Restaurator Georg Schmid begutachtet einen Grabstein Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Mit dem Frühling kommen die Restauratoren auf den Hoppenlaufriedhof. Nach Ostern beginnen sie mit der Sanierung der Grabsteine. Der Schwäbische Heimatbund erwägt derweil, sein Engagement für Stuttgarts ältesten Friedhof zurückzufahren.

Stuttgart - Lang schlief er einen Dornröschenschlaf. Doch bald ist es vorbei damit. Das erste Baufeld im ersten Bauabschnitt auf dem denkmalgeschützten Hoppenlaufriedhof ist abgesteckt. Die Grabmale hinter dem Absperrband sind mit nummerierten gelben Aufklebern versehen. Die ersten Gedenksteine, an denen sich die Restauratoren zu schaffen machen, sind die von Johann Simon Kerner (1755 bis 1830) und Reinhard Ferdinand Fischer (1746 bis 18139). Kerner war Schriftsteller und Botaniker, Fischer Baumeister. Nach seinen Plänen wurde zum Beispiel das Schloss Hohenheim bauen.

Dichter, Denker, Politiker und Künstler: Der Hoppenlaufriedhof wurde für viele Berühmtheiten letzte Ruhestätte. Der Dichter Wilhelm Hauff (1802 bis 1827) oder Christian Gottfried Elben (1754 bis 1829), Gründer und Herausgeber des Schwäbischen Merkurs, wurden dort bestattet. An ihren Grabsteinen, meist aus Sandstein, haben Wind, Feuchtigkeit und Kälte genagt. Eine Sanierung war aus Kostengründen zunächst für die Stadt kein Thema – bis der Ortsverein Stuttgart des Schwäbischen Heimtbunds dafür trommelte und mittlerweile rund 40 000 Euro Spendengelder gesammelt hat.

"Um eine Sanierung kommt kaum ein Stein herum"

Land, Bund und Denkmalstiftung beteiligen sich mit 950 000 Euro an den 1,5 Millionen Gesamtkosten für die Sanierung, so dass die Restauratoren jetzt doch los legen können. Was sie genau zu tun haben, wurde bereits geklärt. Experten haben alle 1675 Grabsteine und Kreuze auf Schäden untersucht und alles katalogisiert. „Um eine Sanierung kommt kaum ein Stein oder Kreuz herum: Alle zeigen mehr oder weniger starke witterungsbedingte Schäden. „Das Projekt wird ein großer Wurf“, sagt Maurus Baldermann vom zuständigen städtischen Garten-, Friedhofs- und Forstamt.

Die Sanierung der Grabsteine erfolgt in mehreren Schritten: Zunächst werden sie vorsichtig mit Dampf von Moos und Flechten gereinigt. Dann werden dem Stein Schadstoffe wie Salze durch Kompressen entzogen und schließlich wird der Stein durch Injektionen mit wasserabweisenden Substanzen stabilisiert, so dass die Oberfläche dicht wird und das Wasser abperlt, statt wie bisher in den Stein zu dringen. Außer mit den Stelen aus Sandstein haben es die Restauratoren auf dem seit 1626 bestehenden Friedhof mit liegenden Grabplatten und mit Steinen für Metallkreuze zu tun.

Damit die Grabplatten künftig nicht mehr so viel Wasser aufnehmen, könnten sie gekippt werden. Dadurch würde der Friedhof jedoch seinen ursprünglichen Charakter verlieren. „Deshalb werden sie durch eine Drainageschicht vom Erdreich entkoppelt, bleiben aber liegen“, sagt Angelika Reiff, Architektin beim Landesamt für Denkmalpflege. Bei den Metallkreuzen werden durch Rostsprengung entstandene Risse im Stein saniert. Dazu kommt es, weil das Metall durch den Rost voluminöser wird .

Morbider Charme bleibt erhalten

Bis zum Herbst sollen die Arbeiten an allen den 196 Grabsteinen und Kreuzen im ersten Baufeld erledigt sein.Die Kosten schlagen mit 200 000 Euro zu Buche. „Wir werden keine fehlenden Stellen ersetzen, sondern wollen lediglich den weiteren Verfall aufhalten“, sagt Diplom-Restaurator Georg Schmid und versichert, dass der morbide Charme des Friedhofs erhalten bleibt. Seine Firma Aedis in Hochdorf hat den Auftrag für die Konservierung im erste Baufeld erhalten. Über die Ausführung der Arbeiten wacht mit Argusaugen die Stuttgarter Restauratorin Juliane Weigele.

Im Mai soll das zweite Baufeld im ersten Bauabschnitt ausgeschrieben werden. Saniert wird in zwei Bauabschnitten. 350 000 Euro der Gesamtkosten übernimmt der Bund. Das Geld stammt aus Mitteln für ein Denkmalschutzsonderprogramm. 200 000 Euro schießt das Land aus dem Denkmalförderprogramm zu, 400 000 Euro lässt die Denkmalstiftung springen. In fünf Jahren sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

Timo John von der Ortsgruppe Stuttgart des Schwäbischen Heimatbunds, der immer wieder auf den kulturhistorischen Wert des Hoppenlaufriedhofs hingewiesen hat, geht davon aus, dass der Heimatbund mit seinem Engagement künftig kürzer treten wird. Ein Grund ist, dass sich die Ortsgruppe übergangen fühlt. Der Schwäbische Heimatbund wird laut John selten über den Sachstand informiert. Außerdem gebe es keine Rückmeldung, wenn der Heimatbund Briefe möglicher Spender ans Friedhofsamt weiterleitet. „Wenigstens ist ein Schild von Heimatbund am Bauzaun angebracht“, sagt John – und zuckt resigniert mit den Schultern.