Der Baustart – 2. Februar 2010Es war einmal: Nur Bahn-Chef Rüdiger Grube ist noch im Amt, der Rest, der hier so nett beim Baustart am 2. Februar 2010 posiert, hat andere Jobs oder ist Ruheständler. Landesvater Günther Oettinger, Grube, Regionaldirektorin Jeannette Wopperer, Bundesverkehrsminister Peter ­Ramsauer, OB Wolfgang Schuster, Projektsprecher Wolfgang Drexler und Projektleiter Hany Azer (von links) Foto: dpa

Der Prellbock 049 machte Geschichte. Am 2. Februar 2010 versetzte man ihn und begann damit nach 15 Jahren des Planens offiziell mit dem Bau von Stuttgart 21. Ein Projekt, das seitdem die Stadt aufgewühlt hat – im Untergrund und in der Seele.

Stuttgart - Schwaben sind gründliche Menschen. Was sie machen, machen sie richtig. Sei es kehren, Autos bauen oder streiten. Weil sie zudem noch rechte Dickschädel sind, schafften sie es, über einen Bahnhof zu zoffen, als hinge ihr Seelenheil davon ab.

Oben bleiben oder tieferlegen?

Mit fast schon religiöser Inbrunst, nahe am Fanatismus, schlug man sich die Argumente um die Ohren, reizte sich bis aufs Blut. Hier die Fortschrittsverweigerer, dort die Immobilienmafia. Eine Situation, die schließlich am Schwarzen Donnerstag eskalierte. Mehrere Hundert Menschen wurden verletzt, als die Polizei den Schlossgarten räumte.

Heiner Geißler schaffte es als Schlichter, dass man wieder miteinander redete. Stuttgart 21 wird gebaut, so sein Spruch. Hätte man sich also all den Ärger sparen können? Was ist nun geblieben außer dem Milaneo und zahllosen Baustellen in der Stadt?

Doch so manches gelernt

Nun, man lernte, dass der Juchtenkäfer im Schlossgarten wohnt; dass sich dort bestens zelten lässt; dass ein Bauzaun als Museumsobjekt taugt; dass Buttons wieder modern sind; dass man montags nicht nur für Freiheit und gegen Hartz IV, sondern auch gegen S 21 demonstrieren kann; dass man die Menschen viel früher nach ihrer Meinung fragen sollte; dass die Lauten nicht immer die Mehrheit sind.

Sie wird in Erinnerung bleiben, die Bürgerbewegung mit all ihrer Kraft, aber auch den seltsamen Blüten, die sie trieb: Das Anbeten von Bäumen, öffentliche Gelöbnisse, ein Schweigemarsch. Sie änderte die Art und Weise, wie Politiker mit Großprojekten umgehen, sie ebnete den Weg für den Volksentscheid, sie trieb die CDU aus der Regierung, sorgte mit dafür, dass Land und Stadt grün regiert werden.

Auch wenn sich der letzte Rest der Protestierenden und die Partei seitdem nicht mehr grün sind. Denn es wird unverdrossen gebaut. Auch wenn man noch nicht absehen kann, wie lange es dauert und wie viel es kosten wird. Doch vielleicht weiß man da ja in fünf Jahren mehr.