Ratlos im Spiel gegen Island, danach folgte der Rücktritt: Englands Trainer Roy Hodgson. Foto: AFP

Wer keinen Erfolg hat, muss gehen: Die einen Trainer treten freiwillig ab, die anderen erst auf Druck ihrer Verbände. Zwei renommierte Fußball-Nationen geben zurzeit eine Lachnummer ab.

Marseille - Vor ein paar Tagen machten beide noch Seite an Seite Schlagzeilen. Der eine, der englische Prinz William, weil die Kameras sowieso immer auf ihn gerichtet sind, wenn er in der Öffentlichkeit auftritt. Der andere, Uefa-Vize Ángel María Villar, weil er als Nebensitzer des Prinzen während des sterbenslangweiligen 0:0 zwischen England und der Slowakei in der Vip-Loge eingenickt war. Die gute Nachricht für unsereins: Wir dürfen weiter an ihren Leben teilhaben. Die schlechte für die beiden Herren: Sie kommen dabei nicht gut weg. Weder Prinz William, der als Präsident des englischen Fußball-Verbandes FA die Nachfolge des zurückgetretenen Nationaltrainers Roy Hodgson regeln muss, noch Villar, der als Amtskollege bei den gleichfalls ausgeschiedenen Spaniern den noch amtierenden Coach Vicente del Bosque vom Thron stoßen will, aber aus sportpolitischen Gründen nicht kann – eine Farce ohnegleichen.

Acht von 24 EM-Trainern schon nicht mehr im Amt

Acht der 24 angetretenen EM-Trainer sind schon jetzt oder nach dem Turnier nicht mehr im Amt. Die einen, weil sie sich schon vorab zum Aufhören entschlossen hatten oder einen neuen Job antreten – Lars Lagerbäck (Island), für den sein jetzt schon gleichberechtigter Mitstreiter Heimir Hallgrimsson übernimmt, der Schwede Erik Hamren, der Italiener Antonio Conte (künftig FC Chelsea) und der Ukrainer Michail Fomenko gehören zu dieser Spezies. Dann gibt es die Trainer, die wegen Erfolglosigkeit aus dem Amt gekickt wurden – der Rumäne Anghel Iordanescu und der Russe Leonid Sluzki – oder selbst aufgegeben haben wie Roy Hodgson. Einige Kollegen dürften ihnen demnächst folgen. Österreichs Marcel Koller und Kroatiens Ante Cacic sind öffentlich angezählt. Koller werden taktische Mängel beim Vorrunden-Aus vorgehalten, unter anderem die Versetzung des Abwehrspielers David Alaba ins Mittelfeld, wo er nicht zurechtkam. Cacic muss sich vorwerfen lassen, im Achtelfinale gegen Portugal (0:1 n. V.) zu wenig riskiert zu haben. Auch Frankreichs Didier Deschamps kann nicht sichergehen, dass er weiter die Bleus trainieren darf, dafür muss er im eigenen Land schon den Titel gewinnen. Und dann gibt es eben jene Sonderfälle Hodgson und Del Bosque.

„Wir wissen nicht, was wir tun“

Für die Nachfolge von Hodgson (68) ist Prinz William zuständig, zumindest auf dem Papier. Weil ein Prinz aber vor allem Prinz ist und kein Headhunter, hat er Martin Glenn neben sich. Der ist FA-Geschäftsführer und hatte vor der EM zweimal erklärt, er habe eigentlich keine Ahnung vom Fußball. Nun muss er zusammen mit einigen anderen honorigen Herren den wichtigsten Mann im wichtigsten Sport des Landes finden. Ex-Profi Gary Southgate gilt als erster Kandidat, wohl deshalb, weil er als U-21-Nationaltrainer die naheliegende Lösung ist. Ansonsten sind all diejenigen im Gespräch, die bei drei nicht auf dem Baum waren, was Fans und Medien pure Fassungslosigkeit abringt. „Wir wissen nicht, was wir tun“, titelte der „Daily Mirror“ und schrieb von „FArcical“ – einer Farce. Das FA war dabei rot unterlegt.

Ähnlich amüsant verläuft in Spanien die Trennung von Vicente del Bosque (65). Der Coach, der die Nationalmannschaft 2010 zum WM- und 2012 zum EM-Titel geführt hat, hatte schon im Juni 2015 anlässlich seines 100. Länderspiels auf der Bank der Spanier seine Demission nach dem Turnier angekündigt. In seiner Biografie hatte er diese Absicht im Dezember erneuert. Seit Spanien nun ausgeschieden ist, herrscht aber Funkstille, die wohl vor allem mit Verbandspräsident Ángel María Villar zusammenhängt. Er gilt als möglicher Kandidat für die Nachfolge des gesperrten Uefa-Bosses Michel Platini, bis zum 20. Juli müsste er seine Bewerbung abgeben. Die Wahl des neuen Nationaltrainers würde Villar dann seinem Nachfolger als Verbandschef überlassen. Sollte sich Villar gegen eine Kandidatur entscheiden, wird del Bosques Abschied wohl erst verkündet, wenn er einen Nachfolger präsentieren kann. Was in beiden Fällen erklärt, warum Del Bosque so beharrlich schweigt: Er hat eine Absprache mit Villar getroffen.