:3 gegen den VfL Wolfsburg im letzten Zwischenrundenspiel war zu wenig. „Wir haben eine ordentliche Leistung gezeigt. In Belgien wird überhaupt kein Hallenfußball gespielt“, erklärt der Trainer. Am Ende sprang nach dem 2:4 nach Neunmeterschießen gegen den VfB Stuttgart Rang sechs heraus.

Die Liste der belgischen Talente mit Anlagen zur Weltklasse ist lang.

Seine Jungs und der FC Brügge stehen stellvertretend für den Aufschwung in Belgien, wo es derzeit so viele junge Fußballkünstler wie Pommesbuden zu geben scheint. Dafür stehen Spieler wie die Premier-League-Profis Eden Hazard, Romelu Lukdieaku, Adnan Januzaj und Kevin de Bruyne. Die Liste der Talente mit Anlagen zur Weltklasse ist lang. Zudem ist die Nationalmannschaft Weltranglisten-Erster und wird längst nicht mehr nur als Geheimfavorit für die EM im Sommer in Frankreich gehandelt. Der frühere Schalker Marc Wilmots hat seit 2012 mit Wille, Leidenschaft und Ehrgeiz nicht nur eine überragende Elf geformt, sondern auch die Kluft zwischen Flamen und Walonen beseitigt. In Belgien träumen sie nun gemeinsam von einem Titel. „Ich traue ihnen alles zu“, sagt Sven Vermant. Die roten Teufel greifen an.

Nach der goldenen Generation soll in Belgien aber nicht Schluss sein. „Wir wollen zeigen, dass dieser Erfolg kein Zufall ist, und müssen für Nachschub sorgen“, sagt der Coach. Ein Anfang scheint gemacht – bei der U-17-WM 2015 in Chile erreichten die Belgier als einziges europäisches Team das Halbfinale und belegten Platz drei. Das ist auch ein Verdienst von Clubs wie Standard Lüttich, RSC Anderlecht und dem FC Brügge, die in ihren Jugendakademien hochprofessionell arbeiten. Auch dank Vermant.

Vermant stellte beim FC Brügge alles auf den Kopf.

„Als ich meine Karriere als Spieler beendet habe, hatte ich noch nicht das Gefühl, dass ich Trainer werden könnte“, erzählt Vermant. Dann kam die Anfrage des FC Brügge, Vermant machte den Trainerschein, übernahm die U 21 und wurde unter dem neuen Präsidenten Sportdirektor. Der ehemalige Mittelfeldspieler stellte alles auf den Kopf – neues Scouting, neues Trainerteam und ein neues Nachwuchskonzept. Seit Oktober 2015 ist er zurück auf der Trainerbank.

Mit Brent Gabriel, Senne Lyne, Jules Vanhaecke und Jarno Desmet spielen in Sindelfingen vier Spieler, die erst 16 Jahre alt sind. „Wenn die Jungs körperlich und mental so weit sind, bekommen sie ihre Chance“, sagt Vermant, für den nicht nur Ergebnisse zählen. „Es ist genauso wichtig, die Spieler weiterzuentwickeln“, sagt der 42-Jährige. Obbi Oulare hat schon den ersten Schritt gemacht und wechselte von Brügge für acht Millionen Euro in die Premier League zum FC Watford. Nachahmer nicht ausgeschlossen.