Auch das Grabmal des Pfarrers und Heimatforschers Richard Kallee befindet sich auf dem Feuerbacher Friedhof. Sein großes Steckenpferd war die Vor- und Frühgeschichte. Foto: Georg Friedel

Über den Friedhof Feuerbach gibt es viel zu erzählen. Der Bürgerverein Feuerbach hat ein Heft dazu herausgegeben.

Feuerbach - Es ist eine tragische Geschichte, die sich um den Gedenkstein und das dicht mit Efeu bewachsene Gemeinschaftsgrab an der nördlichen Mauer des Feuerbacher Friedhofs rankt. Am Vormittag des 9. Dezember 1916 schreckt ein gewaltiger Knall die Bewohner nahe der Lünigschen Fabrik an der Feuerbacher Tunnelstraße auf. Die Druckwelle der Explosion bringt die Fensterscheiben in der näheren Umgebung zum Bersten. In der Lünigschen Fabrik arbeiteten damals 30 Personen, zwölf Beschäftigte sterben bei dem Unglück. Produziert wurden in der Firma Feuerwerkskörper, aber um das Jahr 1916 wohl in erster Linie Leucht- und Signalpatronen für die Rüstungsindustrie. Die Opfer des Unglücks wurden in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Feuerbacher Friedhof beigesetzt, darunter acht Mädchen zwischen 14 und 16 Jahren: „Die Kosten für die Bestattung und das 1920 errichtete Denkmal übernahm die Stadt Feuerbach. Welche unglücklichen Umstände das Drama ausgelöst hatten, konnte nie aufgeklärt werden“, heißt es in dem Text, der an die Opfer der Explosion von 1916 erinnert.

Die Liste der Persönlichkeiten ist lang

Einige Schritte entfernt befindet sich das Grabmal Erich Hermanns. Er war Humorist, Parodist, Sänger und Volksschauspieler, bekannt als Radio-Fritzle. Die Liste der Persönlichkeiten, die auf dem neuen Friedhof an der Feuerbacher-Tal-Straße liegen, ist lang. Werner Haas, der große und vor allem in Frankreich gefeierte Pianist, ist einer von ihnen. Er kam am 11. Oktober 1976 als 45-Jähriger durch einen Autounfall in der Nähe von Nancy zu Tode. Oder Wilhelm Geiger, der einstige Oberbürgermeister, der das Dorf der Steinbrecher und Wengerter zu einer Industriestadt formte.

„Grabmale erinnern an Verstorbene“, schreibt Ruth Maier im Vorwort der Veröffentlichung „Friedhöfe sind besondere Orte“. So gesehen erzählen Bestattungsorte rückblickend auch von wichtigen Persönlichkeiten sowie von deren Leistungen aus Kunst, Kultur, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Um diese Erinnerungskultur wachzuhalten, veranstaltet der Bürgerverein Feuerbach auch regelmäßig Führungen über den Friedhof: „Früher hat das Rolf Adam, der von 2001 bis 2009 Vorsitzender des Bürgervereins war, gemacht“, berichtet Maier. Doch 2009 starb Adam während einer Reise durch Lybien völlig überraschend. Ihm wird nun selbst ein Beitrag in dem neuen Heft gewidmet.

Geschichte des Friedhofs und seiner Plätze, Denkmäler und Gebäude zusammengetragen

„Mit Maurus Baldermann als profundem Kenner der Stuttgarter Friedhofskultur und Friedhofsgeschichte konnten wir 2014 die Friedhofsbegehung fortsetzen“, sagt die Bürgervereinsvorsitzende. Die Resonanz war groß und die Rückmeldung positiv: „So entstand die Idee zu der Veröffentlichung“, sagt Maier. Baldermann ist Grabmalberater beim Garten-, Friedhofs- und Forstamt Stuttgart. Als solcher kümmert er sich um die fachliche Beratung bei der Grabmalgestaltung. „Dazu kommt als weitere Aufgabe die Erhaltung und Pflege sämtlicher geschützter Grabmale und Denkmäler im Eigentum der Stadt Stuttgart“, sagt Baldermann. Neben den rund 35 Lebensläufen hat der Autor auch die Geschichte des Feuerbacher Friedhofs sowie seiner Plätze, Denkmäler und Gebäude zusammengetragen.

Unterstützt wurde er von der Schriftführerin des Bürgervereins, Doris Gräter. Aber auch Angehörige, Historiker und Fotografen aus Feuerbach stellten ihm Material zur Verfügung und versorgten ihn mit Informationen. Das jetzige Heft sei lediglich die abgespeckte Version, sagt Baldermann: „Wir hatten 50 bis 60 Prozent mehr Stoff zusammengetragen und hätten gut und gerne 150 Seiten schreiben können“, meint er.

Bilder und Texte im Buch sind übrigens nach der Lage der Gräber geordnet. Die Grabmale auf dem zehn Hektar großen Areal können auch anhand eines Plans ausfindig gemacht werden. So haben Leser die Möglichkeit, die Lektüre mit einem Spaziergang über den Friedhof zu verbinden.