Ein 30-Jähriger soll seine Freundin tagelang gequält haben Foto: dpa

Ein 30-jähriger Mann steht vor dem Landgericht, weil er seine Freundin gequält und gefangen gehalten haben soll.

Stuttgart - Wenn er am Klavier sitzt und süditalienische Weisen intoniert, schmelzen die Frauen wahrscheinlich nur so dahin. Doch der 30-jährige Italiener aus Bad Cannstatt kann auch anders. Der Staatsanwalt wirft dem Burschen gefährliche Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung, schwere Freiheitsberaubung und falsche Verdächtigung vor. Deshalb steht der wegen Gewaltdelikten vorbestrafte Mann seit Mittwoch vor der 19. Strafkammer des Landgerichts.

Die Anklage ist lang und hat es in sich. Im Februar dieses Jahres soll der Kerl eine 37-jährige rumänische Prostituierte in der Altstadt kennengelernt haben. Schon Ende März zieht die Frau bei ihm in seine Stuttgarter Wohnung ein. Zwei Tage nach ihrem Einzug, so die Anklage, bekommt die Frau nachts ein Foto auf ihr Handy geschickt. Darauf zu sehen ist sie mit ihrem offenbar ebenfalls rumänischen Lebensgefährten. Grund genug für den Angeklagten, die 37-Jährige wüst zu verprügeln. Und zwar über Stunden. Er soll ihr Tritte und Schläge verpasst und sie mit Todesdrohungen bedacht haben.

Damit nicht genug. Noch am selben Abend, dem 24. März dieses Jahres, soll er die Frau zur Polizei geschickt haben. Dort erstattet die Dirne Anzeige – gegen ihren rumänischen Freund. Auf Geheiß des Angeklagten gibt sie zu Protokoll, der Rumäne sei ihr Zuhälter, er schlage sie und nehme ihr das Geld weg. Klarer Fall von Menschenhandel und Zuhälterei, angeblich. Die Polizei ermittelt. Und tatsächlich: Der offenbar unschuldige Rumäne wird festgenommen.

Doch irgendetwas passt dem Italiener nicht. Der Anklage und der Aussage der Frau zufolge prügelt er sie wieder und schlägt ihren Kopf gegen die Wand. In der Nacht auf den 26. April bindet er der Frau eine Tischdecke um den Kopf, verfrachtet sie in ein Taxi und lässt sich zur Wohnung seiner Mutter nach Zuffenhausen fahren. Während der Fahrt soll er die 37-Jährige mit einem Schraubendreher bedroht haben. Unklar ist, was wohl der Taxifahrer über die Frau mit der Tischdecke um den Kopf gedacht haben mag. Er konnte bis dato nicht ausfindig gemacht werden.

In der Wohnung der Mutter soll der 30-jährige Musiker die Frau neun Tage lang gefangen gehalten haben. Ging er aus dem Haus, sperrte er sie laut Anklage im Bad ein – Prügel und Todesdrohungen inklusive. So soll er das Opfer mit einem Brotmesser in den Nacken und mit einem Schraubendreher mehrfach in Arme, Knie und Rücken gestochen haben. Und seine Mutter, die Wohnungsmieterin? Sie wird im Prozess aussagen – oder sich auf ihr Auskunftsverweigerungsrecht berufen.

Nach neun Tagen kann sich die Rumänin bei Passanten vor dem Haus bemerkbar machen. Polizeibeamte dringen in die Wohnung ein, befreien die Frau und nehmen den 30-Jährigen später fest.

Der von Verteidiger Achim Wizemann vertretene Angeklagte schweigt vorerst zu den Vorwürfen. Jetzt kommt es auf die Aussage des mutmaßlichen Opfers an. Doch die Rumänin taucht nicht auf. Vorsitzender Richter Jörg Geiger bemüht die Polizei, doch die Frau bleibt verschwunden.

Hinten sitzt die Großmutter des Angeklagten und wirft ihm Kusshände zu. Viel Freude hat die ältere Dame nicht mit ihren männlichen Enkeln. Der Bruder des 30-Jährigen sitzt derzeit wegen versuchten Totschlags im Gefängnis.

Der Prozess gegen den Musiker wird am 4. August fortgesetzt. Bis dahin soll die Rumänin ausfindig gemacht worden sein.