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Wer die Pflege einer Grabstelle von Angehörigen übernehmen möchte, darf sich bei den notwendigen Formalien nicht viel Zeit lassen. Sonst steht er am Ende vielleicht vor einer eingeebneten Fläche.

Stuttgart - Das ist gefühllos – und einfach nicht korrekt!“ Stephanie Haug wollte es kaum glauben, als ein Bekannter im Frühjahr anrief und ihr sagte, dass das Grab ihres Vaters auf dem Friedhof in Zuffenhausen weg sei – einfach verschwunden. „Es war es doch bis November 2017 bezahlt. Und ich hatte extra angerufen und gesagt, dass ich es übernehmen möchte“, berichtet die 55-Jährige, noch immer fassungslos. Nicht einmal ein Wort der Entschuldigung habe sie vom Garten- und Friedhofsamt der Stadt bekommen.

Was war passiert: Nach dem Tod des Vaters wurde dieser im Familiengrab seiner Eltern in Zuffenhausen beigesetzt. Das Nutzungsrecht an dem Grab hatte zunächst seine zweite Ehefrau. Als diese jedoch im Herbst 2015 starb und auf einem anderen Friedhof beerdigt wurde, war für Stefanie Haug klar, dass sie die Familienstätte ihres Vaters übernehmen wollte. „Er ist früher oft mit mir zu dem Grab seiner Eltern gegangen, damit ich sie nicht vergesse.“ Dort hätte er ihr viel von ihnen erzählt.

Die Tochter meldet telefonisch Interesse an

Weil sie wusste, dass die Familie ihrer Stiefmutter kein Interesse an der Grabstätte hatte, rief sie direkt beim Friedhofsamt an und bekundete ihr Interesse an Nutzung und Pflege. Zwar lebt sie heute in Österreich und Hamburg, doch wenn sie in der Gegend gewesen sei, habe sie immer nach dem Rechten geschaut und hätte auch gern direkt die Verantwortung übernommen.

Doch soweit sollte es nicht kommen. Im ihrem Gespräch mit einem Verantwortlichen beim Friedhofsamt kündigte ihr dieser an, sie werde ein Schreiben mit einer Übernahmeerklärung bekommen, die sie ausgefüllt zurückschicken solle. „Das Schreiben erhielt ich nicht, machte mir darüber aber auch keine Gedanken, da das Grab ja bis November 2017 bezahlt war.“ Bis die Meldung von ihrem Bekannten kam. „Wenn mein Vater wüsste, dass es einfach abgeräumt wurde, würde er sich im Grabe umdrehen.“

Friedhofsamt beruft sich auf Vorschriften

Sie rief wieder beim Friedhofsamt an und hörte, dass man in der Sache nach Vorschrift gehandelt habe. Das Schreiben werde nur einmal verschickt, und wenn es nicht innerhalb von drei Monaten ausgefüllt zurückkomme, werde das Grab entfernt – auch wenn es bereits bezahlt sei. „Der Wortlaut war: Wo kämen wir denn da hin, wenn wir alle nochmal anschreiben“, sagt Haug verbittert.

Auf den Vorgang angesprochen, räumt Harald Aust, Abteilungsleiter beim Friedhofsamt, ein: „Auch wenn wir der Auffassung sind, dass wir korrekt gearbeitet haben, ist es für sie natürlich bedauerlich.“ Die Gebeine der Vorfahren lägen immer noch im Boden und würden dort auch bis November 2017 bleiben. Insofern sei noch nicht alles verloren.

Nutzer ist wichtig wegen der Verkehrssicherheitspflicht

Sie müssten Gräber auflösen, wenn es keinen verantwortlichen Nutzer sprich Pfleger gebe - schon wegen der Verkehrssicherheitspflicht. 160 000 Grabstätten hätten sie in Stuttgart, mit 120 000 Nutzungsrechten. Pro Jahr würden etwa 11 000 davon auslaufen. Sie würde Betroffene anschreiben, wenn das Nutzungsrecht ablaufe – in dem Fall den leiblichen Sohn der verstorbenen Stiefmutter. Aber irgendwo sei ihren Möglichkeiten auch Grenzen gesetzt. Er verstehe auch nicht, warum Frau Haug nicht nachgefragt habe, als das Schreiben nicht angekommen sei. Es sei ihr ja angekündigt worden.

Der stellvertretende Amtsleiter habe ihr neulich angeboten das Nutzungsrecht wieder einzuräumen. Aust machte deutlich, er könne sich auch vorstellen, dass dies „auf Kulanz“ auch jetzt noch als Umschreibung gehe, also für die 46 Euro, die auch sonst angefallen wären. Er hoffe, dass man zu einer Einigung komme. Stein und Einfriedung seien aber unwiederbringlich verloren, räumt er ein. „Der Grabstein ist entfernt worden. Der ist weg.“