Ob auf dem Marktplatz oder im Internet: Die Befürworter zeigen sich Foto: Kraufmann

Interview mit dem Gründer der Facebook-Seite "Für Stuttgart 21" mit über 33.000 Anhängern.

Stuttgart - Der Streit um Stuttgart 21 tobt auch im Internet. Nachdem sich dort lange nur die Gegner zu Wort gemeldet haben, werden nun die Befürworter aktiv. Die Facebook-Seite "Für Stuttgart 21" wächst rasant und hat mehr als 33.000 Anhänger. Stefan Wöhler hat die Seite gegründet.

Herr Wöhler, werden Sie von der Bahn bezahlt?

Klar, wir sind gekauft, alle 33.000. Wir bekommen pro Tag zehn Milliarden für jede Person auf der Facebook-Seite. Aber wie haben Sie das herausgefunden? Das sollte doch geheim bleiben.

Der Grünen-Bezirksbeirat Andreas Bühler hält das in seinem Blog für vorstellbar und fragt: "Die gekaufte Bewegung?"

Es ist schon erstaunlich, dass diejenigen, die sich selbst als die einzig wahren Demokraten bezeichnen, anderen keine eigene Meinung zugestehen. Wenn sich jemand für Stuttgart 21 ausspricht, heißt es immer sofort, dass wir gekauft wären, oder Handlanger von Mappus oder Merkel sind. Und zur Bahn habe ich nur Kontakt, wenn ich eine Fahrkarte kaufe.

Immerhin erledigen Sie Öffentlichkeitsarbeit, die Bahn, Stadt und Land leisten müssten.

Das ist nicht unsere Absicht, und das wäre ein völlig überhöhter Ansatz. Wir möchten mit unserer Seite auf Facebook den Dialog im Kleinen fördern und allen Interessierten ein Forum bieten, auf dem sie sich über das Projekt austauschen oder gegenseitig informieren können.

33.000 innerhalb weniger Tage

Das sind ziemlich viele geworden.

Ja, dass sich innerhalb weniger Tage 33.000 Menschen für Stuttgart 21 aussprechen, ist wirklich erstaunlich. Als mein Bruder Daniel und ich die Seite vor zweieinhalb Jahren gründeten, kannte Facebook in Deutschland noch kein Mensch und auch Stuttgart 21 war kein Reizthema und interessierte kaum jemand.

Bei Ihnen war das offenbar anders?

Die Zeitungen schreiben ja seit ich lesen kann über das Projekt. Das hat mich neugierig gemacht, ich habe mich informiert und Stuttgart 21 begeistert mich bis heute. Die freiwerdenden Flächen sind für Stuttgart eine Riesenchance.

Aber der Aufwand, das viele Geld, der Lärm und der Dreck?

Das wird anstrengend, natürlich. Aber Veränderung gehört dazu, Stuttgart muss sich der Zukunft stellen und sich darauf vorbereiten. Man darf nicht vergessen, dass das ein Projekt für uns Bürger ist und wir schlussendlich die sind, die von Stuttgart 21 Jahrzente lang profitieren werden.

Wenn das alles so wichtig ist für die Stadt, warum zeigen sich die Befürworter erst jetzt?

Denen ging's wahrscheinlich wie mir: Ich habe auch gesagt, das Ding ist beschlossen, es läuft. Man geht in die Schule, man studiert, man arbeitet, kümmert sich um die Familie, das ist alles viel wichtiger als der Umbau eines Bahnhofs. Doch als dann die Gegner so viel Präsenz zeigten, haben offenbar viele gedacht: Hoppla, uns gibt's aber auch!

Und melden sich per Facebook zu Wort.

Das fiel mit dem Beginn der Montagsdemos zusammen. Da haben wir hunderte neue Mitglieder bekommen. Und mit dem Baubeginn sind es Tausende geworden. Vor allem weil sich durch die Medienpräsenz viele vormals Uninteressierte informiert haben und viele Chancen im Projekt sehen.

Man ist nicht gern allein.

Genau. Eine Zeitlang schien es ja so, als ob es nur Gegner gäbe. Und man sich fragte: Bin ich der Einzige? Ich habe von vielen gehört: Endlich gibt's ein Angebot für die, die dafür sind. Das ist letztlich wie bei den Gegnern auch, man bestätigt und bestärkt sich gegenseitig.

Hauptsächlich Generation Facebook

 Aber die Gegner zeigen sich auf der Straße, sie im Internet, ist das nicht wohlfeil?

Klar ist es etwas anderes, auf die Straße zu gehen, aber die meisten der Anhänger der Seite sind unter 35. Und da ist das Internet ein Teil des Lebens. Das ist natürlich nur ein Klick, aber man zeigt mit seinem Namen und seinem Foto, dass man für das Projekt eintritt. Und es schwappt ja auch über ins, wenn Sie so wollen, reale Leben. Mit dem Laufen für Stuttgart 21 morgen, mit Buttons, T-Shirts, die immer öfter zu sehen sind. Die Menschen zeigen Flagge, wohlgemerkt dafür! Fast immer demonstriert man gegen etwas. Es ist schon bemerkenswert, dass sich so viele jetzt für etwas aussprechen.

Was sind das für Menschen?

Hauptsächlich die Generation Facebook, viele Schüler, Studenten und junge Berufstätige. Interessant ist aber, dass sich in letzter Zeit viele Ältere extra auf Facebook angemeldet haben, um der Seite beizutreten.

Machen Sie auch noch was anderes, außer diese Seite zu moderieren?

Demnächst wieder studieren. Da bleibt dann auch die Zeit dafür. Wir sind zu dritt, und sind ein bis zwei Stunden am Tag beschäftigt. Wir achten darauf, dass sachlich argumentiert wird und löschen Beleidigungen. Doch das ist selten, wir wünschen uns einen Dialog, bei dem Argumente ausgetauscht werden.

Die Facebook-Seite "Für Stuttgart 21" finden Siehier. Auch die Stuttgarter Nachrichten sind auf Facebook vertreten. Klicken Sie sich rein und werden Sie unser Freund.