Laut Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen von 2013 wurden von den knapp 95 000 begutachteten Verkehrsteilnehmern, die eine medizinische und psychologische Untersuchung absolvieren mussten, 36 Prozent – und damit etwa jeder Dritte – als „ungeeignet“ eingestuft. Foto: dpa

Drogen, 1,1 Promille Alkohol oder acht Punkte genügen, um sich einer medizinisch-psychologischen Unter­suchung (MPU) unterziehen zu müssen. 2013 fiel etwa jeder Dritte durch. Experten vom Tüv Süd klären die wichtigsten Leserfragen.

Macht eine medizinische und psychologische Untersuchung einen ehemaligen Verkehrssünder wieder verantwortungsbewusster?
Über den Sinn und Unsinn eines verkehrsmedizinischen und -psychologischen Gutachtens wird oft gestritten. Verkehrspsychologen wie Axel Uhle von der Tüv Süd Pluspunkt GmbH halten die MPU dennoch für richtig und wichtig: „Aus Studien weiß man, dass nach einer Trunkenheitsfahrt die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass sich dieses Vergehen wiederholt, solange keine Verhaltensänderung stattfindet.“ Nach Zahlen der Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast) fallen etwa fünf Prozent der Kraftfahrer mit Alkohol im Straßenverkehr auf. Von denen, die eine Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,1 Promille erreicht haben, fällt jeder Zweite wieder wegen des gleichen Deliktes auf. Dagegen ist die Rückfallquote der Autofahrer, die aufgrund eines solchen Deliktes die MPU absolvieren mussten, gering. „Man kann sagen, dass 93 Prozent der Autofahrer nach einer solchen Prüfung nicht mehr auffallen, wenn sie ihr Verhalten geändert haben“, so Uhle.
Was sind die häufigsten Gründe für eine MPU?
Mehr als die Hälfte der knapp 95 000 deutschen Autofahrer, die 2013 zur MPU geschickt wurden, saßen laut Statistik der Bast betrunken am Steuer. „Zum Test wird geschickt, wer einmal mit mehr als 1,6 Promille oder wiederholt erwischt wird“, sagt der Verkehrspsychologe Uhle. In Baden-Württemberg wird nach aktueller Rechtsprechung bei 1,1 Promille eine MPU angeordnet. An zweiter Stelle der Delikte folgen Fahrten unter Drogeneinfluss (meist Haschisch). Seltener handelt es sich bei den MPU-Absolventen um Autofahrer, die mehr als acht Punkte in Flensburg haben – so wie Fußball-Bundestrainer Joachim Löw.
Was umfasst die MPU?
Der Test besteht aus drei Untersuchungen: „Im medizinischen Teil wird geklärt, ob Auffälligkeiten vorhanden sind und gegebenenfalls der Fahrer die vergangenen Monate abstinent gelebt hat“, sagt Andrea Häußler, verkehrspsychologische Gutachterin der Tüv Süd Life Service GmbH. Dazu ist meist ein Nachweis erforderlich. Hinzu kommt ein Leistungstest, bei dem unter anderem das Reaktionsvermögen überprüft wird. Es folgt ein Gespräch mit einem Psychologen, indem geklärt wird, ob ausreichende und angemessene Veränderungen vorliegen. Der Test dauert laut Andrea Häußler insgesamt etwa drei bis vier Stunden.
Wo kann man die MPU absolvieren?
In Deutschland gibt es derzeit 13 Träger, bei denen man sich an 272 Stellen medizinisch und psychologisch untersuchen lassen kann. Die Bast hat eine Liste mit sämtlichen Trägern auf ihrer Internetseite, www.bast.de, veröffentlicht – darunter auch mehrere Stellen von Tüv Süd sowie das Uniklinikum in Heidelberg.
Ist eine professionelle Vorbereitung sinnvoll?
Laut Angaben der Bast von 2013 wurden von den knapp 95 000 begutachteten Verkehrsteilnehmern 36 Prozent – und damit etwa jeder Dritte – als „ungeeignet“ eingestuft. „Nachgewiesenermaßen steigt die Erfolgsquote mit einer frühzeitigen und professionell begleiteten Vorbereitung auf über 80 Prozent an“, sagt der Verkehrspsychologe Axel Uhle. Die hohe Durchfallquote liege aber nicht allein an der Schwierigkeit der Tests, so Verkehrspsychologin Häußler. „Vielen ist auch nicht klar, dass sie medizinische Nachweise erbringen müssen, etwa dass sie ihren Alkoholkonsum unter Kontrolle haben oder drogenfrei sind.“ Wer diesen Nachweis nicht erbringt – obwohl er aufgrund einer Alkoholfahrt zu einer MPU verurteilt wurde –, kann auch nicht bestehen. Grundsätzlich raten die Experten von Tüv Süd dazu, gleich nach der Verurteilung mit der Vorbereitung zu beginnen. „Je früher man sich vorbereitet, umso besser sind die Erfolgschancen“, sagt Uhle.
Was für Angebote gibt es?
Einen guten Einstieg findet man bei den kostenlosen Informationsabenden der anerkannten Begutachtungsstellen und Trägern von Schulungsmaßnahmen. Experten empfehlen zudem ein Einzelberatungsgespräch mit einem Psychologen, das etwa 100 Euro kostet. Ergänzend gibt es je nach Wunsch Gruppenkurse und Einzelsitzungen. Diese sind aber merklich teurer: Anbieter verlangen in der Regel für eine solche Betreuung zwischen 400 und 900 Euro. „Insgesamt geht ein Führerscheinentzug sehr ins Geld“, sagt Andrea Häußler. Der Test allein kostet je nach Vergehen bis zu 800 Euro, hinzu kommen bei vielen Verkehrssündern die Kosten für die medizinischen Nachweise, die laut Häußler bei 300 bis 600 Euro liegen.
Wie erkennt man einen seriösen Anbieter?
Bislang gibt es keine festgelegten Qualitätsansprüche an die MPU-Vorbereitungskurse – was wiederum bedeutet, dass sich auch viele Betrüger auf dem Markt befinden. „Die Unternehmen, die mit einer 100-Prozent-Erfolgschance oder Geld-zurück-Garantie werben, sind definitiv nicht seriös“, sagt der Experte Axel Uhle. Wer Hilfe bei der Auswahl braucht, kann sich beim Tüv Süd informieren oder sollte auf die Internetseite der Bast gehen.
Was passiert, wenn das MPU-Gutachten negativ ausfällt? Kann man dieses anfechten?
Wird die Fahreignung nicht anerkannt, bleibt einem nichts anderes übrig, als erneut einen Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zu stellen – „aber am besten nach einer professionellen Beratung“, sagt Verkehrspsychologin Andrea Häußler. Zwar besteht die Möglichkeit, ein negatives Gutachten anzufechten. Doch die Erfolgsaussichten sind gering. „Besser ist es, sich noch einmal mit den Ursachen seines Führerscheinentzuges auseinanderzusetzen“, sagt Häußler.

Weitere Infos zur MPU gibt es bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast), www.bast.de, sowie beim Tüv Süd, www.tuev-sued.de/mpu.