Die Ausmaße des Wasserbeckens sind exakt dem Grundriss des früheren jüdischen Synagoge nachgebildet, die 1938 niedergebrannt wurde. Foto: Heinz Siebold

Freiburg tut sich schwer damit, auf dem Platz der Alten Synagoge ein würdiges Gedenken zu gewährleisten. Die Diskussionen um den Platz, der die neue Mitte der Stadt werden soll reißen nicht ab. Die jüngste Kritik entzündet sich an dem großen Wasserbassin.

Freiburg - Der innerstädtische Platz zwischen Universität, Universitätsbibliothek und Stadttheater soll einmal Freiburgs „neue Mitte“ werden, das hat Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne) mehrfach erklärt. Eine Art Piazza nach südeuropäischem Vorbild, ein Platz zum Flanieren, zum Verweilen und für kulturelle Veranstaltungen. Aber abgesehen davon, dass der neue Knotenpunkt mehrerer Straßenbahnen dem Münsterplatz rund um die Bischofskirche den Rang historisch niemals ablaufen kann, ist der neue Platz schon seit seiner Planung eher ein Mittelpunkt ständiger Auseinandersetzungen.

Das jüngste Ärgernis ist ein großes Wasserbecken: denn wo Wasser ist, wird geplanscht und verschmutzt. Nun ist aber dieses Becken ein besonderes. Seine Ausmaße sind exakt der dem Grundriss des früheren jüdischen Synagoge nachgebildet, die genau dort stand, bis sie die Nazis in der Pogromnacht am 9. November 1938 niederbrannten. Deswegen heißt der Platz „Platz der Alten Synagoge“. Doch die früher auf einem Sockel platzierte Gedenktafel wurde im Bassin versenkt und ist bei bewegtem Wasserspiegel nicht lesbar.

Schon wieder landet ein Brandbrief im Rathaus

Auf das Rathaus prasselten Vorwürfe: Schändung des Holocaust-Gedenkens, Geschichtsvergessenheit, teilweise bösartig formuliert. Die Aufregung war etwas abgeflaut, aber vor wenigen Tagen hat ein Freiburger Kritiker erneut einen Brandbrief formuliert und dafür die Zustimmung des Ehepaars Serge und Beate Klarsfeld in Paris eingeholt. Mit der moralischen Autorität der Aufklärer von Naziverbrechen im Rücken soll die Debatte über den Umgang mit der Geschichte neu entfacht werden. Die Stadtverwaltung hat eine ausführliche Antwort auf den Brief versprochen.

„Der Platz wird gut angenommen“, hat der Oberbürgermeister mehrfach betont. Außerdem sei das Wasserbecken früher als geplant fertig geworden, früher als die Hinweistafeln. Viele Freiburger wollen in Planschen und Wassertreten eine durchaus erlaubte Unbefangenheit im Umgang mit der Geschichte erkennen. Doch schon vor der Anlage des Bassins hatte es Aufruhr gegeben. Beim Aushub waren die Bagger auf Fundament- und Mauerreste der zerstörten Synagoge gestoßen. Die jüdische Einheitsgemeinde forderte einen Baustopp und die Konservierung der Steine, dennoch ließ die Stadt mit dem Segen der Denkmalbehörde weitergraben und versprach, die geborgenen Steine für ein Mahnmal an Ort und Stelle zu verwenden. Ein Konzept gibt es aber bis heute nicht. Auch die jüdischen Gemeindevertreter sind sich uneins, wie die Fragmente verwendet werden.

Lange Liste von Pannen bei der Fertigstellung

Und die Liste der Pannen, die die Fertigstellung des Platzes begleitet haben, ist lang. Es fing an mit der Auswahl von Basaltsteinen mutmaßlich zweifelhafter Herkunft aus Vietnam für einen Teil des Platzes. Es wurde fehlendes Grün moniert: „Es wird ein deftiger Backofen im Sommer“, prophezeite Helmut Mayer, der Leiter des Meteorologischen Instituts der Universität. Der Nachweis steht noch aus, denn die basaltgesäumte 7000 Quadratmeter große Fläche ist erst im Sommer mit hellem bayrischem Granit bepflastert worden. Doch kaum war sie Anfang August freigegeben, musste die Stadtreinigung eine Kehrmaschine mit „Streambeast“-Dampfreiniger für 300 000 Euro anschaffen, weil Kaugummis, Kastanien, Rotwein- und Ketchupflecken den Granit verunstalteten.

Nun ist auch klar, dass das „Dampfbiest“ die Hinterlassenschaften der Flaneure nicht restlos beseitigen kann. Die Piazza wird in Bälde eine dauerhafte grau-braune Patina überziehen. Weder der Bauausschuss, noch eine „Steinkommission“ des Gemeinderates hatte das vorausgesehen.

Die Erinerungsfunktion ist sichtbar gemacht worden

Wenigstens ist jetzt die historische Erinnerungsfunktion des Wasserbassins durch Hinweisstelen sichtbar gemacht worden. Ob die Bitte „Der Wasserspiegel ist ein Ort des Erinnerns. Wir bitten um ein respektvolles und der Würde des Ortes angemessenes Verhalten“ wahrgenommen wird, muss allerdings der nächste Sommer zeigen. Eine weitere Debatte darüber, was noch respektvolles Verhalten ist und was nicht, darf man getrost prognostizieren.