Arbeiter blockieren mit Feuer den Zugang zum Hafen in Saint-Nazaire im Westen Frankreichs. Die Proteste machen den Veranstaltern der anstehenden Europameisterschaft Sorgen. Foto: AFP

Barikaden und Sperren aus brennenden Reifen und Paletten: Zwei Wochen vor der Fußball-EM in Frankreich wächst die Sorge, dass die Proteste gegen die geplanten Arbeitsmarktreformen das Turnier beeinträchtigen könnten.

Paris - Zwei Wochen vor der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich wächst die Sorge, dass die Proteste gegen die geplanten Arbeitsmarktreformen das Turnier beeinträchtigen könnten. Die Gewerkschaft CGT drohte damit, nicht nachzugeben und damit Störungen bei der EM in Kauf zu nehmen. Am Donnerstag zielten die Proteste auf die Strom- und Treibstoffversorgung. Landesweit gingen Zehntausende Menschen auf die Straße. Auch zahlreiche Beschäftigte von Ölraffinerien, Kraftwerken und der staatlichen Eisenbahn folgten dem Streikaufruf der Gewerkschaft.

Vor Häfen wie Le Havre und Verteilzentren errichteten die Demonstranten Barrikaden und Sperren aus brennenden Reifen und Paletten. Am Öl-Hafen in Marseille stauten sich mehr als 20 Tanker, die nicht abgefertigt werden konnten. Bei normalen Betrieb befinden sich durchschnittlich fünf Schiffe in der Warteschleife.

Ministerpräsident soll rote Karte zurücknehmen

Auf die Frage, ob sie mit ihrem Ausstand auch die am 10. Juni beginnende die EM ins Visier nehme, sagte CGT-Chef Philippe Martinez, es sei an der Regierung, einzulenken. „Dann wird alles gut sein.“ Der Vorsitzende der kleineren ebenfalls protestierenden Gewerkschaft FO, Jean-Claude Mailly, erklärte: „In Fußballer-Sprache: Es ist Zeit, dass der Ministerpräsident die rote Karte zurücknimmt.“

Ministerpräsident Manuel Valls hat zwar Anpassungen des Reformpakets als möglich bezeichnet, wesentliche Änderungen aber ausgeschlossen. Keinesfalls werde der besonders umstrittene Teil gestrichen, sagte er. In dem Konflikt geht es um die Aufweichung von Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmer wie dem Kündigungsschutz. Die Regierung verspricht sich davon eine Senkung der hohen Arbeitslosigkeit.

Die Streiks machen sich besonders bei der Belieferung von Tankstellen bemerkbar. 20 bis 30 Prozent von ihnen hätten schon keine Treibstoffe mehr oder könnten nicht mehr alle Sorten anbieten, sagte Valls. Frankreich mobilisierte bereits seine strategischen Reserven, um den Betrieb der Tankstellen zu gewährleisten.

Die Leistung der Atomkraftwerke wurde wegen der Streiks um rund mindestens fünf Gigawatt reduziert. Das entspricht etwa sechs Prozent der gesamten Kraftwerkskapazität des Landes. Mit Stromausfällen rechneten Experten aber nicht.

Uneinigkeit unter den Gewerkschaften

Valls lehnt es ab, auf die Proteste einzugehen und die Arbeitsmarktreform zurückzunehmen, die er bereits unter Umgehung der Abgeordneten per Dekret durch die Nationalversammlung gebracht hat. „Die CGT regiert nicht das Land“, sagte er.

Die mit der CGT rivalisierende moderatere CFDT hat sich hinter eine inzwischen entschärfte Version des Gesetzes gestellt. Ihr Chef Laurent Berger sprach sich für eine Abkühlung der aufgeheizten Stimmung im Land aus. Das Klima sei etwas hysterisch geworden, sagte er im Rundfunk: „Wir sollten etwas runterkommen.“