Eine 54-Jährige aus Gerlingen hat sich ihrer Festnahme widersetzt. Das hatte ein juristisches Nachspiel. Foto: dpa

Eine Frau aus Gerlingen hat im November und im Dezember 2015 Polizeibeamte verletzt. Jetzt musste sich die psychisch kranke Frau am Amtsgericht Ludwigsburg wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verantworten.

Gerlingen - Eine 54 Jahre alte Frau aus Gerlingen wollte einfach nicht wahrhaben, dass sie Bußgelder zahlen musste – und erst recht nicht, dass sie wegen der wiederholten Zahlungsverweigerung auf ein Polizeirevier kommen sollte. Also hat sie jedes Mal wenn eine Streife vor ihrer Haustüre stand, versucht zu entwischen – und als dies misslang, sich gewunden und um sich geschlagen. Jetzt wurde die Frau am Ludwigsburger Amtsgericht wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und wegen Körperverletzung verurteilt.

„Es passiert natürlich immer wieder, dass sich die Leute wehren“, sagte ein Beamter vom Gerlinger Polizeiposten im Zeugenstand. „Aber das Verhalten der Angeklagten war irgendwie anders.“ Die Verwirrung der Polizeibeamten begann schon damit, dass es nicht um einen jugendlichen Straftäter handelte, der da randalierte, sondern um eine Frau über 50. Und sie erhielt während der problematischen Festnahme und der anschließenden Vernehmungen weitere Nahrung, da die Frau ganz offensichtlich nicht verstand, was die Polizeibeamten von ihr wollten.

Angeklagte fühlt sich verfolgt

Hermann Ebel, der als Gutachter herangezogene Leiter der Psychiatrischen Klinik Ludwigsburg, attestierte der 54-Jährigen eine „schizotype Störung“. Sie zeige gewiss nicht das gesamte Spektrum an Symptomen für eine klassische Schizophrenie, aber doch eine ganze Reihe davon. So sei auffallend, dass die Frau zu keiner der üblichen emotionalen Reaktionen fähig sei, dass ihr Antriebsverhalten eingeschränkt und ihr Misstrauen allem und jedem gegenüber dagegen enorm groß sei.

Man müsse in diesem Fall von einer unbehandelten krankhaften seelischen Störung ausgehen, so Ebel. Diese sei zwar nicht so schlimm, dass die Frau ihr Leben nicht auf die Reihe bekomme, aber sie führe dazu, dass sie eingeschränkt schuldfähig sei.

Der Frau waren im Jahr 2015 zwei Bußgeldbescheide zugegangen. In einem Fall war dem die Verweigerung einer Zeugenaussage in einem Prozess wegen eines Verkehrsunfalls vorausgegangen. Ihre Mandantin habe sich unfair behandelt gefühlt, erklärte deren Verteidigerin. Sie habe nicht aussagen wollen, weil sie nichts von diesem Unfall gesehen habe. „Sie war mit dieser Situation ganz offenbar überfordert“, so die Anwältin weiter. Der Frau sei zu dem Zeitpunkt auch nicht klar gewesen, dass sie die Sache sehr leicht hätte aus der Welt schaffen können, wenn sie zur Polizei gegangen wäre und dort ihren Standpunkt vertreten hätte. „Meine Mandantin aber fühlte sich ungerecht behandelt, sie fühlte sich angegriffen“, sagte die Anwältin.

Polizistin verletzt

Und das vor allem an zwei Tagen im November und im Dezember 2015, als Polizeibeamte sie zur Zwangsvernehmung abholen wollten. Sie weigerte sich mitzukommen und sie wehrte sich heftig, als die Beamten ihr Handschellen anlegen wollten. In einem Fall schlug sie einen Beamten ins Gesicht, im anderen verletze sie einen Beamten durch die zu dem Zeitpunkt nur an einem Gelenk angelegten Handschellen. In beiden Fällen jedoch, so die Aussagen der Polizisten, habe sich die Frau später auf dem Revier wieder beruhigt. Dann sei es auch ohne Probleme möglich gewesen, mit ihr zu einer Bankfiliale zu fahren, wo sie schließlich die Überweisungen für die offenen Strafbefehle tätigte.

Das sich die Frau für die Vorfälle entschuldigt hatte, sah das Gericht von einer Haftstrafe ab. Mit einer Wiederholung dieser Taten sei nicht zu rechnen. Die 54-Jährige wurde zur Zahlung eines Bußgelds von 1000 Euro verurteilt.