Blick in die biblische Geschichte: Überreste eines Skeletts, das aus dem 11. bis 8. vorchristlichen Jahrhundert stammt. Foto: dpa

Nach mehr als 30 Jahren Grabungstätigkeit haben israelische Archäologen in der südisraelischen Küstenstadt Aschkelon erstmals einen Philister-Friedhof entdeckt.

Aschkelon - „Da trat aus dem Lager der Philister ein Vorkämpfer namens Goliat aus Gat hervor. Er war sechs Ellen und eine Spanne groß. Auf seinem Kopf hatte er einen Helm aus Bronze und er trug einen Schuppenpanzer aus Bronze, der fünftausend Schekel wog. Er hatte bronzene Schienen an den Beinen und zwischen seinen Schultern hing ein Sichelschwert aus Bronze. Der Schaft seines Speeres war (so dick) wie ein Weberbaum und die eiserne Speerspitze wog sechshundert Schekel. Sein Schildträger ging vor ihm her.

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Als sich nun der Philister aufmachte und daherging und sich David nahte, lief David eilends von der Schlachtreihe dem Philister entgegen. Und David tat seine Hand in die Hirtentasche und nahm einen Stein daraus und schleuderte ihn und traf den Philister an die Stirn, dass der Stein in seine Stirn fuhr und er zur Erde fiel auf sein Angesicht. So überwand David den Philister mit Schleuder und Stein und traf und tötete ihn. David aber hatte kein Schwert in seiner Hand. Da lief er hin und trat zu dem Philister und nahm dessen Schwert und zog es aus der Scheide und tötete ihn vollends und hieb ihm den Kopf damit ab. Als aber die Philister sahen, dass ihr Stärkster tot war, flohen sie.“

(Die Bibel, 1. Buch Samuel, Kapitel 17, Vers 4-7, 48-51)

Das geheimnisvolle Volk der Philister

So berichtet die Bibel im Alten Testament über Zweikampf zwischen dem Hirtenjungen David und dem riesenhaften Philister-Krieger Goliath. Bisher waren die Historiker vor allem auf biblische Quellen angewiesen, um Licht in das historische Dunkel dieses geheimnisvollen Volkes zu bekommen.

Das dürfte sich nun ändern. Denn Altertumsforscher haben im Süden Israels erstmals einen Friedhof der Philister aus dem 11. bis 8. vorchristlichen Jahrhundert ausgegraben. Einige der Fundstücke werden seit diesem Sonntag (10. Juli) im archäologischen Rockefeller-Museum in Jerusalem gezeigt.

Seit 30 Jahren graben Archäologen nahe der israelischen Hafenstadt Aschkelon. Das sagenumwobene Volk der Bibel hinterließ zahlreiche bislang unbeantwortete Fragen nach seinem Ursprung und seiner Lebensweise, als seine Kultur vor 2600 Jahren vom Heer des Babylonier-Königs Nebukadnezar ausgelöscht wurde.

Das Volk der Philister besiedelte ab dem 12. Jahrhundert vor Christus die Mittelmeerküste und gründete einen Fünf-Städte-Bund, zu dem unter anderem Gaza, Gat, Aschdod, Ekron und Aschkelon gehörten. Nach Angaben der Forscher stützen die sensationellen Funde die biblische Schilderung, dass die Philister im 12. Jahrhundert v. Chr. als Einwanderer aus dem Westen kamen.

145 Skelette gefunden

„Wir haben hier nicht allzu viele Riesen“, sagt Lawrence Stager, ehemaliger Leiter der Expedition und ehemaliger Professor für israelische Archäologie an der US-Elite-Universität Harvard. Der größte beerdigte Philister soll rund 1,80 Meter groß gewesen sein. Goliath war also entweder eine Ausnahmeerscheinung oder die biblischen Autoren haben ihn schlichtweg erfunden.

„Dieser Friedhof mit 145 kompletten Skeletten ermöglicht endlich, die Philister von Angesicht zu Angesicht kennenzulernen“, betont der amerikanische Archäologe Daniel Master. Er ist Grabungsleiter der privaten Leon-Levy-Expedition, die seit 1985 in Zusammenarbeit mit dem Semitischen Museum der Harvard-Universität in Aschkelon tätig ist. „Wir hoffen, nun nicht nur ihre Bestattungskultur zu verstehen, sondern in den Knochen auch Aufschlüsse darüber zu finden, wie sie lebten, sie quasi wieder zum Leben zu erwecken.“

Die Altertumsforscher erhoffen sich auch neue Erkenntnisse über die Herkunft dieses Seefahrervolks. Die ersten Gräber waren 2013 auf dem Hügel über dem altertümlichen Philisterhafen Aschkelon entdeckt worden, wo in der Blütezeit 13 000 Menschen lebten.

Seefahrervolk aus der Ägäis

Das „See-Volk“ wie die Philister zur Unterscheidung von ihren zeitgenössischen Küstennachbarn, den Kanaanitern, auch genannt wurden, stammte ursprünglich aus dem mykenischen Kulturkreis in der Ägäis. Darauf lassen die rot und schwarz verzierten Tonwaren schließen. „Sicher ist aber bisher nur, dass sie Fremde im semitischen Siedlungsgebiet waren, wo sie von 1200 bis 600 vor Christus im Küstengebiet zwischen Gaza und dem heutigen Tel Aviv lebten“, erläutert Master.

Die Sprache des Händlervolks gehörte zur indoeuropäischen Familie. Die Philister praktizierten keine Beschneidung, sie aßen Schweine- und Hundefleisch, wie Funde belegen. Sie waren direkte und zeitweise verfeindete Nachbarn der im hügeligen Inland lebenden Israeliten. So wird im biblischen Buch Samuel geschildert, wie die Philister die Bundeslade der Israeliten erbeuten. Im Anschluss kam es dann zum Duell des Riesen Goliath mit dem listigen David, der dank einer Steinschleuder gewann.

Mysteriöse Bestattungsriten

Nach Angaben der Forscher unterscheiden sich die Bestattungsriten der Philister deutlich von anderen Bestattungsriten der Bronze- und Eisenzeit. Unter anderem seien die Toten in Einzelgruben begraben worden. Dazu belegten Funde Einäscherungen und Mehrkammergräber. Zu den typischen Grabbeigaben der Philister gehörten nach derzeitigen Erkenntnissen Parfümöle, Vorratsgläser und Schalen. In einzelnen Fällen seien auch Schmuckstücke und Waffen gefunden worden.