Als Mitglied eines kriminellen Familienclans soll ein 22-Jähriger mehrere Frauen bestohlen haben – drunter eine 80-Jährige, die dabei schwer verletzt wurde.
Stuttgart - Verteidiger Werner Haimayer formuliert es kurz und prägnant: „Klauen ja, Gewalt nein“, sei das Motto seines Mandanten und dessen Komplizen gewesen. Eine 80 Jahre alte Frau aus Stuttgart berichtet indessen, dass die Diebe sie schwer verletzt hätten.
Die ältere Dame hebt am 23. März vorigen Jahres 1000 Euro an dem Geldautomaten einer Bank an der Unterländer Straße in Zuffenhausen ab. Was sie nicht ahnt: Der Angeklagte und mehrere seiner Mittäter, darunter zwei Frauen, beobachten die 80-Jährige. Der Staatsanwalt trägt weiter vor, die Täter seien der Frau in die Stadtbahn gefolgt und mit ihr an der Wimpfener Straße ausgestiegen. Die Gruppe überholt die Seniorin und lauert ihr am Bauernweg auf. Drei Täter sichern ab, während der Kleinste und Wendigste die 80-Jährige zu Boden stößt. Aus dem Trolley der Frau greift er sich die Geldbörse mit den 1000 Euro. Der Gruppe gelingt die Flucht, das betagte Opfer erleidet eine schwere Schulterverletzung und mehrere blutende Schürfungen.
Rentnerin erleidet schwere Schulterverletzung
Laut Staatsanwalt gehört der 22-jährige fünffache Vater zu einer Bande, die vornehmlich aus den Angehörigen seiner Frau bestehen soll. „Die Bande begeht fortwährend Diebstähle mit dem Ziel, dadurch ihren Lebensunterhalt zu bestreiten“, so der Ankläger. Durch ihre Taten wolle die kriminelle Gruppe zudem Geld für einen Hausbau in Serbien, der Heimat des Angeklagten, erwirtschaften. Geplant würden vornehmlich Taschendiebstähle. Dabei werden die Frauen auf Opfer angesetzt, die Männer sichern die Diebstähle ab.
So wie Mitte Juni 2015, als der Angeklagte mit seiner Gruppe im Stadtpark in Stuttgart-Vaihingen zugange gewesen sein soll. Eine der Frauen soll sich die Stofftasche aus dem Fahrradkorb geschnappt haben, während die Besitzerin ihrem Kind beim Spielen zusah. Die Beute: 30 Euro, ein Handy und persönliche Karten.
Passant schlägt Diebe in die Flucht
Oder wie am 15. August 2015, als die Diebe in Möhringen zugeschlagen haben sollen. Auch dort soll eine Täterin vor einer Bäckerei einen Geldbeutel aus einem Fahrradkorb gefischt haben. Ein Passant hielt die Täterin fest. Der Angeklagte soll drohend die Faust gegen den Passanten erhoben haben. Als sich zwei weitere Männer aus der Gruppe vor dem Mann aufbauten, ließ dieser die Frau schließlich los.
Anfang April 2016 konnten die Täter bei einem weiteren Versuch von einem beherzten Mann in die Flucht geschlagen werden. Wieder hatte eine der Frauen in Vaihingen in die Tasche einer Rentnerin gegriffen. Der kräftige Passant ging dazwischen, die Gruppe suchte das Weite.
Fünffacher Vater im Alter von 22 Jahren? Er habe mit 16 seine damals 14-jährige Freundin geheiratet, allerdings nach Landfahrersitte, sagt der Angeklagte. Schon ein Jahr später gebar die Jugendliche ihm das erste Kind. Mit 13 Jahren habe er angefangen, in seiner serbischen Heimat als Erntehelfer zu arbeiten. In der Schule habe er nur rund vier Wochen verbracht. „Das hat mir nicht gefallen“, lässt er übersetzen. Lesen und schreiben könne er zwar, aber „nicht so richtig“.
Ehefrau ist ebenfalls vorbestraft
Im Juni 2014 kam er mit Frau und drei Kindern nach Deutschland. Mehrere Angehörige seiner Frau waren damals schon hier. Inzwischen wurden die meisten ausgewiesen und leben wieder in Serbien – auch seine vorbestrafte Frau mit den fünf Kindern.
„Mein Mandant will Verantwortung übernehmen“, sagt der Verteidiger. Er gestehe alle Vorwürfe, auch den Fausthieb gegen einen 13-Jährigen im Plieninger Flüchtlingsheim im Mai 2015. Der Überfall auf die 80-Jährige sei aber nicht so geplant gewesen. Ein Komplize habe ihm erst später erzählt, dass die Rentnerin „gestolpert“ sei. Er habe nichts mitbekommen. Der Prozess wird fortgesetzt.