Für den Fall eines Atomunfalls hat das Thüringer Innenministerium beim Bund einen Bedarf von Jodtabletten für etwa 550 000 Thüringer angemeldet. Foto: dpa

Aus Angst vor einem Atomunfall und weil es den Bund für zu träge hält, hat Nordrhein-Westfalen auf eigene Initiative hin Millionen zusätzliche Jodtabletten bestellt. Thüringen will es dem Bundesland nicht gleich tun - und verweist auf die Verantwortung Berlins.

Erfurt - Für den Fall eines Atomunfalls hat das Thüringer Innenministerium beim Bund einen Bedarf von Jodtabletten für etwa 550 000 Thüringer angemeldet. Anders als Nordrhein-Westfalen wolle der Freistaat aber keine eigene Initiative ergreifen, um Jodtabletten für die Bevölkerung in Thüringen zu beschaffen, sagte ein Sprecher des Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur.

Die Bemühungen Nordrhein-Westfalens um Jodtabletten seien zwar zu begrüßen. Sie bildeten aber aus hiesiger Sicht die Verantwortlichkeiten nicht richtig ab. „Zuständig für die Bereitstellung und Finanzierung von Jodtabletten bei kerntechnischen Unfällen außerhalb der Katastrophenschutzradien von Kernkraftwerken ist der Bund“, sagte der Sprecher.

Bund agiere nicht aktiv genug

Nordrhein-Westfalen lagert seit Jahren nach eigenen Angaben die für seine Bevölkerung vorgesehenen Jodtabletten bei sich im Land statt in den Zentrallagern des Bundes. Zuletzt hatte das Land auf eigene Initiative hin noch einmal etwa 21 Millionen der Pillen zusätzlich bestellt - zu Kosten von etwa 800 000 Euro. Aus Sicht des Nordrhein-Westfalen agiere der Bund bei der Beschaffung des Medikaments nicht aktiv genug, hatte eine Sprecherin des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen vor wenigen Tagen erklärt. Das Land behalte sich die Forderung nach Erstattung der Kosten vor.

Kaliumjodid wird bei nuklearen Zwischenfällen eingesetzt, weil es die Aufnahme radioaktiven Jods im Körper stark abschwächt. Zwar gibt es in Nordrhein-Westfalen selbst keine Atomkraftwerke. Doch nach einer Serie von Pannen in belgischen Atommeilern ist die Angst in dem Land vor einem nuklearen Zwischenfall hoch.

Verteilung nur an bestimmten Personenkreis

Der Sprecher des Thüringer Innenministeriums sagte, um die etwa 550 000 Thüringer im Falle eines Atomunfalls mit Jodtabletten versorgen zu können, rechne man nach einer groben Schätzung mit einem Maximalbedarf von etwa einer Million Tabletten. Die würde im Fall der Fälle aber eben nicht an alle Menschen im Freistaat verteilt, sondern nur an einen bestimmten Personenkreis. Dieser Personenkreis bestimme sich danach, wer in welcher Entfernung von dem Atomkraftwerk lebe, in dem es einen Zwischenfall gebe.

Da sich die Empfehlungen zum Einsatz des Medikaments im Falle eines Unfalls vor einigen Monaten geändert hätten, sei der Bedarf an diesen Pillen auch für Thüringen nun höher als er in der Vergangenheit geschätzt worden sei, sagte der Sprecher des Innenministeriums. Wie genau dieser Mehrbedarf an Tabletten finanziert, beschafft und verteilt werden solle, könne erst geklärt werden, wenn der Bund sich dazu äußere.