Anschaulich werden die Vernetzungen der Familien aufbereitet Foto: Museum

Im neuen Fugger- und Welser-Erlebnismuseum lernt man spielerisch die Geschichte der Handelsfamilien kennen.

Augsburg - Bereits im Eingangsbereich überkommt jeden Harry-Potter-Leser ein Déjà-vu: In dem dort ausgelegten so genannten Lebendigen Buch schreiben sich Texte wie von Geisterhand selbst, entstehen Bilder vor den Augen des Betrachters und es beleben sich die historischen Karten aus dem Zeitalter der Fugger und Welser. Zwischen 1490 und 1560 bestimmten die beiden berühmten Augsburger Handelsfamilien nicht nur den globalen Handel, sondern auch die Weltpolitik. Davon erzählt das neue Fugger- und Welser-Erlebnismuseum.

Götz Beck, Chef der Regio Augsburg, die das Museum betreibt, ist stolz auf die „Meisterleistung moderner Technik im denkmalgeschützten Wieselhaus“. Mehrere Kilometer Kabel wurden im ganzen Haus verlegt, um die Exponate zu beleben. Sie sorgen dafür, dass man an Hörstationen der Geschichte lauschen kann, dass die Infotafeln von innen heraus leuchten und so gut lesbar sind, dass man in der Schreibstube Jakob Fugger und Bartholomäus Welser höchstpersönlich begegnen kann und in der Bildergalerie sprechende und handelnde Porträts erlebt. Die Fantasie der Besucher beflügeln zudem ein täuschend echtes Schiffsdeck und eine Bergwerk-Inszenierung im Keller des Renaissance-Gebäudes. Kinder werden von der cleveren Comic-Figur Konrad durch die Geschichte geführt.

Erzählt wird aus einer Zeit, die geprägt war von der Renaissance und der Reformation. Es war eine Zeit des Aufbruchs, der Weltentdeckung und -eroberung. Welchen Anteil die Augsburger Kaufmannsfamilien daran hatten, erfahren die Besucher ebenso wie die Tatsache, dass die Welser für kurze Zeit eine Provinz in Venezuela ihr eigen nannten. Schon 1505 landeten von den Fuggern finanzierte Schiffe in Goa. Die Fugger und Welser entwickelten weltweite Unternehmensstrukturen nicht anders als heutige Global Player. Sie finanzierten Päpste und Kaiser und machten Augsburg zum Zentrum ihrer Konzerne.

Auch die Kehrseite von Reichtum und Erfolg wird thematisiert

Doch der Blick des neuen Museums richtet sich nicht nur auf Reichtum und Erfolg, sondern auch auf deren Kehrseite. Es wird nicht verschwiegen, dass der Reichtum der Handelsfamilien auch mit Kinderarbeit erkauft wurde und in der Neuen Welt mit der Versklavung der indigenen Bevölkerung.

Das Thema hatte im Vorfeld zu größeren Auseinandersetzungen hinter den Kulissen und zur Ablösung der ursprünglichen Kuratorinnen geführt. Doch dieser Streit scheint ebenso vergessen wie die lange Durststrecke bis zur Verwirklichung des Museums.

15 Jahre hatte Götz Beck darauf gewartet, die Geschichte der Fugger und Welser in die Stadt zu holen. 630 000 Euro kostete die Einrichtung des Museums in dem denkmalgeschützten Wieselhaus, das für 3,2 Millionen Euro restauriert werden musste. Eine Investition, die sich gelohnt hat.